Töten ist ganz einfach: Thriller (German Edition)
Hundeschnauze geweckt wurde, schreckte er mit einem Schrei hoch. Er lag auf einem großen, weichen Sofa im Wohnzimmer von Ramon Lluls Finca und vor ihm stand schwanzwedelnd einer der riesigen Löwenjagdhunde. Mit treuherzigen Augen betrachtete dieser ihn, streckte sich dann wie ein Raubtier in die Länge und trottete ins Freie. Braun wartete, bis der Hund außer Sichtweite war, dann schlüpfte er schnell in seine über den Boden verstreuten Klamotten.
„Ramon, wieso bin ich noch hier?“, fragte er verwirrt, als er wenig später blinzelnd auf der hinteren Terrasse stand und gierig den starken Kaffee trank, den ihm Ramon Llul in einer bauchigen Tasse auf den Tisch gestellt hatte.
„In deinem Zustand hast du nicht einmal mehr alleine ins Haus gefunden. Ich musste dich tragen! Was für eine Nacht, Tony!“, sagte Ramon Llul und grinste müde. „Wie viele Flaschen haben wir geleert?“ Er sah sich suchend um, doch Francisca hatte die leeren Weinflaschen bereits weggeräumt. „Was haben wir bloß die ganze Zeit geredet? Ich kann mich überhaupt nicht mehr erinnern!“
„Ist auch besser so“, sagte Braun und konnte sich dunkel entsinnen, welchen Verlauf ihr Gespräch genommen hatte: Seine gescheiterte Ehe, das verlorene Besuchsrecht für seinen Sohn Jimmy, die Schüsse auf seinen Kollegen Pavel Hajek und das Verschwinden von Anna Lange, für all diese Dinge machte er sich verantwortlich. Durch den reichlichen Alkoholgenuss war er sentimental geworden und hatte Ramon sein Herz ausgeschüttet. Ziemlich peinlich, dachte er und war froh, dass sich Ramon an nichts mehr erinnern konnte – das hoffte er zumindest.
Schnell verabschiedete er sich von Ramon Llul und Francisca und fuhr zurück in die Stadt. Als er nach langem Suchen endlich einen Parkplatz gefunden hatte, überkam ihn eine bleierne Müdigkeit und er schleppte sich langsam durch die Gassen zurück in seine Pension.
„Gestern eine heiße Nacht gehabt?“ Braun drehte sich genervt herum und rieb sich die brennenden Augen, als er die Stimme mit französischem Akzent hörte. Jean-Christophe stand vor seinem Secondhand Laden, hielt anerkennend den Daumen hoch und drehte seinen weißen Ziegenbart.
„Wer sagt es denn. Ein gut aussehender Mann wie du, mit der richtigen Designerkleidung findet eben sofort die richtige Frau! Wenn du wieder schicke Klamotten brauchst, lass dich von mir beraten!“
„Arschloch“, murmelte Braun und ging auf den Eingang seiner Pension zu. In seinem Zimmer ging er sofort unter die Dusche und fühlte sich anschließend erfrischt, wieder voller Tatendrang und wählte die Nummer von Richard Marx in Linz. Doch dieser hatte seit dem letzten Anruf nichts mehr von Anna Lange gehört. Sie war wie vom Erdboden verschluckt.
„Denk gefälligst nach!“, schnaubte Braun ins Telefon. „Anna wird doch irgendetwas gesagt haben!“ Hektisch lief er in seinem Zimmer auf und ab.
„Ich weiß nur, dass sie in einem Designhotel wohnt, mit Blick auf einen Swimmingpool, das Meer und die Kathedrale von Palma. Aber sie hat mir den Namen nicht gesagt.“ Richard klang schon leicht panisch und Braun hörte das vertraute Klicken des Zippo-Feuerzeuges, als er sich eine weitere Zigarette anzündete.
„Dann check mal die Designhotels mit Blick auf Palma! So viele kann es doch nicht geben! Sie soll sich sofort bei mir melden! Verdammt, sie ist in Gefahr!“
Während Richard Marx auf der Suche nach dem richtigen Designhotel durch das Web surfte, ging Tony Braun ruhelos in seinem stickigen kleinen Pensionszimmer umher und dachte an den vergangenen Abend bei Ramon Llul.
*
Das stromlinienförmige Designtelefon auf dem dunklen Holztischchen klingelte. Als Anna Lange den Hörer abnahm, konnte sie zunächst außer Husten und Keuchen nichts verstehen. Schließlich hatte sich Richard Marx wieder soweit unter Kontrolle, dass er normal sprechen konnte.
„Sorry, Anna! Die Zigaretten bringen mich noch um! Ich habe mindestens ein Dutzend Designhotels durchgerufen, bis ich dich erwischt habe“, sagte er anstelle einer Begrüßung, um dann ohne Umschweife mit seinen Neuigkeiten über Alex Huber herauszuplatzen.
„Ruf sofort Tony Braun an“, sagte Richard, nachdem er seinen Bericht beendet hatte. „Er ist in Palma und kann dir helfen! Ruf ihn sofort an!“
Als Anna den Hörer auflegte, starrte sie regungslos gegen die leere weiße Wand in ihrem Zimmer. Die Erzählung von Richard klang zwar unglaublich, trotzdem spürte sie ein Gefühl der Angst, das
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