Töten ist ganz einfach: Thriller (German Edition)
gleichzeitig erhoben und Igor Drakovic und Slobodan Petrovic durch einen breiten Gang mit Kreuzgewölbe in seinen privaten Innenhof folgten.
*
Als Ivanka Drakovic die Augen aufschlug, bemerkte sie die Gitterstäbe. Noch immer sah sie ihre Umgebung wie durch einen Nebel und ihr Verstand arbeitete nur schleppend und fragmentarisch. Langsam kehrte ihre Orientierung zurück: Sie lag auf dem Boden eines Käfigs. Über ihr hing ein geköpfter Vogel nach unten, dessen Krallen mit Kabelbindern an einer Stange fixiert waren, und noch immer tropfte Blut aus seinem Rumpf. Ihr Kopf wurde unendlich schwer, sackte zur Seite und ein schwarzer Schatten legte sich über ihre Augen.
Ihr Herz klopfte wie verrückt. Sie öffnete den Mund und hörte nur ein heiseres Röcheln. Unendlich langsam hob sie eine Hand zu ihrem Hals und spürte das hervorquellende Blut zwischen ihren Fingern. Jetzt vernahm sie auch das leise Pfeifen, als sie hektisch Luft durch die offen liegende Luftröhre saugte. Ihr Herz klopfte immer stärker und pumpte stoßweise Blut aus dem aufgeschlitzten Hals über ihren Körper.
Ich sterbe!, dachte sie. Doch wozu die ganze Panik? Ivanka Drakovic schloss die Augen und war endlich dort, wo sie im Leben gerne gewesen wäre, aber niemals war – im Glück.
*
„ Willst du wissen, was auf dem letzten Bild zu sehen ist? Finde es dort, wo die Speisen zubereitet werden, am hinteren Tor zur Hölle.“
Höhnisch blinkte die SMS-Nachricht auf dem Display ihres Handys, als sich Tatjana Drakovic durch die Menge schob, um in den Catering-Bereich zu gelangen. Soweit war die Botschaft klar, der Treffpunkt bekannt.
Immer wieder drückte sie auf die Tasten, ließ die SMS aufleuchten, las und versuchte den dahinterliegenden Sinn zu verstehen. Der pulsierende Beat verursachte ihr Herzklopfen und sie war unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. An einer Bar am Rande des Innenhofs blieb sie stehen und kotzte einfach auf den Boden, kotzte Wodka, Sushi, Tapasbrocken vor die Füße der fassungslosen Gäste. Aufgelöst und mit den Nerven am Ende wankte sie in den abgegrenzten Cateringbereich, wo sich die Großküche mit dem Lieferanteneingang befand.
In der Küche herrschte hektische Betriebsamkeit, überall standen Kochinseln aus Edelstahl wie in einem Luxushotel, auf denen gekocht wurde. Exotische Gerüche vermischten sich mit dem Aroma bodenständiger spanischer Gerichte und ihrem Angstschweiß. Niemand beachtete sie. Irrlichternd wie eine rote Flamme bahnte sie sich in ihrem verschmutzten Ballkleid den Weg durch die lärmende Betriebsamkeit. Ständig wurden von dem abgehetzten Servicepersonal die Schwingtüren aufgerissen und der treibende Sound vom Event draußen schwappte herein.
Mit beiden Händen riss Tatjana Drakovic die große Aluminium-Schiebetür auf, die ins Lager hinter der Küche führte. Die Stille, die sie plötzlich umgab, war schockierend. Kaltes Neonlicht erhellte den Raum. Sie befand sich in einer Lagerhalle mit dicken jahrhundertealten Mauern, dazwischen standen moderne Betonträger und meterhohe Regale, die mit Dosen, Kartons, Gläsern und Flaschen vollgestopft waren. Eine der Neonröhren war defekt, flackerte ständig und verstärkte ihre Nervosität.
Traumwandlerisch tastete sie sich an den Regalen entlang bis zum Lieferanteneingang. Als sie das geöffnete Rolltor erreichte, spürte sie bereits die salzige Luft, die vom Meer herüberwehte. In der Einfahrt und entlang der hinteren Mauer des Palastes parkten Last- und Lieferwagen. Ein Mann in einem schwarzen „Schröder & Gonzales“-T-Shirt stand gebeugt vor der geöffneten Heckklappe eines Lieferwagens, sonst war niemand zu sehen.
Suchend sah Tatjana Drakovic umher, das Handy hielt sie mit schweißnassen Fingern umklammert, sie war bereit, sofort den Notruf zu aktivieren. Als sie sich umdrehte, um wieder zurück in die Lagerhalle zu gehen, hörte sie schnelle Schritte hinter sich.
„Das ist das erste Tor zur Hölle!“, flüsterte eine Stimme hinter ihrem Rücken. Tatjana Drakovic wirbelte herum und der Mann in dem schwarzen „Schröder & Gonzales“-T-Shirt stand plötzlich direkt vor ihr. In der einen Hand hielt er ein knisterndes Gerät, das blaue Funken versprühte, in der anderen schwenkte er ein Blatt Papier. Der Mann war über und über mit rotbraunen Schlieren bedeckt und sah aus wie eine der Kunstfiguren, die im Innenhof ihre Performance weiter steigerten. Geschockt zuckte sie zurück, als er mit einer schnellen Bewegung das
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