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Töten Ist Ein Kinderspiel

Töten Ist Ein Kinderspiel

Titel: Töten Ist Ein Kinderspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Waffender
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unterschiedliche Geistliche, meist jüngere und solche, die es nötig hatten, am heiligen Sonntag nach dem Mittagessen vor uns Alten zu predigen. Das hatte etwas Rührendes – die Hälfte von uns hörte nichts oder nicht zu, die andere Hälfte war andächtig und schlief zwischen den Liedern ein.
    An jenem Sonntag, an dem sich Gott nach jahrzehntelanger Abwesenheit bei mir sehen ließ, war ich zu früh und setzte mich in die erste Reihe. Zwei Stühle weiter saß ein älterer Herr mit einem Blumenstrauß in der Hand. Als die Pfarrerin im schwarzen Talar hinter dem blauen Vorhang hervortrat, der links neben dem Altar und gegenüber der bunten Fensterwand aufgehängt war, stand er auf und sagte:
    „Fräulein Mangold! Ich wollte mich bei Ihnen bedanken!“ Mit diesen Worten streckte er ihr die in Zellophan gewickelten Blumen entgegen.
    „Aber Herr Portz! Das wäre doch nicht nötig gewesen. Vielen Dank!“ Sie schüttelte ihm die Hand. „Und das mit dem Fräulein nehme ich mal als Kompliment. Dann müssten Sie mich aber Klinger nennen, so hieß ich nämlich vor meiner Hochzeit!“ Sie schenkte ihm ein schelmisches Lächeln und machte sich daran, die Blumen auszuwickeln. „Und außerdem nennen mich in der Singstunde doch sowieso alle Erika, das ist doch viel einfacher, nicht?“
    In diesem Augenblick offenbarte sich Gott.
    Gott schickte mir Erika Klinger.

Sonntagnachmittag
    Frank Erkner betrat zum dritten Mal die Seniorenresidenz „City Kant“ und fast kam es ihm so vor, als träfe er im Foyer alte Bekannte. Die Heimleiterin war nicht besonders erfreut gewesen, dass sie den Sonntagnachmittagskaffee in ihrem Schrebergarten unterbrechen musste, um an ihren Arbeitsplatz zu fahren. Sie hatte versprochen, sich zu beeilen, aber Erkner und Berger waren vor ihr angekommen und hatten es sich in eine der vielen Sitzgruppen bequem gemacht.
    „Kannst du dir vorstellen, in so was alt zu werden?“
    „Ich werde bereits in so was alt.“
    „Wie, jetzt?“
    „Ich wohne alleine in einer kleinen Wohnung und wenn mir langweilig wird, gehe ich in eine Kneipe in meiner Straße, quasi im Erdgeschoss, setze mich an einen Tisch und warte auf jemanden, der mit mir Schach spielen will.“ Berger schaute sich um. „Also mehr oder weniger so wie die da. Ich schätze, wenn ich gebrechlicher werde, suche ich mir auch ein Gebäude, in dem die facilities näher beieinander liegen.“
    „Du willst doch nicht bis an dein Lebensende alleine bleiben?“
    „Nicht unbedingt. Aber ich lasse mich sicher nicht aus pflegetechnischen Gründen auf einen anderen Menschen ein.“
    „Das habe ich ja auch nicht gesagt. Mann, bist du manchmal kompliziert!“
    Berger wollte sich gerade wehren, als Erkner aufstand. Er hatte Christiane Schirmer gesehen.
    „Jetzt erklären Sie mir mal bitte, was genau Sie von der Frau Lenz wollen. Die kann ja wohl gar nichts mit dem Tod von der Frau Pfarrer zu tun haben!“
    „Und warum nicht?“
    „Die kennt sie überhaupt nicht. Sie nimmt an keinen Freizeitangeboten teil; soweit ich weiß, lebt sehr zurückgezogen. Für ihre Dreiundachtzig ist sie noch ziemlich gut beieinander. Obwohl die Frau schon so einiges hinter sich hat. Ach doch, eine Sache macht sie hier mit: die Biografiestunden.“
    „Was ist das?“
    „Es ist eigentlich vor allem eine Übung für unsere Demenzkranken, damit sie nicht ganz vergessen, wer sie einmal waren. Aktivitätstrainer rekonstruieren Teile ihres Lebens mit ihnen, bauen Vitrinen mit Erinnerungsstücken aus ihrer Vergangenheit, ihren beruflichen Erfolgen, zum Beispiel. Und die, die noch fit sind, können in Zusammenarbeit mit Theologie- und Germanistikstudenten ihre Lebensgeschichte aufschreiben: Die jungen Leute helfen den Senioren, sie zu formulieren. Also das, woran sie sich noch erinnern. Die einen sprechen es auf Band, die anderen tippen es in den Computer, jeder so, wie er noch kann. Manche erfinden sich am Ende auch einfach neu. Ich weiß, dass die Frau Lenz ein paar Mal Besuch von einer Studentin hatte, die ihr dabei geholfen hat.“
    „Haben Sie die Anschrift von dieser Studentin?“
    „Bestimmt, irgendwo in unseren Personalakten. Reicht es, wenn ich sie Ihnen bis morgen heraussuche?“
    „Vielleicht können wir die Frau Lenz ja auch selbst fragen?“, schlug Berger vor.
    „Das wäre das Einfachste. Kommen Sie.“ Christiane Schirmer führte die beiden Kommissare im Erdgeschoss einmal durch das ganze Gebäude über den Garten zum Hinterhaus, in dem die Wohnungen

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