Toedlicher Wind
Handinnenflächen
nach außen. Damit zeigte sie den Mädchen, dass sie sehen keine Waffen oder
Ähnliches bei sich trug. Zwischen ihren Fingern glänzten lediglich dünne
Schwimmhäute. Langsam kam sie auf die Mädchen zu und hielt ihnen die Hand
entgegen. Nach kurzem Zögern stellten sich die beiden vor und fragten, vor was
sie gewarnt werden sollten und wer, oder was, sie eigentlich war. Die Frau
kicherte. „Ich bin eine Meeresnymphe. Meinen Namen könnt ihr hier außerhalb des
Wassers gar nicht aussprechen. Ich wurde geschickt, um euch zu warnen. Ein sehr
altes und mächtiges Wesen ist hier in der Gegend aufgetaucht. Genaueres darf
ich euch nicht sagen, die Gesetze, ihr wisst schon bescheid? Ich soll euch nur
sagen, dass dieses Wesen mächtig, alt, böse und gefährlich ist. Ihr müsst euch
vor ihm in acht nehmen. Und achtet auch auf eure Freunde!“ Emily und Dascha
verzogen fragend das Gesicht. „Wer hat dich denn geschickt?“, fragte Emily
dann. Die Nymphe schüttelte kichernd den Kopf. „Die Gesetze?“, fragte Dascha.
„Nein, aber mein Auftrag war nur, euch zu warnen, nicht jedoch euch Dinge zu
erklären, die ihr noch gar nicht Wissen müsst“, antwortete sie und lief eilig
zurück zum Wasser. Dann war sie auch schon so schnell wieder verschwunden, wie
sie aufgetaucht war. „Wieder einmal die Feststellung; nicht mal Nächte sind
meine Nächte. Soviel zum Thema wir haben unsere Ruhe bis zur nächsten …“,
setzte Dascha an, doch dann legte ihr Emily plötzlich die Hand auf den Mund und
machte eine Handbewegung die ihr klarmachen sollte still zu sein. Dascha
schaute zwar verwundert, war aber still. Dann lies sie sich von Emily in den
Schatten eines Felsvorsprungs ziehen und beide Mädchen duckten sich. Zwei
Gestalten betraten den Strandabschnitt. Eine war groß gewachsen, hatte lange
dunkle Locken und trug ein auffälliges langes Kleid. Es war über und über
bedeckt mit Rüschen und Schleifen. Auf den Kopf hatte sie sich einen kleinen Zier
Hut gesteckt. Die zweite Person war klein und zierlich. Im sanften Abendwind
wippten zwei lange schwarze Zöpfe, die sie sich auf dem Kopf gebunden hatte.
Ihr Körper war durch einen langen, schwarzen Mantel verhüllt, das einzig noch
erkennbare waren ihre prolligen, schwarzen Stiefel. Emily stutzte. Die Große
kannte sie doch irgendwoher? Sie schaute kurz zu Dascha, die offensichtlich
auch nachdachte, woher sie die Gestalt kannte. Angestrengt lauschten sie nach
ein paar gesprächsfetzen, die der Wind zu ihnen hinüber trug. Leider verstanden
sie nicht viel, nur dass die Dame in dem auffälligen Kleid der kleineren
energisch deutlich machte, dass sie jetzt eine sehr wichtige Prüfung bestehen
müsse und nicht versagen dürfte. Die kleinere schwieg die meiste Zeit, nur
gelegentliches Nicken, Gähnen oder komische brummlaute gab sie von sich. Die
beiden Frauen blieben nicht lange, schon kurze Zeit später verabschiedete sich
die kleine und ging. Die größere blieb noch ein bisschen stehen und schaute
schweigend aufs Meer heraus. Dann schaute sie sich um und im Licht des
inzwischen aufgegangenen Mondes konnte Emily ihr Gesicht erkennen; es war
Karina. Karina war die Besitzerin eines kleinen Ladens im Dorf, die ihnen bei
der Sache mit den Meerwesen geholfen hatte. An die hatten sie garnichtmehr
gedacht, als alles vorüber war. Sie duckte sich tiefer in den Schatten des
Felsens und Karina ging, ohne sie gesehen zu haben. Dascha und Emily warteten
noch eine Weile, dann kamen sie wieder hervor. „Das war doch Karina, die
Besitzerin von dem Laden auf dem Dorfplatz oder?“, fragte Dascha nach. Emily nickte. „Genau, die hatte ich völlig vergessen. Naja, so schnell sieht man sich
wieder. Aber sag mal, hast du verstanden, um was es jetzt ging?“ Dascha zog
ratlos die Schultern nach oben. „Irgendwas von wegen die Kleine im Mantel muss
eine wichtige Prüfung bestehen, bei der sie auf keinen Fall versagen darf.
Glaubst du das, hat was mit dem bösen Wesen zu tun, das die komische Nymphe
angekündigt hat?“, fragte sie zurück. Emily seufzte. „Der ganze Kram ist grade
einmal acht Wochen her, lange war die Erholungspause nicht gerade. Ja, ich bin
mir sicher, dass das was damit zu tun hat. Aber auch nur damit zu tun, ich
hatte bei keiner von beiden meine übliche Beklemmung. Die Kleine kam mir zwar
komisch vor, aber nicht bösartig“ „Bloß nicht noch so ein krankes Abenteuer …
das Letzte hat mir schon gereicht“, stöhnte Dascha auf. Emily lächelte sie
aufmunternd
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