Töten ist ganz einfach: Thriller (German Edition)
Custo-Tasche mit der Pistole umgehängt, den Stadtplan von Palma in der einen Hand, das Handy in der anderen, und versuchte, Anna Lange zu erreichen. Doch er kam wieder nur auf ihre Mailbox.
Die Pension, die ihm Ramon Llul empfohlen hatte, lag in einer lärmenden Straße mit Straßencafés und Boutiquen. Schwitzend schleppte er sich im Schatten der Balkone entlang auf der Suche nach der richtigen Hausnummer. Vor dem grellbunten Schaufenster eines Secondhand-Ladens blieb er stehen, er ging hinein.
Kühle Luft und entspannte Reggaemusik schwirrten durch den Raum, ein großer, dürrer Mann wiegte sich im Hintergrund zu den Klängen.
„Was kann ich für Sie tun?“, fragte er auf Spanisch mit französischem Akzent und drehte sich im Rhythmus der Musik zu Braun.
„Merde!“, zischte er, als er Braun sah. Auch bei diesem fiel sofort der Groschen.
„Jean-Christophe! Verkaufst du jetzt in Palma deine echten Designerklamotten, nachdem ich dich in Linz hochgehen ließ?“, fragte Braun ätzend.
„Alles vollkommen legal, Mann“, sagte Jean-Christophe und zwirbelte seinen weißen Ziegenbart. „Außerdem hast du toll ausgesehen in deinen Prada-Shirts.“
„Ich war echt sauer, der volle Prada-Preis für gefälschte Ware! Ich war die Lachnummer im ganzen Präsidium! Deshalb war ich wütend! Ist nichts Persönliches.“ Braun sah sich suchend in dem Laden um.
„Wo ist Grete? Kann sie noch immer so toll schneidern, besonders die Innenlabels für die Kleider?“
„Grete ist in Barcelona, die ,Bread and Butter‘-Modemesse! Wir sind dort mit einer eigenen Kollektion – French Kissing by Jean & Grete!“ Jean-Christophe hielt ihm ein abscheuliches T-Shirt unter die Nase.
„Ich brauche was Neues zum Anziehen“, meinte Braun und schob Jean-Christophe rüde zur Seite.
„Man riecht’s!“
Braun beschloss diese letzte Bemerkung zu ignorieren und verließ sich ganz auf den Geschmack von Jean-Christophe.
Als Franzose hatte Jean-Christophe natürlich ein Auge für Design und als Braun nach einer ausgiebigen Dusche sein Äußeres im Spiegel seines Pensionszimmers betrachtete, hatte er nichts daran auszusetzen.
„Verdammt, Anna, melde dich!“, schnauzte er zum wiederholten Mal die Computerstimme an, die ihr „vorübergehend nicht erreichbar“ provokant gleichgültig herunterleierte.
Während er dabei war, sein Gesicht gründlich zu rasieren, klingelte das Telefon und er stürzte mit eingeschäumten Wangen zu dem Bett.
„Anna, wo ...“
„Ich bin’s, Chef“, unterbrach ihn Dominik Gruber. „Ich habe mir die Wohnung von Alex Huber angesehen. Wie Sie gesagt haben, in meiner Freizeit, deshalb auch nur mit meinem Reisespurensicherungsset.“ Gruber lachte laut über sein gelungenes Wortspiel.
„Die Wohnung ist vollkommen leer. Nichts, nada, überhaupt gar nichts! Auch keine Fingerabdrücke, zumindest nicht oberflächlich. Ich bin erst in der Toilette fündig geworden. Da hatte sich etwas im Abfluss verklemmt. Ein Stück Metall, könnte von einer geschredderten Festplatte stammen.“
„Was heißt, könnte? Hast du es ins Labor gebracht?“, rief Braun ins Telefon und versuchte gleichzeitig den Rasierschaum vom Handy-Display zu wischen.
„Der Fall liegt beim Innenministerium! Da kann ich nicht einfach ins Labor gehen und Indizien untersuchen lassen!“ Braun war die leichte Panik in Grubers Stimme nicht entgangen, der Angst um seine Karriere hatte, deshalb lenkte er ein.
„Stimmt, da hast du Recht. Gut gemacht, Gruber. Zu niemandem ein Wort, bis wir ausreichend Beweise haben. Dann heizen wir diesen Idioten vom Innenministerium gründlich ein!“
„Wie läuft es so in Palma?“, fragte Gruber und schien wieder einigermaßen beruhigt zu sein. „Haben Sie Anna Lange davon überzeugt, die Finger von dem Fall zu lassen?“
„Das ist im Augenblick mein größtes Problem.“ Braun massierte seine Augen. „Ich weiß nicht, wo sie ist und kann sie nicht erreichen.“ „Chef, wie steht’s mit einer Handy-Peilung?“, warf Gruber ein.
„Funktioniert leider nicht! Sie hat ein Pre-Paid-Handy! Ich kann nur warten, bis sie sich meldet! Das ist eine verdammte Scheiße!“, fluchte er und seufzte: „Trotzdem, danke für deine Unterstützung, Gruber!“
Im Badezimmer betrachtete er sich erneut im Spiegel. „Du musst Anna finden, dieses Mal darfst du es nicht vermasseln“, murmelte er, legte sich auf das Bett und schlief augenblicklich ein.
27. Llucmajor: Die zehnte Nacht
Als Tony Braun seinen Mietwagen vor
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