Toedliches Fieber
überrascht, Matthias so früh auf den Beinen zu sehen, auch wenn er es nicht zeigte.
»Ja, gerne«, sagte er und setzte sich schwungvoll in einen Sessel.
»Was hast du gemacht?«, fragte Matt beiläufig.
»Das Übliche«, antwortete Seth unverbindlich.
Matthias nickte. Seth hatte offenbar nicht vor, ihn einzuweihen.
Am nächsten Morgen saß er bereits in dem Ford Anglia, als Seth in Laufkleidung das Haus verließ. Matt tat das Gleiche wie am Vortag – doch als Seth und der Fremde in den Fluss sprangen, sprang er direkt hinterher. Er bereute es sofort, weil ihn der scheußlich starke Strudel verschlang und mit Gewalt nach unten zog.
In seiner Todesangst hielt er sich an einem einzigen Gedanken fest: Er durfte Seth auf keinen Fall verlieren.
Warnung
St. Magdalene’s
2013 n. Chr.
Unsere letzte Bandprobe lief gut. Danach hatte ich gerade noch Zeit, unter die Dusche zu springen und mich umzuziehen, bevor ich zum Soundcheck in den Gemeinschaftsraum zurück musste. Ich erwog einen Umweg über den Speisesaal, um mir noch schnell etwas zu essen zu holen, doch die Dusche erschien mir wichtiger. Ich wollte sie gerade anstellen, als es klopfte. Mist. Ich wollte erst so tun, als hätte ich nichts gehört, aber wahrscheinlich war es Rose Marley. Sie überprüfte hin und wieder, wie es mir ging. Wenn ich jetzt nicht aufmachte, würde sie einen Sicherheitsbeamten um den Generalschlüssel bitten. Also stieg ich aus der Dusche, wickelte mich in ein Handtuch und öffnete die Tür.
Großer Fehler.
Da stand nicht Rose, sondern Ruby. Richtig – Ruby, die mich nicht mehr besucht hatte, seit sie Omar bei dem Versuch erwischt hatte, mich zu küssen.
»Eva, ich muss mit dir reden«, sagte sie.
»Okay.« Ich runzelte die Stirn.
Sie warf sich auf mein Bett. Ich blieb einfach an der Türstehen, nur mit dem Handtuch bekleidet. Ihre Miene legte nahe, dass ich mich auf einen schnellen Abgang einstellen sollte.
»Seth Leontis«, sagte sie endlich.
Gott, was für eine Meisterleistung in kryptischer Konversation.
»Ja?«
»Was läuft da, Eva?«
»Wie bitte?«
»Guck nicht so unschuldig! Was läuft zwischen dir und Seth?«
»N-n-nichts, Ruby.«
»Ach nee, als ob ich dir das glauben würde! Ich habe gesehen, wie er dich ansieht.«
»Ruby – er ist erst seit fünf Minuten auf unserer Schule. Er sieht mich nicht anders an als alle anderen. Wir haben höchstens drei Worte miteinander gesprochen … und das auch nur, weil er mich mit jemandem verwechselt hat.«
Auf einmal wirkte sie erleichtert. Doch sie lächelte nicht. »Gut … sorg dafür, dass es so bleibt.«
»Heißt das, ihr seid zusammen?«
»Bald … wenn du mir nicht in die Quere kommst.«
»Ich stelle mich niemandem in die Quere, Ruby«, protestierte ich. »Hab ich noch nie getan«, fügte ich leise hinzu.
Das hätte ich lieber nicht sagen sollen.
»Na klar! Du doch nicht!«, fauchte sie, sprang vom Bett, rannte an mir vorbei und knallte die Tür hinter sich zu.
Narben
St. Magdalene’s
2013 n. Chr.
»Alter! Wie oft duschst du eigentlich am Tag?«
Harry bollerte an die Scheibe der Duschkabine. Es dauerte einen Moment, bis Seth auftauchte. Er hatte meditiert, wie früher vor den Kämpfen, und war etwas desorientiert, als er die Augen öffnete. Wo war er noch gleich?
»Seth? Kommst du? In zehn Minuten fängt der Gig an.«
Gig? Ach ja. Er hatte gesagt, er würde hingehen. Harry, so hieß er, hatte ihn überredet.
Seth kam aus der Dusche und nahm ein Handtuch. Harry stockte hörbar der Atem.
»Ist was?«
»W-woher hast du die vielen Narben, Mann?«
Seth erstarrte, fing sich aber gleich wieder. Er hatte die Narben schon so lange, dass er sie gar nicht mehr bemerkte. Erst recht, seit sie nicht mehr wehtaten. Er sah an sich herunter und zuckte die Achseln.
»Vom Kämpfen«, antwortete er schlicht.
Harry riss die Augen auf und pfiff leise durch die Zähne. Dann setzte er sich auf Seths Bett und sah weg, während Sethsich unbefangen abtrocknete und anzog. Kurz darauf gingen sie mit den meisten anderen aus der Oberstufe über den Innenhof. Als sie sich endlich in den Gemeinschaftsraum gezwängt hatten, stimmte die Band auch schon die Instrumente.
Seth hatte den Raum kaum betreten, als ihn jemand von hinten packte. In Londinium hätte das niemand, der ihn kannte, gewagt. Er hatte gefährlich gute Reflexe und reagierte sofort. Blitzschnell streckte er den Arm aus und warf den Angreifer quer durch den Raum.
Glücklicherweise war es so voll, dass der
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