Tödliches Experiment: Thriller (German Edition)
dem Pfleger vorbei wieder in den Überwachungsraum hinauszuschlüpfen und eventuell die Tür hinter sich zu versperren. Damit aber hätte sie keine Chance mehr, weiter nach Johns Kennwort zu suchen; sie könnte nur versuchen, irgendwie aus dem Gebäude hinauszugelangen.
Aber Al kam nicht. Kein blendender Lichtstrahl aus dem Überwachungsraum durchbrach das violette Halbdunkel der Schleuse.
Susan betrat das neurometrische Labor.
35
Al Luczynski hatte seit einer halben Stunde an seinem Tisch gesessen, als ihm der Blick auf die Uhr sagte, dass er hinaufgehen musste. Man würde die Patientin jeden Augenblick in den Operationssaal bringen. Katherine war vor ein paar Minuten an seinem Zimmer vorübergegangen, sie hatte ihn vom Korridor aus durch die Tür gegrüßt. Wahrscheinlich war sie schon oben und würde eine ätzende Bemerkung machen, wenn er nicht pünktlich kam. Plötzlich ärgerte er sich über sie. Was, zum Teufel, hatte sie überhaupt bei der Operation verloren, außer, dass sie sich an Susan rächte? Soweit er sich erinnern konnte, war sie im Verlaufe der letzten paar Jahre nur einmal dabei gewesen, und zwar, als Flemming operiert wurde. Katherine war Fachärztin für Psychiatrie. In einem OP Saal hatte sie überhaupt nichts zu suchen. Ihr Praktikum in der Chirurgie hatte sie vor mehreren Jahren absolviert und sie hatte keine Ahnung von den inzwischen entwickelten Techniken. Und wahrscheinlich erinnerte sie sich auch an nichts von alldem, was sie gelernt hatte. Katherines Anwesenheit bei Flemmings Operation hatte sowohl Michael als auch Toni nervös gemacht. Heute würden sie wahrscheinlich noch nervöser sein.
Vor ein paar Minuten hatte eine Hilfsschwester einen Ausdruck von Susans Überwachungsmonitor gebracht. Al überflog ihn ein letztes Mal. Puls, Temperatur, Blutdruck, Enzephalogramm, Atemwerte – alles war da, alles war in bester Ordnung. Susan war keine Todeskandidatin, wie es die meisten anderen Patienten gewesen waren; sie war kerngesund. Er stopfte den Computer Ausdruck in die Tasche und verließ das Zimmer.
Vom Korridor her hörte er sein Telefon klingeln. Daswar ganz sicher Katherine. Kommst du, Al? Verfluchtes Luder.
Er rief den Fahrstuhl, öffnete die Tür mit seiner Ausweiskarte und fuhr hinauf. Als er im zweiten Stock ausstieg, sah er eine Schwester, die vor dem Eingang zu Abteilung 2 stand. Sie trug Operateurskleidung, Haube, Kittel und Maske. Irgendetwas an ihr schien ihm merkwürdig. Sie hatte die Haube nicht auf dem Kopf, sondern trug sie in der Hand und setzte sie erst auf, als sie die Tür öffnete.
Luczynski betrat Abteilung 1 und wollte die diensthabende Schwester fragen, aber sie saß nicht an ihrem Platz. Auch das war eigenartig. Was ging da vor? Vielleicht hatte wieder einmal einer der Köpfe durchgedreht.
Aber als Luczynski den Operationssaal betrat, lief er der Schwester direkt in die Arme. Sie sah erhitzt und aufgeregt aus.
„Was ist denn los?“
„Hat man Sie nicht erreicht? In der OP Vorbereitung hat es gebrannt. Das Feuer ist schon gelöscht, aber die Patientin ist weg.“
Du lieber Gott, dachte Luczynski. Wenn Katherine erst den Verantwortlichen erwischte! Der hat nichts mehr zu lachen. Luczynski grinste die Schwester an. „Weit kommt sie ohnehin nicht. Wo ist Doktor Soong?“
„Eine Schwester hat Verbrennungen erlitten und wird gerade von ihr behandelt.“
„Und Doktor Blair?“
„Sie ist hinausgegangen, um die Wachposten zu alarmieren und die Patientin zu suchen.“
Die Schwester lief auf ihre Station zurück und Luczynski betrat den Umkleideraum des Operationssaals.
Katherine lag noch immer auf dem Boden zwischen der Bank und der verfliesten Wand. Sie hatte sich zusammengekrümmtwie ein kleines Kind, die Arme über den Brüsten gekreuzt. Das schöne, braune Haar fiel ihr über das Gesicht und verbarg es. Bevor Luczynski ihre Haare erblickte, wusste er einen Augenblick lang nicht, wer es war. Dann erkannte er sie.
Stumm starrte er sie an und dann auf den leeren Schrank und auf das Krankenhausnachthemd, das Susan hiergelassen hatte – denn es musste wohl Susans Nachthemd sein. Sein Blick fiel auf den offenen Schrank. Offensichtlich hatte sie Operateurskleidung angelegt, eine Haube und einen Kittel, vielleicht sogar eine Maske. Sie glaubte wohl, dass sie in dieser Verkleidung durchkommen würde. Nun, das konnte sie jedenfalls nicht, das verfluchte kleine Luder. Sie hatte ihn benutzt, als er in sie verliebt gewesen war. Er hatte ihr eine schriftliche
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