Töten ist ganz einfach: Thriller (German Edition)
Hamburg stammte, war Uwe Schröder klein und dicklich und kaschierte seine ausufernde Glatze mit einem radikal rasierten Schädel. Sein Partner Felipe Gonzales hingegen war für einen Spanier sehr groß und schlaksig. Wenn sie gemeinsam auftraten, erinnerten sie an das Designerduo Dolce & Gabbana, nur dass sie bei Weitem nicht so erfolgreich waren.
Doch jetzt hatte sich das Blatt zu ihren Gunsten gewendet, denn der Großauftrag von Drac S.A. für einen Megaevent für über 1.000 Gäste zum 60. Geburtstag von Ivanka Drakovic würde sie zumindest kurzzeitig sanieren. Drac S.A. war eine der vielen Tochterfirmen von Royal International und Igor Drakovic hatte mit keiner Wimper gezuckt, als Schröder & Gonzales ihm ein absurd hohes Kostenoffert für den Event präsentierten. Stattdessen reduzierte er die Summe einfach um 50 Prozent und schleuderte den beiden ein unmissverständliches „Ja oder Nein?“ entgegen. Natürlich hatten sie zugestimmt.
An die 50 Personen drängten sich in dem Besprechungsraum, als Uwe Schröder einen Plan des Palastes von Igor Drakovic mit einem Beamer an die Wand warf.
„Der Palast hat drei Innenhöfe“, sagte er, lutschte kurz an seiner erkalteten Zigarre und sprach weiter: „Wir inszenieren den mittleren Hof mit der großen Freitreppe nach unten. Im rechten Innenhof befinden sich die Vögel von Igor Drakovic. Diesen Bereich darf niemand betreten! Im linken Innenhof ist das gesamte Catering untergebracht. Im oberen Stockwerk sind die Zimmer von Ivanka Drakovic. Von dort geht es geradeaus zu einer Freitreppe und rechts davon in den Innenhof mit den Vögeln von Igor Drakovic. Achtung, dass Sie die Treppen nicht verwechseln! Gehen wir nochmals das Timing durch.“ Er sah zum Head of Creation, der das Gesamtkonzept entwickelt hatte und den er extra für diesen Event um teures Geld eingekauft hatte.
„Ab 20.00 Uhr ist die Auffahrt der Gäste geplant. Diese werden von 50 griechischen Göttinnen begrüßt und in den Palast geführt.“
„Warum Hostessen als griechische Göttinnen und keine Flamenco tanzenden Spanierinnen?“, klinkte sich der neuerdings betont nationalistische Felipe Gonzales ein.
„Ivanka Drakovic ist ein Fan von Maria Callas, im Speziellen von ihrer Darstellung als Medea. Ich denke, das passt“, erwiderte der Head of Creation, der lässig auf einem der Besprechungstische saß und mit den Beinen wippte. Gonzales nickte zustimmend.
„Dann startet die Gruppe Cataract mit ihrem Senkrecht-Ballett. Eine spektakuläre Performance. Sie schweben, auf Seilen, vom Dach des Palastes über die Köpfe der Gäste und zeigen den Kampf Götter gegen Dämonen.“
„Die Stahlseile, an denen die Tänzer hängen, sind mit freiem Auge nicht zu sehen. Alle denken, sie fliegen wirklich“, mischte sich der Chief Choreographer von Cataract ein.
„SI-GI, der österreichische DJ-Star, mixt anschließend Arien von Maria Callas mit Ethnobeats“, fuhr der Head of Creation weiter fort.
„Wo ist SI-GI?“ Suchend sah sich Uwe Schröder um.
„Kommt nachmittags aus Paris mit einem Learjet, aber er hat mir schon vorab die Soundfiles geschickt“, antwortete der Head of Creation und schwenkte demonstrativ seinen iPod. Uwe Schröder durchzuckte es siedend heiß, als er an die Zusatzkosten für den Extraflug dachte, doch er ließ sich nichts anmerken.
„Dann der große Auftritt von Ivanka Drakovic! Sie erscheint oben auf der Freitreppe, die von zwanzig jungen Männern in knappen griechischen Outfits gesäumt ist. Sie singt zwei Arien, wobei wir stark mit Playback arbeiten müssen, das haben wir bei der heutigen Probe erfahren.“
„Wieso Playback?“ Hektisch saugte Uwe Schröder an seiner Zigarre.
„Nun, Ivanka Drakovic leidet unter extremem Lampenfieber. Es kann sein, dass ihre Stimme versagt“, sagte der Head of Creation. „Sie braucht übrigens ein Spezialmenü vor ihrem Auftritt. Darum kümmere ich mich persönlich. Es muss vom Restaurant Cavello in Porto Portals geliefert werden.“
„Oh mein Gott!“, seufzte Schröder und überschlug im Kopf die entstehenden Kosten.
So ging es stundenlang weiter und für Uwe Schröder war es wie in vergangenen Zeiten, als er mit der Agentur am Zenit seines Erfolges stand und gleichzeitig mehrere Megaevents dirigierte. Ja, es ging wieder aufwärts, das spürte er und zog auf der Geschäftsführer-Toilette eine zweite Linie Koks hoch, die er sich eigentlich nicht leisten konnte.
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Als Tony Braun am Vormittag von einer feuchten
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