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Toedlicher Sumpf

Toedlicher Sumpf

Titel: Toedlicher Sumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Castro
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Und ob Cecily den Weg zu den Toiletten allein fand, also wirklich! Sie war vielleicht erst sieben, aber sie konnte Schuhe zubinden, Bäume hochklettern wie ein Junge und auf den Straßen in ihrem Viertel zu Hause in Lawrence mit dem Fahrrad umherfahren. Sie brauchte keine große Schwester, die sie zum Damenklo begleitete. Grimmig starrte sie ihren Vater an, bis er schließlich achselzuckend nachgab.
    »Na, dann geh doch«, sagte Sophie, die überflüssige große Schwester, die elf war.
    Bebend vor Empörung rutschte Cecily von ihrem Stuhl und stürmte quer durch das Restaurant davon. Sophie schaute ihr nach. Cecilys weiches braunes Haar war zu einem Bob mit Pony geschnitten, etwas Einfaches, womit ihr Vater zurechtkam; sie selbst dagegen brauchte keine Hilfe. Sie konnte Zöpfe flechten, ihr Haar zu einem hohen Pferdeschwanz binden oder es im Nacken zu einem Knoten stecken, wie ihre Mutter ihn getragen hatte, als Cecily und sie noch klein gewesen waren. »Eitelkeit ade«, hatte ihre Mutter oft gesagt und gelacht, wenn sie mit einer ihrer Freundinnen telefonierte. Aber sie war natürlich eitel geblieben, bis ganz zum Schluss, im Krankenhaus, wo sie sich immer noch sorgfältig einen pinkfarbenen Mund über ihren eigenen gemalt hatte, bevor sie zu Besuch kamen; Hand in Hand, die Strickjacken falsch geknöpft, die Haarspangen schief und krumm, hatten sie stumm neben ihrem Bett gestanden, während ihr Vater die Hand der Mutter gestreichelt und leise und immer etwas angespannt mit ihr gesprochen hatte. Einmal hatte sie den Lippenstift vergessen, und Sophie hatte sich große Mühe gegeben, nicht auf die bleichen, aufgesprungenen Lippen zu starren, aber es war ihr nicht ganz gelungen –irgendwann hatte ihre Mutter die Hand vor den Mund geschlagen und »Oh« gesagt.
    Jetzt hatten sie hin und wieder Besuch, nette Frauen, die plötzlich am Frühstückstisch erschienen und von ihrem Vater als »vielversprechende Studentin« vorgestellt wurden. Eine von ihnen, Amber Waybridge, war mit ihnen nach New Orleans gekommen – als Au-pair, hatte ihr Vater gesagt. Amber war fünfundzwanzig und Master-of-Fine-Arts-Studentin, eine von denen also, die ihr Vater normalerweise als »Dutzendware« bezeichnete. Über Amber hatte er das nicht gesagt.
    Sie machten hier nicht einfach nur Ferien. Ihr Vater hoffte auf Inspiration; seine Arbeit litt. Offenbar gelang ihm keine Skulptur mehr wie die, mit denen er bekannt geworden war – und die der Grund waren, weshalb Sophie sein Atelier nicht betrat. Sie fand sie abstoßend: auf dem Boden stehende Männerbeine mit den großen Dingern, die vorstanden oder runterhingen, das Ganze wild angemalt, Rot, Grün, Blau und Schwarz, alles durcheinander und dazu noch Spritzer von Gold und Silber, so dass man kaum mehr erkennen konnte, was sie eigentlich darstellten. Aber Sophie wusste es ja, und sie fand sie ekelhaft. Seit ihre Mutter gestorben war, hatten seine Arbeiten alle den gleichen gelblichen Gipston, eine Farbe wie Sägemehl oder Kitt.
    Sophie fand die neuen Skulpturen noch ekelhafter, aber Cecily störte sich nicht daran. Sie war überhaupt quirlig und lebhaft – sie hatte sich schnell »daran gewöhnt«, wie ihr Vater anderen Erwachsenen vertraulich zuraunte – und rannte gern lachend in seinem Atelier umher. Sie lachte sowieso viel zu viel, fand Sophie. Manchmal konnte man meinen, dass sie sich überhaupt nicht mehr an ihre Mutter erinnerte.
    »Grübel nicht so viel«, hätte ihre Mutter jetzt gesagt, »Daddy mag das nicht.«
    Seine nächste Ausstellung, »Surrealismus – Körper«, war bereits in der Vorschau der Universitätsgalerie für den Herbst angekündigt, und Sophie wusste, dass er sich von New Orleansdringend Anregungen und neue Kraft erhoffte. Er hatte Frühjahrsferien, Amber auch, und die Mädchen hatte er für eine Woche aus der Schule genommen. Sie waren in vielen Galerien gewesen, hatten aber auch eine Alligatoren-Tour durch die Bayous gemacht, wo große weiße Wasservögel aufgeflattert waren, sobald ihr Flachbodenboot näher kam. Als der Bootsmann den Motor abgestellt und angefangen hatte, Marshmallows auf die glänzende, schlierig-braune Wasseroberfläche zu werfen, hatten sie, zwischen die anderen Touristen gequetscht, ganz still auf der Metallbank gesessen, und es hatte sich angefühlt, als kämen das grüne Blattwerk und die sirrenden, summenden Insekten immer weiter auf sie zu, um sie zu umzingeln und einzuschließen. »Hände ins Boot!«, hatte der Mann plötzlich in sein

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