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Tödliches Rätsel

Tödliches Rätsel

Titel: Tödliches Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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Kochend vor Wut bezahlte sie den Preis für ihre bösartige Zunge und ihre niederträchtigen Bemerkungen. Immer wieder hatte Athelstan versucht, eine neue Rolle einzuführen oder alles neu zu verteilen, aber die Frau ließ sich nicht besänftigen. Und noch bedrohlicher war, daß die Megäre jetzt Cecily, die Kurtisane, erbost anfunkelte, während diese natürlich honigsüß zurücklächelte.
    »Pater.« Alison Chapler erhob sich von ihrem Platz. »Pater, ich habe einen Vorschlag. Meine Familie stammt aus Norfolk, und wir haben das Kreuzfest dort auch gefeiert. Mir fällt auf, daß Euch eines noch fehlt, nämlich die Knispelhexe.«
    »Wer?« fragte Athelstan.
    »Der Legende zufolge«, sagte Alison sichtlich erheitert, »war die Hexe eine Frau, die im Tal des Todes bei Jerusalem lebte, von aller Welt verabscheut.«
    Athelstan betete, daß jetzt niemand eine Bemerkung machen möge.
    »Als Christus gekreuzigt wurde«, fuhr Alison fort, »stand sie weit abseits, aber für ihren Glauben wurde sie verwandelt und war fortan eine Heilige.«
    Alle klatschten in die Hände, und der Friede war wiederhergestellt.
     
    In einer kleinen Kammer im Erdgeschoß der Kanzlei vom Grünen Wachs betrachtete Sir John Cranston den erbarmungswürdigen Leichnam des William Ollerton, ehemals Schreiber in der Kanzlei.
    »Das Gift muß tödlich gewesen sein.« Cranston stieß mit der Schuhspitze gegen den Stiefel des Toten. »Verderblich und schädlich, hm?«
    Der Coroner trommelte mit den Fingern auf seinem Bauch. Er hatte im Garten gesessen, den Kerlchen zugeschaut, wie sie mit Gog und Magog spielten, und dabei über seine gelehrte Abhandlung zur Verwaltung von London nachgesonnen, als der Büttel Flaxwith mit der Neuigkeit erschienen war. Cranston hatte geflucht, aber er war mitgekommen. Die Nachricht von Ollertons Tod würde bald auch den Savoy-Palast erreichen, und der Regent würde Fragen stellen. Einstweilen hatte Cranston selbst ein paar.
    Master Tibault Lesures an seiner Seite schien einer Ohnmacht nahe zu sein. Sein Gesicht war bleich und verschwitzt, und er blinzelte ständig. Der Dokumentenmeister fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und machte kleine, nervöse Fingerbewegungen. Die drei Schreiber Elflain, Napham und Alcest waren gefaßter.
    »Fangen wir noch einmal von vorn an«, begann Cranston. »Ihr habt einen Becher...?«
    »Ja, Sir John.« Lesures nickte. »Jeder von uns hat einen Becher, auf dem das Initial des Familiennamens steht. Am späten Nachmittag, bevor wir Feierabend machen, pflegen wir einen Schluck Malmsey zusammen zu trinken. Das wäscht den Staub von der Zunge und gibt einen guten Geschmack.«
    »Und diese Becher stehen auf einem Tablett?«
    Cranston wandte sich von dem Toten ab und ging zu einem kleinen Tisch, auf dem alle Becher, einige immer noch halb voll, auf einem Zinntablett standen. Er nahm Ollertons Trinkgefäß in die Hand und schnupperte daran. Es roch süß nach Honig und beißend nach etwas anderem. Sir John erinnerte sich an das, was Athelstan über Arsen und Belladonna gesagt hatte.
    »Beides wirkt tödlich«, hatte der Ordensbruder erklärt, »aber es ist leicht zu verbergen.«
    Cranston nahm nacheinander alle Becher zur Hand und roch aufmerksam daran. Dabei lief ihm das Wasser im Munde zusammen, was er zu unterdrücken versuchte, indem er an den Leichnam dachte, der jetzt hingestreckt am Boden lag.
    »Und wer hat diese Becher morgens gespült?«
    »Wir selbst haben uns damit abgewechselt, Sir John.«
    »Und heute morgen?«
    Napham hob die Hand. »Aber Sir John, sie waren alle sauber.«
    »Schön, schön.« Sir John lehnte sich an die Wand. Wenn doch Athelstan nur da wäre!
    »Wer ist heute in der Kanzlei vom Grünen Wachs gewesen? Ich will eine Liste.«
    »Nun...« Lesures trat vor und zählte die Namen an den Fingern ab. »Ich selbst und die Schreiber, Sir Lionel Havant, Ihr, Sir John, Bruder Athelstan und Mistress Chapler.«
    »Sonst niemand?«
    »Oh, ein Bediensteter hin und wieder. Sie kommen mit Botschaften oder bringen frisches Pergament und Federkiele.«
    »Aber es ist doch interessant, nicht wahr«, fuhr der Coroner fort, »daß das Gift zur selben Zeit eingeschmuggelt wurde, als diese rätselhafte Nachricht kam, der zufolge der zweite in der Mitte der Not sitze und der Inhalt des Grauens sei.« Cranston schaute die Schreiber an. »Ich dachte, Ihr liebt Rätsel und Scherzfragen. Weiß denn einer von Euch, was das zu bedeuten hat?«
    Alle schüttelten den Kopf.
    »Fahren wir fort«,

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