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Titel: Toggle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Felix Weyh
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»Doc, das ist Ihr Spielfeld! Sie kennen diese Eierköpfe doch alle. Holen Sie sich, wen immer Sie brauchen. Aber machen Sie das ganz große Fass auf! Ich will –«
    Die Datenleitung nach Valley Hills brach zusammen. Connection failed vermerkte der Bildschirm weiß auf blau.
    »Hat eigentlich schon mal jemand eine Technikfolgenabschätzung für Videokonferenzen vorgenommen?«, fragte Holzwanger. »Könnte sein, dass auf diesem Gebiet einiges im Argen liegt.«
    Melissa Stockdale lächelte vielsagend. »Unvollständige Anweisungen von oben sind besser als vollständige«, entgegnete sie. »Lernt man in jedem MBA – Studium … nach der Vorlesung, wenn einem die Professoren verraten, wie’s in der Praxis wirklich läuft. Am besten sind natürlich gar keine Anweisungen von oben.«
    Sie stand auf. »Wollen wir gleich einen Plan machen?«
    Holzwanger schüttelte den Kopf: »Schluss für heute. Ich muss Joshi vom Kindergarten abholen, Olga hat Geigenunterricht, und die Zwillinge brauchen neue Fußballschuhe. Morgen beginnen die großen Ferien.« Er hielt inne, als habe er sich bei einem Fauxpas ertappt. »Aber das kannst du ja nicht wissen.«
    Seine Vorgesetzte blickte ihn mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck an.
    War es der Neid einer Kinderlosen?

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    3
   Prützke
Mittwoch, 7.   Juli, 16   :   30
    Anton Purgler hatte sich einen der herumliegenden Wälzer gegriffen, dessen Papier ihm als Verband brauchbar erschien, hatte aus ihm ein Dutzend Seiten herausgerissen und damit notdürftig die Hand versorgt. Dann hatte er den nutzlos gewordenen Buchtorso über die Blutlache auf dem Boden gestülpt und endlich die Notfallnummer gewählt.
    Der Anruf tutete ins Leere.
    Unruhig lief er in der großen Halle, die von den Maschinen und Bücherkisten kaum zu einem Drittel ausgefüllt wurde, auf und ab.
    Er würde kündigen, sofort!
    Natürlich musste er den Mercedes abstoßen, das tat weh. Andererseits hatte er ihn nur dazu gebraucht, jeden Tag aufs Land hinauszufahren, und im Kiez fand sich sowieso nur schwer ein Parkplatz für die klobige S-Klasse aus den 90ern. In Gold, so ein Wahnsinn! Was hatte er sich dabei nur gedacht? Jede Polizeistreife hielt so eine Kiste an. Der reinste Aufschrei: Hallo, hier kommt ein Zuhälter, Drogendealer und Waffenschieber!
    War wohl deswegen auch so billig gewesen. 2000 Euro, bar auf die Hand des Neuköllner Türken. Dafür bekam man sonst nur einen rostigen Fiesta.
    Plötzlich klingelte das Handy.
    Rufnummernunterdrückung.
    »Ja?«
    »Was ist passiert?«, fragte eine kratzige Stimme. Purgler erkannte sie auf Anhieb. Es war der Mann, der ihn eingestellt hatte.
    »Ich kündige«, sagte Purgler. »Sofort.«
    »Warum?«, fragte der Mann.
    »Hitze. Es ist die Hitze! Nicht auszuhalten.«
    Der Mann lachte. Es war ein unangenehmes Lachen. »Ich erhöhe: 25 Euro netto! Und einen Kühlschrank, voll mit … was trinken Sie gerne? Cola light?«
    »Bier!«, sagte Purgler rasch. »Wernesgrüner. Aber es nützt nichts. Ich kündige trotzdem.«
    »Haben Sie sich Ihren Vertrag mal genauer angesehen?«, fragte die Männerstimme mit beinahe schmeichelndem Unterton. »Den Passus acht auf Seite zwei, Kündigung vor Ablauf eines Jahres beziehungsweise Ende des Projekts? Dritter Satz: Rückzahlung aller bisher vereinnahmten Gelder?«
    Anton Purgler schluckte. »Nein, ich …«
    »Ist was passiert?«, fragte die Männerstimme, plötzlich so scharf wie ein Vollzugsbeamter. Jetzt klang sein Akzent gar nicht mehr weich.
    »N… nein!«
    »Wie weit sind Sie heute gekommen?«
    Purglers Blick fiel auf die Kisten zu seinen Füßen. Er las die Nummern ab: »42-845 ganz, 44-321 zu zwei Dritteln.«
    »Das 18.   Jahrhundert ist durch?«
    »Ja«, sagte Purgler nach kurzem Zögern.
    »Komplett?«, hakte die Stimme nach.
    »Komplett!«, bekräftige Purgler.
    »Alle Bücher?«
    »Alle Bücher.«
    Für einen Moment blieb es still im Hörer.
    »Ich bin nett«, sagte die Männerstimme dann. »Ich bleibe dabei, 25 Euro und ein Kühlschrank voller Wernesgrüner. Aber nur wenn nichts passiert ist. Sonst –«
    Die Telefonverbindung brach ab.
    Anton Purgler atmete tief durch.
    Mannomann!
    So gut hatte er noch nie verhandelt.

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    4
   Wedel
Mittwoch, 7.   Juli, 17   :   30
    Hamburger ohne Kinder wohnten in großzügigen Lofts rund um den Gänsemarkt oder in der neuen Hafencity. Stellte sich der erste Nachwuchs ein, zogen sie nach Winterhude oder Eppendorf. Mit zweiKindern wohnten sie in Eimsbüttel, Ottensen

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