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Tödliches Rätsel

Tödliches Rätsel

Titel: Tödliches Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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Entfernung roch Athelstan den Bierdunst in seinem Atem. »Ich bin der Leiter des Gemeinderates«, fuhr Watkin fort. »Ich bin hier derjenige, der mit dem Pater redet.«
    »Aber nicht mehr lange!« kreischte die Frau des Grabenbauers Pike von hinten.
    Athelstan klatschte in die Hände. »Bitte! Bitte!« Er mußte einschreiten, bevor ein Streit ausbrach.
    Ranulf, der Rattenfänger, der trotz des Wetters seine schwarze Teermütze und das dazugehörige Wams trug, hielt die Kirchentür auf, damit alle hineingehen konnten. Athelstan zupfte Cecily, die Kurtisane, am Ärmel. Sie stieg langsam die Stufen hinauf und schwenkte provozierend ihr Hinterteil vor den Augen Pikes, des Grabenbauers.
    »Cecily«, flüsterte Athelstan.
    »Ja, Pater?« Mit ihren kornblumenblauen Augen und dem hübschen, mädchenhaften Gesicht, umrahmt von Unmengen von goldenen Locken, sah die Frau engelhafter denn je aus.
    »Cecily, wann wirst du begreifen, daß auf dem Friedhof nur die Toten liegen sollen?«
    »Aber Pater!« Cecilys runde Augen wurden noch runder. »Ich habe doch nur Blumen gepflückt.«
    »Ist das die Wahrheit?«
    »Nein, Pater. Aber etwas anderes werde ich Euch nicht erzählen.« Und damit huschte die Dirne davon.
    Der Gemeinderat versammelte sich bei der Taufkapelle auf Bänken, die zu einem Geviert zusammengestellt waren. Watkin nahm den Ehrenplatz zur Rechten Athelstans ein, und Pike, der Grabenbauer, setzte sich links neben seinen Pfarrer. Unter den übrigen brachen die gewohnten Balgereien um die Plätze aus. Benedicta und Alison setzten sich Athelstan gegenüber, und er eröffnete die Sitzung mit einem Gebet. Es folgte die übliche Tagesordnung: Das Gras auf dem Friedhof mußte gemäht, die Beerdigung, die am nächsten Tag stattfinden sollte, mußte vorbereitet werden. Alle schauten Alison mitfühlend an. Pike erbot sich, das Grab auszuheben, und Hig und Watkin wollten den Sarg tragen. Athelstan wollte wissen, wer zwei Nächte zuvor gleich neben der Kirche gelärmt und getrunken habe. Niemand meldete sich, aber der Büttel Bladdersniff, Pike und Watkin betrachteten den Fußboden, als hätten sie ihn noch nie gesehen.
    »So«, fuhr Athelstan fort, »und nun zu den Vorbereitungen für das Fest der Kreuzerhöhung. In ungefähr einem Monat, am vierzehnten September, feiern wir ja das Fest Christi Kreuzerhöhung.«
    Dies war das Zeichen für alle, aufzustehen und Huddles neues Kruzifix zu bewundern. Der Maler, dessen langes Pferdegesicht vor Freude strahlte, berichtete, wie er sein Meisterwerk zustandegebracht hatte. Alle machten »Oh!« und »Ah!«, und man war sich allgemein einig, daß Huddle sich diesmal selbst übertroffen habe.
    Als alle wieder Platz genommen hatten, fuhr Athelstan fort. »Das Fest der Kreuzerhöhung ist ein heiliges Fest. Wir werden die Messe feiern, und dann folgt die feierliche Segnung des Kruzifixes.«
    »Und ich werde es tragen!« brüllte Watkin.
    »Wirst du nicht, verdammt!« brüllte Pike. »Du machst hier wohl alles, Watkin!«
    »Ich lege mich nicht auf den Friedhof«, zischte der Mistsammler boshaft.
    »Was?« Pikes Frau, eine rechte Megäre, beugte sich vor.
    »Still jetzt.« Tab, der Kesselflicker, der neben ihr saß, nahm ihre Hand. »Du weißt doch, daß Pike die Gräber ausheben und sie pflegen muß.«
    Pike lächelte dem Kesselflicker zu, und Athelstan spürte, daß hier in seinem Pfarrgemeinderat neue
    Bündnisse aufkeimten. »Nach dem Segen«, verkündete er, »gibt es Ale bei der Kirche und ein paar Spiele außerdem, und am Abend veranstaltet die Gemeinde ein Festmahl.«
    »Aber wie steht’s mit der Zeremonie?« Pemel, die Flämin, strich sich das Haar aus dem Gesicht.
    Athelstan stöhnte im stillen. Er hatte gehofft, sie hätten es vergessen.
    »Du weißt schon, Pater«, fuhr Pemel fort. »Es wird doch immer ein Kreuz über den Friedhof getragen. Wer soll dieses Jahr Christus sein?«
    Und im nächsten Augenblick brach die Hölle los. In erbitterten Wortwechseln stritt man darüber, wer nun was würde tun dürfen. Athelstan warf einen Blick zu Alison hinüber. Genau wie Benedicta bemühte sie sich verzweifelt, nicht zu lachen. Endlich trat wieder Frieden ein, aber erst, nachdem Athelstan aufgestanden war und zornig in die Hände geklatscht hatte. Ranulf, der Rattenfänger, würde das Kreuz tragen, bestimmte er. Watkin und Pike sollten römische Soldaten seien, und auch die anderen Rollen wurden verteilt. Am Ende hatte nur eine nichts zu tun, und das war die Frau des Grabenbauers Pike.

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