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Tödliches Rätsel

Tödliches Rätsel

Titel: Tödliches Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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Cranston. Athelstan schlug die Augen auf. Grob aus seinem Traum gerissen, schaute er sich atemlos um. Bonaventura war nicht mehr da. Das Sonnenlicht, das durch das kleine Fenster über seinem Bett hereinfiel, verblaßte schon. Er schwenkte die Beine vom Bett, als ihm klar wurde, daß ein Klopfen unten an der Tür ihn geweckt hatte. .
    »Pater, Pater, ist alles in Ordnung?«
    Benedicta war in die Küche gekommen.
    »Ich bin hier oben, Benedicta«, rief Athelstan und rieb sich das Gesicht. »Ich habe ein Nickerchen gemacht und könnte jetzt eine Katzenwäsche gebrauchen, aber der Kater ist weg.« Er hielt inne. »Das war witzig«, flüsterte er. »Für einen, der gerade erst aufgewacht ist.«
    »Athelstan, fehlt Euch auch nichts?«
    Der Ordensbruder erhob sich und spähte die Stiege hinunter zu Benedicta. Sie trug ein Sommerkleid aus hellgrünem Tuch und um den Hals eine dünne Silberkette. Irgend jemand, wahrscheinlich eins der Kinder, hatte ihr einen Kranz aus Gänseblümchen geflochten, der noch immer auf ihrem kohlschwarzen Haar saß. Ihre wunderschönen dunklen Augen blickten so besorgt, daß Athelstans Herz einmal aussetzte. In der Tiefe seiner Seele liebte er diese Witwe, aber niemals würde er wagen, es ihr zu gestehen. Ich liebe dich leidenschaftlich, dachte er, und wehmütig entsann er sich der Ratschläge seines Novizenmeisters.
    »Nicht der Körper ist’s, der hungert, sondern die Seele, Athelstan. Körperliches Verlangen ist wie eine Flamme. Manchmal züngelt sie hoch, manchmal brennt sie nur matt. Die Liebe der Seele jedoch ist ein rasendes Feuer, das niemals gelöscht wird.«
    »Bruder Athelstan!« Benedicta stampfte mit dem Fuß auf. »Seid Ihr von Sinnen? Ihr starrt mich an!«
    »Ich habe nachgedacht.« Athelstan lächelte. »Ich weiß jetzt, wie es im Himmel sein wird.«
    Benedicta seufzte verdrossen. »Bruder Athelstan, der Rat tritt gleich zusammen. Ihr wißt doch, wie Watkin ist. Wenn Ihr nicht da seid, wird er anfangen, die Messe zu lesen. Außerdem haben wir Besuch, eine junge Frau namens Alison Chapler. Ich wußte nicht, daß ein Toter im Beinhaus liegt.«
    Athelstan schlug die Hand vor den Mund und stöhnte auf. »Oh Herr, hilf uns!« rief er. »Das hatte ich ganz vergessen, Benedicta. Ich war mit Cranston unterwegs. Du weißt ja, wie das ist.«
    Er lief die Stiege hinunter, packte Benedicta bei den Schultern und küßte sie auf beide Wangen.
    »Wofür ist das, Pater?«
    »Eines Tages werde ich es dir sagen. Diese arme Frau.«
    Athelstan raffte seine Stola an sich und nahm die Phiole mit dem heiligen Öl aus dem Schrank in der hinteren Ecke der Küche. Er zog den Gürtel um seine Kutte fester und eilte hinaus.
    Es war ein prachtvoller Abend; die Sonne brannte nicht mehr grell, und ein erfrischender Wind strich über das Gras und die Blumen auf dem Friedhof. Crim, der Altarjunge, pinkelte in einer Ecke gleich hinter dem Tor.
    »Guten Abend, Pater!« rief er über die Schulter.
    »Zieh deine Hose hoch!« befahl Athelstan. »Ich habe dir gesagt, das tut man nicht auf dem Gottesacker.«
    »Entschuldigt, Pater, aber der Wasserhändler hat mich umsonst trinken lassen. Kühl und süß hat es geschmeckt. Wo wollt Ihr hin, Pater? Ich habe die Sau aus Eurem Garten verjagt. Gut, daß Ihr nicht schon früher gekommen seid.« Schwatzend lief Crim neben ihm her und schaute sich nach Benedicta um. »Cecily, die Kurtisane, war hier.«
    »Was?« Athelstan blieb stehen. »Und wer war bei ihr?«
    »Das weiß ich nicht«, stammelte der Junge bestürzt.
    Athelstan zerzauste ihm das Haar. »Lauf zu und bringe mir eine brennende Kerze«, sagte er freundlich.
    »Oh, da ist eine Frau im Leichenhaus«, berichtete Crim. »Ist da ein Toter drin? Kann ich ihn sehen?«
    »Hol die Kerze.«
    Athelstan ging weiter den schmalen Pfad entlang, der sich zwischen Grabhügeln, verwitterten Kreuzen und verschrammten Grabsteinen hindurchschlängelte. Das kleine Beinhaus stand im Schatten einer Eibe in der hinteren Ecke des Friedhofes. Die Tür war offen. Drinnen kniete Alison neben dem Toten, der in einem Holzsarg lag. Sie hatte bereits eine Kerze angezündet und in eine Mauernische gestellt. Die Luft duftete frisch und nicht wie sonst abgestanden und klamm. Als Athelstan hereinkam, erhob sich Alison mit tränennassen Wangen.
    »Es tut mir leid«, entschuldigte sich Athelstan. »Als ich zurückkam, habe ich nicht mehr daran gedacht.«
    »Das macht nichts, Pater«, antwortete Alison. »Ich habe bei einem Totengräber in der Nähe von

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