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Toedlicher Sumpf

Toedlicher Sumpf

Titel: Toedlicher Sumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Castro
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Mikrofon gerufen, und dann waren große, muskulöse Körper aufgetaucht und an ihnen vorbeigeglitten. Schuppige, fahle Haut. Echsenaugen. Riesige Mäuler hatten sich geöffnet und geschnappt. »Papa!«, hatte Cecily geschrien, aber es war Sophies Arm gewesen, an den sie sich geklammert hatte.
    Das war am Samstag gewesen. Jetzt war Montag, und sie begannen den Tag mit einem Frühstück im »Copper Pot«, einem schönen Restaurant mit Kellnerinnen, die scherzten und breit lächelten, während sie die Bestellung aufnahmen. Die Wände waren in einem leuchtenden, warmen Gelbton gestrichen, und die Wedel der Palmen in den großen Kübeln bewegten sich im Luftstrom des Ventilators sanft hin und her. Es wirkte irgendwie tropisch, ganz anders als der lange graue Winter in Kansas. Ihr Vater saß am Tisch und wälzte Stadtplan und Reiseführer, während Amber die Times-Picayune durchblätterte – »ZWEITE LEICHE GEFUNDEN«, verkündete eine Schlagzeile, so fett, dass Sophie sie lesen konnte, obwohl die Buchstaben auf dem Kopf standen. Ihr Vater hatte ihnen erklärt, dass New Orleans eine der Städte in den USA war, in denen die meisten Morde geschahen, und sie ausgiebig über Sicherheitsmaßnahmen belehrt, sie angewiesen, immer zusammenzubleiben und vor allem immer in seiner Nähe oder dervon Amber Waybridge – wobei Sophie niemals freiwillig in der Nähe von Amber Waybridge geblieben wäre, die ständig ihre gebräunte Hand hob und im Sonnenlicht drehte, um das Armband zu bewundern, das Cecilys und Sophies Vater ihr gekauft hatte, ein schmales, mit winzigen Diamanten verziertes Goldkettchen; dafür, dass sie »auf die Mädchen aufpasst«, hatte er gesagt, aber Sophie war ja nicht blöd.
    Sie zog mit der Fingerspitze die Linien des kunstvollen Schlosses nach, das Cecily in ein Skizzenbuch gezeichnet hatte – dunkelrote Mauern und Türme, knallrote Dächer und Turmspitzen. »In den Ferien keine elektronischen Spielzeuge«, hatte ihr Vater angeordnet, aber Sophie hatte das Zweifeln, ja Bedauern hinter seinem entschiedenen Ton gespürt und wusste, dass es nicht allzu schwer sein würde, ihn umzustimmen – dass er insgeheim wünschte, sie könnten sich weiterhin jeder für sich still in ihre Game Boys, iPods, iPhones und Laptops vertiefen, äußerlich vereint und im Gleichtakt, mit den Gedanken aber in unterschiedlichen Welten, wie schon die ganze Zeit, seit das mit der »Bauchspeicheldrüse« angefangen hatte. Sophie wusste, sie müsste nur ein bisschen maulen, und schon würde er nachgeben, würde die Segel streichen und erlauben, dass sie sich in ihre jeweiligen Spiele zurückzogen. Also sagte sie nichts. Sie wollte mehr. Sie wünschte sich einen richtigen Urlaub, so einen wie den im Yosemite-Nationalpark damals mit Mama; die Mädchen hatten die gleichen Kopftücher getragen, und Papa hatte einen Rucksack mit all ihren Sachen geschleppt. Ihre Mutter hätte ihnen nie erlaubt, solche Oberteile anzuziehen, wie Amber Waybridge sie trug, knallenge schwarze T-Shirts, so kurz, dass der glatte Bauch zu sehen war. Wann kam denn endlich das Essen?
    Sophie schlürfte von ihrem Grapefruitsaft, wobei sie die Lippen möglichst fest zusammenpresste, damit sie keine Fruchtfasern in den Mund bekam. Gleichzeitig pulte sie mit dem Daumennagel an der Ecke des laminierten Stadtplans, den Papa studierte, und versuchte, die Folie abzulösen.
    »Lass das«, sagte ihr Vater und schrieb etwas in sein kleines Notizbuch. Er plante ihren Tag. Im French Quarter gab es jede Menge Galerien, die sie noch nicht gesehen hatten, und im Cabildo-Museum viele Sachen von früher, auch aus der Zeit der Sklaverei, von denen er sagte, er habe Zweifel, ob das schon etwas für die Mädchen sei. Sie hatten sich bereits durch die dunklen historischen Dioramen im Musée Conti Wax Museum getastet und waren im Eiltempo die Bourbon Street entlanggegangen, wo ihr Vater »Okay, das war ein Fehler« gemurmelt und ihre Frage, wer denn Spaß daran haben sollte, im Schlamm zu ringen, unbeantwortet gelassen hatte, während Amber Waybridge hinter vorgehaltener Hand lachte. Sophie drehte den kleinen, schwarzen, kugelrunden Kompass, der in den Stadtplan integriert war, bis zum Anschlag, und dann ließ sie los und sah zu, wie das N in die ursprüngliche Position zurückschnellte. Wenn man nur richtig dagegenhielt, konnte aus Norden Süden werden.
    »Wo ist deine Schwester?«, fragte ihr Vater.
    Sie blickte auf. Es dauerte jetzt schon ziemlich lange. Vielleicht musste Cecily groß. Sie

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