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Tödliches Rätsel

Tödliches Rätsel

Titel: Tödliches Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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Sporen aus dem Fenster hängen lassen und dann heftig an der Schnur gerissen. Vorher aber hattest du das letzte Rätsel so auf den Boden gelegt, als sei es unter der Tür hindurchgeschoben worden.«
    »Ich glaube, Ihr irrt.«
    »Nein, meine Liebe. Es hat mich gefesselt, in unserem Gespräch mit meinem Pfarrgemeinderat zu hören, daß du alles über eine Legendengestalt aus Norfolk wußtest, über die Knispelhexe.«
    »Edwin hat mir davon erzählt.«
    »Das glaube ich nicht, Mistress Alison. Ich kann es kaum beweisen, aber bei deiner Kunstfertigkeit als Näherin, deinen Kenntnissen über Mysterienspiele und deinem Wissen über das künstliche Blut, das die Schauspieler benutzen, nehme ich an, daß du die Tochter fahrender Leute bist. Ich glaube, daß Edwin dir begegnete und sich in dich verliebte.«
    »Warum haben wir dann nicht geheiratet?«
    »Ach, komm, komm, Alison, oder wie immer du wirklich heißen magst: Wir beide wissen, daß königliche Schreiber — wenn sie nicht schon eine sehr hohe Stellung innehaben — nicht die gewünschte Bevorzugung erhalten, wenn sie verheiratet sind. Eines weiß ich allerdings nicht…« Athelstan hielt inne und tupfte die Brotkrumen vom Tisch. »Edwin wollte deine Vergangenheit geheimhalten und dir eine neue Identität geben. Warum?«
    »Bruder, ich war gar nicht in London, als einige dieser Leute ermordet wurden.«
    »Ich will von vorn anfangen.« Athelstan schob seinen Teller weg und nahm einen Schluck Ale. »Edwin Chapler wurde in Bishop’s Lynn in Norfolk geboren. Seine Eltern und seine Schwester starben. Ich nehme an, daß er die Domschule von Norwich besuchte und als kluger und gewandter Schüler später in die Hallen von Oxford oder Cambridge geschickt wurde. Welche war es?«
    »Cambridge«, sagte die Frau.
    »Entweder dort oder wenig später lernte er dich kennen. Du wurdest seine Schwester. Als stilles, fleißiges Paar zogt ihr nach Essex in das Dörfchen Epping. Edwin war mit Empfehlungsschreiben bewaffnet, womöglich von einem Magister in Cambridge, und sicherte sich seine Pfründe in der Kanzlei vom Grünen Wachs. Du bliebst in Epping, Edwin nahm sich eine karge Kammer mit Blick auf den Stadtgraben, aber hin und wieder kamst du nach London, um ihn zu besuchen. War es so, Mistress?«
    Alison antwortete nicht.
    »Was nun aber der Anfang einer glorreichen Laufbahn im Dienste des Königs hätte sein sollen, verwandelte sich in einen Alptraum. Chapler war ein grundehrlicher Mann. Bald wurde ihm klar, daß Alcest und seine Kumpane — trotz aller scherzhaften Reden, Feste und Rätsel — den Dokumentenmeister durch Erpressung in ihre Gewalt gebracht hatten und allerlei Betrügereien trieben. Sie verkauften Pässe und Reisegenehmigungen an Verbannte und Verbrecher und Bewohner der Londoner Unterwelt. Sie luden Chapler ein, sich ihnen anzuschließen. Mancher junge Mann hätte ein solches Zubrot mit Vergnügen angenommen, aber Edwin war anders: Er war ein integrer Mann.«
    »Er war ein wunderbarer Mann«, unterbrach Alison, und die Tränen liefen ihr über die Wangen. »Niemals habe ich gesehen, daß er jemandem ein Haar gekrümmt hätte, aber es stimmt, Bruder: Er betrachtete Alcest und die anderen als Dämonen aus der Hölle. Der Bauch und der Schwanz, das waren ihre Götter!«
    »Chapler hat dir alles über sie erzählt, nicht wahr?« sagte Athelstan. »Er hat dir in allen Einzelheiten von ihren Sitten und Gebräuchen berichtet. Wie sie sich kleideten, was sie tranken, welches Bordell sie zu besuchen pflegten. Wie sie in ihrem Reichtum und ihrer Arroganz schwelgten. Natürlich hatte er Skrupel, wie sie jeder rechtschaffene Mann gehabt hätte. Diese Leute begingen schwere Verbrechen, und mit seinem Schweigen begünstigte er sie.«
    Alison nickte und wischte sich mit dem Handrücken über die Wangen.
    »Ich weiß nicht genau, was dann passierte«, fuhr Athelstan fort. »Aber Edwin muß schließlich protestiert und ihnen vielleicht sogar gedroht haben. Alcest und die anderen drohten ihm ihrerseits und schwiegen ansonsten, bis sie eines Tages versuchten, ihn zu vergiften, indem sie ihm in der Kanzlei etwas in den Malvasier schütteten.«
    »Wie hat Edwin sein Verhältnis zu Alison so gut geheimhalten können?« fragte Flaxwith aus seiner Ecke.
    »Ich sagte ja schon«, antwortete Athelstan, »sie gaben sich weiterhin als Bruder und Schwester aus. Alison pflegte in Männerkleidern nach London zu reisen. Ein Spiel, das raffiniert genug war, um jeden zum Narren zu halten, die guten

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