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Tödliches Abseits (German Edition)

Tödliches Abseits (German Edition)

Titel: Tödliches Abseits (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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damals.
    Wenn Schalke gewonnen hatte, bekam er an der Bude auf dem Nachhauseweg im Sommer noch ein Eis, im Winter eine Süßigkeit seiner Wahl. Er nahm meistens Lakritze, später Bounty. Aber Leckereien gab es nur bei Schalker Siegen. Bei Niederlagen war sein Vater mürrisch und unnahbar; sprach, wenn sie nach Hause kamen, kein Wort mit Mutter, sondern legte sich nach der Sportschau sofort zu einem späten Nachmittagsschlaf ins Bett. Dann gebot Mutter den Kindern, entweder draußen zu spielen oder, wenn das Wetter dafür zu schlecht war, ganz ruhig zu sein. In diesem Fall ging er in sein Kinderzimmer, sah sich seine Fußballbilder an und träumte von einer Karriere als Profi.
    4
    Hauptkommissar Rüdiger Brischinsky und sein Assistent Heiner Baumann von der Recklinghäuser Kripo kamen zeitgleich mit der Spurensicherung am Bahnhof Castrop-Rauxel Süd an. Sie trafen auf etwa zwanzig Dortmunder und Schalker Fans, fünf uniformierte Beamte, die die Personalien der auf dem Bahnsteig Festgehaltenen notierten oder den Zugang zum Bahnsteig abriegelten, und einen Fahrdienstleiter der Deutschen Bahn AG, der aufgeregt auf die beiden Kripobeamten zustürmte.
    »Tragen Sie hier die Verantwortung?«, rief der Mann schon von weitem.
    »Das nehme ich doch stark an«, antwortete Brischinsky und fragte zurück: »Warum?«
    »Warum? Weil der Zug hier weg muss. Sofort. Der blockiert das Gleis. Schon seit etwa fünfzehn Minuten. Der muss weg!«, erklärte der Bahnbeamte kategorisch.
    »Nun mal langsam«, versuchte Brischinsky den Aufgebrachten zu beruhigen. »Wer sind Sie überhaupt?«
    »Meier. Fahrdienstleiter auf diesem Bahnhof. Ich sage Ihnen zum letzten Mal: Der Zug muss weg. Sofort! Der Fahrplan kommt doch ganz durcheinander und das ...«
    »... kann ein deutscher Beamter nun überhaupt nicht ertragen. Ich weiß«, ergänzte der Hauptkommissar leise. »Herr Meier, Sie werden sich noch etwas gedulden müssen. Erst ermittelt die Spurensicherung«, er zeigte auf den Nahverkehrszug, »am Tatort. Und wenn die fertig sind, holen wir den Toten raus. Dann wird der Wagen versiegelt. Es könnte ja sein, dass wir zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal etwas untersuchen müssen. Und dann können Sie den Wagon abkuppeln und auf ein Abstellgleis stellen. Erst dann darf der Zug weiterfahren, ohne diesen Wagen natürlich. Vorher sprechen wir aber noch mit dem Zugführer. Klar?«
    »Aber den Wagon ... Wir brauchen den doch ... Sie können doch nicht so einfach ...«
    »Doch, ich kann. Und jetzt, Herr Meier, seien Sie so freundlich und lassen Sie uns unsere Arbeit erledigen. Dann geht’s auch viel schneller, ja?« Brischinsky schob den immer noch protestierenden Eisenbahner sanft zur Seite und folgte seinem Assistenten in den Wagon.
    »Mein Gott, hat hier die Völkerschlacht zu Leipzig stattgefunden?«, wunderte sich der Hauptkommissar, als er den Wagen betrat. »Hier trieft ja das Blut nur so.«
    »So ist das eben, wenn befreundete Fanklubs aufeinander treffen«, griente Baumann. »Da bleibt kein Auge trocken.«
    »Pass auf und zieh deine Plastikhandschuhe an, wenn du was anfasst. Ich möchte nicht dafür verantwortlich sein, wenn du dir hier was holst.«
    »Schon klar, Chef.«
    Brischinsky wandte sich an den Notarzt, der den Tod des Opfers festgestellt hatte. »Können Sie uns schon was sagen?«
    »Kann ich. Der Tod ist vor weniger als einer Stunde eingetreten. Auf den ersten Blick war die Todesursache der Stich mit dem Messer mitten ins Herz. Der Mann war wahrscheinlich sofort tot. Genaueres kann natürlich erst nach einer ausführlichen gerichtsmedizinischen Untersuchung gesagt werden. Sie brauchen mich ja wohl nicht mehr hier?«
    Brischinsky winkte ab. Und ohne ein weiteres Wort packte der Notarzt seinen Koffer und verschwand.
    Der Hauptkommissar nickte den Beamten der Spurensicherung zu. »Eure Leiche.« Dann drehte er sich um und fragte Baumann: »Und wo ist der Verdächtige?«
    »Im nächsten Wagon. Der Mann heißt Michael Droppe und kommt aus Castrop-Rauxel.«
    »Aha. Na, dann los.«
    Hauptkommissar Brischinsky betrat den anderen Wagen. Direkt auf der ersten Sitzbank saß im blutigen BVB-Trikot Michael Droppe und sah sehr müde und sehr unglücklich aus. Vor der Sitzbank stand ein Uniformierter.
    »Der Kollege hat den Toten gefunden und Herrn Droppe schlafend daneben«, erklärte Baumann.
    »Aha«, sagte Brischinsky zum zweiten Mal. Dann nahm er den Polizisten zur Seite und forderte ihn auf: »Berichten Sie. Aber bitte kurz.«
    Fünf

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