Töten ist ganz einfach: Thriller (German Edition)
Blatt direkt vor ihr Gesicht hielt. Sofort wusste sie, was sie erwartete: eine Collage aus Leichen. Diesmal war es die Leiche eines jungen Mädchens, dem man in den Kopf geschossen hatte, daneben lag ein zerfetztes T-Shirt mit der Aufschrift „Cosmic Dancer“. Am schlimmsten aber war der Anblick ihres eigenen Kopfes, der über dem toten Mädchen schwebte.
Mit einem erstickten Schrei ließ Tatjana Drakovic ihr Handy fallen, das sich beim Aufprall selbst aktivierte und wie zum Hohn leuchtete die SMS in der Dunkelheit.
„ Willst du wissen, was auf dem letzten Bild zu sehen ist? Finde es dort, wo die Speisen zubereitet werden, am hinteren Tor zur Hölle.“
Noch ehe Tatjana Drakovic einen klaren Gedanken fassen konnte, noch ehe sie die alles entscheidende Frage nach dem „Warum“ stellen konnte, noch ehe sie die Wahrheit über ihr Schicksal erfahren sollte, noch ehe das Grauen in ihr Denken vordringen konnte, drückte der Mann schon das knisternde Gerät auf ihre Brust. Tatjana Drakovic wurde hochgeworfen und sackte bewusstlos auf die staubigen Fliesen.
*
Ungefähr 25 Kilometer von Palma entfernt fuhr ein unauffälliger silbergrauer Kleinwagen über eine schmale, gewundene Straße Richtung Flughafen. Der Wagen war eines jener typischen Touristenautos, wie man sie überall auf der Insel mieten konnte. Alex Huber hatte den Wagen am Tag zuvor in der Garage seines modernen Hauses in Cala Pi geparkt. Eine seiner Stärken war Entscheidungsfreudigkeit, gepaart mit einer schnellen Reaktion. Noch vor Anna Langes Zimmer hatte er seinen Plan blitzschnell adaptiert und darauf verzichtet, während des Events im Palast von Igor Drakovic dessen Server so zu manipulieren, dass alle seine Spuren verwischt wurden. Das war nun leider nicht mehr möglich und deshalb hatte er die Konten von Royal International und deren Tochterfirmen via Moldawien, Tadschikistan und Belutschistan in einer Blitzaktion leergeräumt, die Transfers durch obskure Netzwerke gejagt und schließlich in einer heruntergekommenen Bank in Bahia deponiert. Dort wartete jetzt das große Geld auf Alex Huber, um ihm als Horst van Buren für den Rest seines Lebens ein sorgenfreies Dasein zu garantieren.
Für Alex Huber war das Leben genauso so simpel wie die Deals an der Börse: Kaufen oder verkaufen, dazwischen gab es nichts. Auch im Leben gab es nur zwei Optionen: Armut oder Reichtum. Alex Huber hatte sich für Reichtum entschieden.
Das Leben ist ein Spiel, dachte er. Igor Drakovic war unermesslich reich und jetzt ist er arm wie eine Kirchenmaus. Royal International war ein mächtiger Konzern, jetzt ist das Firmenkonglomerat nur noch eine wertlose Hülle, der sogar das Geld für den Bankrott fehlt. Bei diesem Gedanken musste er unwillkürlich lachen. Dieses Spiel habe ich gewonnen. Jetzt bin ich reich und brauche mich von diesem Drakovic-Clan nicht mehr herumkommandieren lassen. Ein paar Klicks mit der Maustaste haben genügt, um Igor Drakovic all seiner Macht zu berauben. Denn ohne Geld keine Macht.
Natürlich hätte er gerne noch den zentralen Server im Palast zerstört, denn so blieb immer ein Quäntchen Unsicherheit für die Zukunft bestehen. Das wäre auch mit Leichtigkeit zu schaffen gewesen, hätte ihm diese anstrengende Werbefrau nicht dazwischengefunkt. Er hatte sie unterschätzt, obwohl es jetzt ohne Bedeutung war. Wie sie sich über die gelungene Präsentation gefreut hatte, obwohl er nie wirklich an einen Börsegang gedacht hatte. Er hatte immer den Plan verfolgt, die unermesslichen Gewinne von Royal International, die aus dem illegalen Glücksspiel und dem Drogenhandel stammten, zu stehlen, denn das hieß: keine Polizei! Auf dem Tamagotchi-Stick befanden sich alle relevanten Daten, sein Notebook mit der neuen Festplatte hielt jeder Überprüfung stand.
Alex Huber reckte seinen Kopf in die Höhe, um im Rückspiegel seinen neuen Look als Horst van Buren zu begutachten. Er sah sein verändertes Gesicht mit kurzen blonden Haaren und strahlend blauen Kontaktlinsen. In der Tasche steckte ein südafrikanischer Pass mit den erforderlichen Visa. Zufrieden drückte er stärker auf das Gaspedal seines Wagens und die charakteristischen mallorquinischen Steinmauern links und rechts der schmalen Straße rasten im Licht der Scheinwerfer immer schneller vorbei. Auf einer Seite sah er nur die schwarzen Schatten der Mandelbäume, die sich kilometerweit über die Felder erstreckten, auf der gegenüberliegenden Seite passierte er gerade das lang gezogene,
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