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Toedliches Fieber

Toedliches Fieber

Titel: Toedliches Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dee Shulman
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Angreifer (Ruby) nicht auf den Boden, sondern in eine Handvoll Zehntklässler krachte.
    »Hey, Ruby! Was war das denn?«, fragte Harry und half ihr in eine senkrechte Position. »Bist du gestolpert?«
    Ruby rieb sich den Arm. Was war passiert? Seth hatte sie doch nicht etwa grob abgeschüttelt? Sie sah ihn geschockt an. Er sah verwirrt zurück. Das ermutigte sie, wieder auf ihn zuzugehen. Doch dann fing die Band mit dem ersten Song an und Seth blickte sofort zur Bühne.
    Er hatte die letzten vier Stunden damit verbracht, seine Gefühle in den Griff zu bekommen, doch im Bruchteil einer Sekunde war er erneut der Folter unterworfen. Da stand sie, sein ureigner Dämon-Engel, und sang. Sie sang ein Lied, eins, das er kannte. Es hatte in den dunklen Wochen seine Albträume vertrieben, als er im Fieberwahn in der Natalis-Villa gelegen hatte. Plötzlich drängte er sich durch die Zuschauer, um ihr näher zu sein. Die ganze Zeit sah er sie unverwandt an. Sie sang mit geschlossenen Augen. Sie musste nicht auf ihreHände sehen, die von selbst die richtigen Akkorde spielten. Die Gitarre war ein Teil von ihr. Dann fielen die Rhythmen, die den Takt vorgaben, plötzlich weg. Alle Instrumente schwiegen, nur noch ihre Stimme war zu hören, herzzerreißend, süß. Sie hielt sich am Mikrofon fest, als wäre es ihr einziger Freund. Die Menge war wie gebannt. Als der Gesang verklang und die Gitarren und das Schlagzeug wieder einsetzten, öffnete sie die Augen und sah ihn direkt an.

Bruch
    St. Magdalene’s
2013 n. Chr.
    Wieso hatte ich mich bereit erklärt, das Set mit meinem neuen Song zu eröffnen? Was hatte ich mir dabei gedacht?
    Astrid hatte prophezeit, so würde ich weniger nervös sein, weil ich es dann hinter mir hätte. Und da sie in solchen Dingen normalerweise recht hatte, hatte ich schließlich zugestimmt. Es lief ja auch wirklich gut … ich war schon drin, in der Musik, dort, wo das Lied in mir entstanden war. Doch dann schlug ich die Augen auf und er stand direkt vor mir. In diesem Augenblick wusste ich, dass es in dem Song um ihn ging. Dass er für ihn war.
    Doch ich hatte ihn geschrieben, lange bevor ich Seth zum ersten Mal gesehen hatte. Verdammt! Was ging in meinem Kopf vor? Ich wurde verrückt, ganz klar. Ich stand auf der Bühne, mitten im Lied, und ließ mich von diesem Jungen aus der Fassung bringen, der mir aus nächster Nähe ins Gesicht sah. Von dem ich mit ziemlicher Sicherheit geträumt hatte.
    Oh Gott. Hilfe! Jetzt fiel mir nicht einmal mehr mein Text ein. Zum Glück spielten meine Hände immer wieder den Refrain, während ich versuchte, mich zusammenzureißen. Diearme Astrid wiederholte ständig das Bassriff, in der Hoffnung, dass ich wieder in den Song fand und die letzte Strophe sang. Sadie hielt tapfer den Rhythmus. Wie konnte ich sie so hängen lassen? Ich zwang mich, tief Luft zu holen, und drehte dem faszinierenden Jungen den Rücken zu. Astrid rollte mit den Augen und grinste mich an. Das brach den Bann, ich konnte weitersingen. Die letzte Strophe schaffte ich nur, weil ich nicht ins Publikum blickte. Dennoch gab es tosenden Applaus, als ich fertig war. Es konnte doch nicht sein, dass sie nichts gemerkt hatten!
    Irgendwie gab der Beifall mir die Kraft, den Rest des Sets zu überstehen. Das  – und dass ich den Blick stur auf meine Gitarrenpedale gerichtet hielt. Ich durfte es nicht riskieren, diesen Jungen noch mal anzusehen.
    Als alles vorbei war, baute ich mit gesenktem Kopf die Instrumente und den anderen Kram ab. Ich rollte gerade das letzte Kabel auf, da ging plötzlich ein Ruck durch meinen ganzen Körper. Ich bekam keine Luft mehr und dachte, ich würde ohnmächtig. Als ich mich keuchend an die Wand lehnte und überlegte, welche wissenschaftliche Erklärung es dafür geben könnte, einen Stromschlag von einem nicht angeschlossenen Kabel zu bekommen, merkte ich plötzlich, dass er neben mir stand. Er sah mich bestürzt an.
    »Seth?«, krächzte ich.
    Mir war so schwindelig, dass ich auf den Boden rutschte und den Kopf auf die Knie legte.
    Er setzte sich neben mich. »Livia, was war das gerade?«, flüsterte er. »Geht es dir wieder gut?«
    Seine Stimme. Was war das nur mit dieser Stimme?
    Ich starrte ihn an und sah wahrscheinlich wie der letzte Idiot aus. Krampfhaft versuchte ich mich zu erinnern, was er gesagt hatte. Ich schüttelte den Kopf.
    »Weiß nicht … Geht gleich wieder.«
    »Livia, hör zu …«
    »Seth …« Jedes Mal, wenn ich seinen Namen aussprach, hatte ich das Gefühl, er

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