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Töten Ist Ein Kinderspiel

Töten Ist Ein Kinderspiel

Titel: Töten Ist Ein Kinderspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Waffender
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sah.
    „Hunger!“, antwortete Inge Nowak. „Und Mischgetränk, bitte.“
    „Dassel… nein, das Gleiche, bitte“, verbesserte sich Verónica und nahm die große Plastikkarte entgegen, die ihr hingehalten wurde. Für Berliner und andalusische Verhältnisse nahm man eigentlich vor zwölf Uhr mittags eher das zweite Frühstück ein, doch das Speiseangebot des Löwen umfasste im Wesentlichen Schnitzel in siebzehn Varianten, wahlweise mit oder ohne Soße, Ananasscheiben und anderen Beilagen, die man so nur in Landgasthöfen fand. Daneben gab es eine weitere Liste mit Rindfleischgerichten, Spezialitäten aus der Region und eine Seite, die als vegetarisch ausgewiesen war und eine Anzahl von Aufläufen mit Schinkenstückchen versprach.
    „Ich nehme ein Paprikaschnitzel“, entschied Verónica forsch und klappte die Karte zu.
    „Und ich ein Jägerschnitzel“, zog ihre Freundin nach. „Mit extra viel Zwiebeln, wenn es geht.“
    „Das wird wohl gehen. Sonst noch?“
    „Jürgen Knapp. War der auch ein Mitschüler von Ihnen?“
    „Der Jürgen? Natürlich. Wir waren alle in einer Klasse.“
    „Wohnt er noch hier?“
    „Wir wohnen fast alle noch hier. Der Jürgen wohnt auf dem Kupferhügel, im Neubaugebiet, Richtung Wüten. Seine Frau ist Kosmetikerin, die hat da ihr Beauty-Studio.“
    „Meinst du, das bringt etwas?“ Verónica kramte nach ihren Zigaretten und stand auf, um einen Aschenbecher vom Nebentisch zu holen.
    „Kann jedenfalls nicht schaden. Immerhin ist er der Einzige, der aus der Clique, oder was auch immer die drei waren, noch lebt. Erinnerst du dich? Selbst Frau Hoffmann hat gesagt, die beiden Jungs hätten es auf Hannes abgesehen gehabt. Eine Mutter sagt so etwas nach so langer Zeit nicht einfach so. Dann ist da was dran. Ich hätte ja auch zu gerne einen Blick in Hannes’ Tagebuch geworfen.“
    „Und wieso haben wir es dann nicht getan?“
    „Pietät? Ich weiß es nicht. Ich wollte der Mutter nicht noch mehr zumuten.“
    „Frau Kommissarin! Auf einmal so sensibel?“
    „Nimmt mich irgendwie mit. Ich habe ein paar Mal gedacht, was ich wohl gemacht hätte, wenn Marit sich mit siebzehn umgebracht hätte, und ich wüsste nicht, warum. Ein Alptraum!“
    Doris Riedel kam mit zwei großen Biergläsern und einem Telefonbuch zurück. „Hier müsste Jürgen drinstehen. Wenn nicht, dann zumindest seine Frau. Unter B wie Beauty.“
    „Danke“, sagte Inge Nowak und begann sofort zu suchen.
    Zwanzig Minuten auf dem Rundwanderweg, so lange, hatte Doris Riedel gemeint, würden sie zu Fuß zum Kupferhügel brauchen. Angesichts der Fleisch- und Kartoffelstäbchenmassen, die die beiden Frauen in sich hineingeschaufelt hatten, kam ihnen der Spaziergang sehr gelegen.
    „Schön, so auf dem Land wohnen“, bemerkte Verónica, während sie auf einem Feldweg eine Anhöhe durch eine Obstbaumlandschaft hinaufmarschierten. „Man kann so weit schauen!“
    Sie blieben stehen und blickten über das vor ihnen liegenden Dorf, über große Flächen von Feldern, Wiesen und gelbem Raps, hin zu den anderen Ortschaften in der Umgebung, die links und rechts dahingewürfelt waren, verbunden durch einen grauen Streifen. Die Autos, die darauf fuhren, hörte man bis zu ihnen herauf.
    „Mit der Stille auf dem Land ist es auch vorbei“, seufzte Inge Nowak und setzte den Anstieg fort. Es war lange her, dass sie eine solche Strecke zu Fuß gegangen war, und sie erinnerte sich daran, dass nichts, aber auch gar nichts aus ihrem Silvestervorsatz geworden war, sich mehr zu bewegen. Zwar zahlte sie den monatlichen Beitrag für die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio, war allerdings in den letzten acht Monaten erst dreimal da gewesen: Einmal zum Anmelden, ein zweites Mal zum Einführungstraining und ein drittes Mal, um mit Marit in die Sauna zu gehen.
    „Was denkst du?“
    „Wie wir zurückkommen.“
    „Schon schlapp?“ Sie zog an Inge vorbei und stellte sich ihr in den Weg. „Ich werde dich natürlich auf Händen ins Hotel tragen.“
    Inge ging einen Schritt weiter, lief in ihre ausgebreiteten Arme und ließ sich mit dem ganzen Gewicht hineinsinken. Sie schloss die Augen, genoss die heißen Sonnenstrahlen in ihrem Nacken, lauschte den Vogelstimmen und dem Summen der um sie herumfliegenden Insekten, spürte Verónicas Hände unter dem Trägerhemd auf ihrem nackten Rücken und war für einen Augenblick einfach nur froh. So leicht, dachte sie, geht Glück: dastehen, atmen und sein.
    Und im selben Moment klopfte der Zweifel in ihr

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