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Tokio Vice

Titel: Tokio Vice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jake Adelstein
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machen. Natürlich versicherte ich, dass ich bereit war, sehr hart zu arbeiten. Als Nächstes wurde mein Wissen über die Yomiuri geprüft. Ich verwies auf die Artikel über thailändische Prostituierte, die mich sehr beeindruckt hatten. Das brachte mir bei den Tokioter Journalisten sicherlich Punkte ein.
    Abschließend hieß es, es werde noch zwei weitere Gespräche geben. Doch dann hörte ich wochenlang nichts mehr.
    Jetzt war ich nervös. Was als beinahe spielerische Herausforderung begonnen hatte, lag nun im Bereich des Möglichen. Jeden Tag ging ich früh nach Hause und wartete auf das Klingeln des Telefons. Ich las fleißig die Zeitung und studierte noch intensiver Japanisch. Mir war klar, dass ich besser werden musste, wenn ich in diesem Job bestehen wollte. Also begann ich auch fernzusehen, um mein Hörverständnis zu verbessern.
    Eines Tages hatte ich dann doch genug von der Warterei, deshalb ging ich ins Kabukicho-Kino, um mir einen schlechten Horrorstreifen anzusehen.
    Als ich danach auf dem Heimweg war, stieß ich auf einen lustig aussehenden Tarot-Wahrsageautomaten am Eingang einer Spielhalle. Vielleicht konnte es ja helfen, in dieser ungewissen Situation einen Experten zu konsultieren, dachte ich.
    Also steckte ich 100 Yen in das Gerät. Der Monitor leuchtete auf, dann erschien ein Wirbel in Grün und Rosa. Nachdem ich die
Kategorie »Jobs« und meine Wahrsagerin – Madame Tantra – gewählt hatte, gab ich meine persönlichen Daten ein. Madame Tantra, eine sympathische japanische Frau mit Schultertuch und einem roten Mal auf der Stirn wie eine Hindupriesterin, erschien in einem rauchenden Feuer auf dem Bildschirm und ließ mich Karten aussuchen. Dazu rollte ich die Maus in Form einer Kristallkugel hin und her und klickte auf die Kartenstapel auf dem virtuellen Tisch.
    Das endgültige Urteil: Schwertkönig, aufrecht.
    Erfolg.
    Schlüsselwort: Neugier
    Du eignest dich am besten als Werbetexter oder Redakteur oder für einen anderen Beruf, der mit Schreiben zu tun hat. Dafür sind literarische Fähigkeiten und in gewissem Umfang auch eine allgemeine Neugier notwendig. Da du beide Eigenschaften besitzt, kannst du sie bestimmt sinnvoll nutzen. Wenn du deine Antennen immer nach Informationen ausstreckst und deine Neugier wach hältst, ist das Schicksal auf deiner Seite.
    Ich war begeistert, der Spruch schien mir so zutreffend, dass ich den Ausdruck behielt. Von der Unterstützung des Schicksals beflügelt nahm ich den letzten Zug nach Hause und hörte sofort meinen Anrufbeantworter ab. Die Yomiuri hatte tatsächlich angerufen und mir ein zweites Gespräch angeboten.
    Beim zweiten Treffen waren drei Männer anwesend. Zwei von ihnen schienen mir wohlgesinnt zu sein, aber der dritte sah mich an, als wäre ich eine Fliege auf seinem Pausenbrot. Ich hatte den Eindruck, dass ich ein umstrittener Bewerber war. Nach einer Weile fragte mich einer von ihnen ernst:
    »Sie sind Jude, nicht wahr?«
    »Ja, auf dem Papier.«
    »Viele Leute in Japan glauben, dass die Juden die Weltwirtschaft beherrschen. Was halten Sie davon?«
    Rasch antwortete ich: »Wenn dem so wäre, wäre ich dann hier und würde mich als Zeitungsreporter bewerben? Ich weiß, was man im ersten Jahr verdient.«
    Das war offenbar die richtige Antwort, denn der Mann kicherte und zwinkerte mir zu. Weitere Fragen gab es nicht.
    Als ich aufstand, um zu gehen, hielt mich einer von ihnen auf und meinte: »Adelstein-san, es gibt nur noch eine Gesprächsrunde. Wenn Sie dazu eingeladen werden, haben Sie es fast geschafft. Wir rufen die in Frage kommenden Kandidaten am 12. Juli an – und wir rufen nur einmal an.«
    Da saß ich dann also angespannt und aufgeregt am 12. Juli 1992 in meiner kleinen Wohnung mit den Füßen im Kühlschrank und einer Hand am Telefon. Und der Anruf kam abends um 21.30 Uhr.
    »Herzlichen Glückwunsch, Adelstein-san. Sie wurden für die letzte Gesprächsrunde ausgewählt. Bitte kommen Sie am 31. Juli ins Yomiuri-Gebäude. Haben Sie noch Fragen?«
    Ich hatte keine.
    Das letzte Gespräch verlief sehr gut. Alle lächelten, und die Atmosphäre war entspannt. Schwierige Fragen gab es kaum. Nur einer der Anwesenden wollte mir eine komplizierte Frage zur japanischen
Politik stellen, doch hatte er einen so ausgeprägten Osaka-Dialekt, dass ich ihn kaum verstand. Das versuchte ich zu vertuschen, indem ich wie ein Psychiater Teile seines letzten Satzes wiederholte und dann vage anmerkte: »Ja, so kann man das Problem natürlich auch sehen.« Er

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