Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
Vom Netzwerk:
bin willens, über mein Testament zu sprechen; ich hab' es zwar vorlängst schon gemacht, doch will ich davon einige Artikel berühren, die euch, die ihr da seid, betreffen, damit ich den Trost mitnehmen kann, daß ihr alle mit der Vorsorge zufrieden seid, die ich für euch gehabt habe.
    Dir, mein Neffe Blifil, überlasse ich, als meinem Universalerben, mein sämtliches Vermögen; ausgenommen bloß fünfhundert Pfund jährlicher Renten, welche dir nach dem Ableben deiner Mutter wieder heimfallen sollen; ausgenommen ferner fünfhundert Pfund jährlicher Renten und die bare Summe von sechstausend Kapital, worüber ich folgendermaßen disponiert habe.
    Die fünfhundert Pfund jährlicher Renten habe ich dir vermacht, lieber Tom; und da ich weiß, welche Verlegenheit der Mangel an barem Gelde verursachen kann, so habe ich noch tausend Pfund gleich zahlbar hinzugefügt. Ich weiß nicht, ob du mehr oder weniger von mir erwartet hast. Vielleicht denkst du, ich habe dir zu wenig gegeben, und die Welt wird ebenso bereitwillig sein, mich zu tadeln, daß ich zuviel gethan habe; allein den Tadel der letztern achte ich nicht; und was das erste betrifft, wofern du nicht in dem gemeinen Irrtum steckst, den ich so oft habe als eine Entschuldigung für allen Mangel an thätiger Menschenliebe anführen gehört, nämlich: daß wir durch freiwillige Wohlthaten statt der Dankbarkeit nur Forderungen zu erregen pflegen, welche unter allen Erwartungen und Forderungen die grenzenlosesten und am schwersten zu befriedigen sind. – Verzeih' mir, Tom, die bloße Erwähnung dieses Gedankens! Ich will nichts Aehnliches von dir vermuten!« –
    Jones flog hin zu den Füßen seines Wohlthäters, faßte mit Inbrunst eine seiner Hände und versicherte ihm: seine, sowohl gegenwärtige, als zu allen andern Zeiten ihm erzeigte Güte habe nicht nur sein Verdienst, sondern auch sein Hoffen so unendlich weit überstiegen, daß Worte unvermögend wären, sein Gefühl der Dankbarkeit auszudrücken. »Und, teuerster Vater und Wohlthäter,« setzte er hinzu, »Ihre jetzige Großmut läßt mir keinen andern Kummer als den über die gegenwärtige melancholische Veranlassung. – O [211] mein Freund, mein Vater!« – Hier stockten ihm die Worte, und er kehrte sich weg, um eine Thräne zu verbergen, welche ihm aus den Augen quoll.
    Alwerth drückte ihm liebreich die Hand und fuhr dann fort: »Ich bin überzeugt, mein Kind, daß es dir gar nicht an gutem Herzen, an Großmut und an Redlichkeit fehlt; wenn du diesen in dir liegenden Eigenschaften nur noch Klugheit und Religion hinzufügst, so mußt du glücklich werden: denn die drei ersten, ich geb' es zu, machen dich des Glückes wert, aber nur die beiden letztern können dir es wirklich geben.
    Eintausend Pfund hab' ich Ihnen vermacht, Herr Schwöger; ich bin überzeugt, daß diese Summe bei weitem Ihre Wünsche sowohl als Ihre Bedürfnisse übersteigt. Indessen werden Sie solche als ein Andenken meiner Freundschaft annehmen; und was für Ueberfluß Ihnen auch immer zuwachsen mag, die gottesfürchtige Frömmigkeit, die Sie so streng behaupten, wird Sie lehren, solchen wohl anzuwenden.
    Eine ähnliche Summe habe ich Ihnen vermacht, Herr Quadrat; dies hoffe ich, wird Sie instandsetzen, Ihrer Wissenschaft mit besserem Glück obzuliegen, als bisher. Ich habe oft nicht ohne Kummer bemerkt, daß Dürftigkeit fähiger ist, Verachtung als Bedauren zu erregen, besonders bei Männern von Geschäften, und bei Beförderern, welche geneigt sind, dafür zu halten, Armut sei ein Zeichen des Mangels an Geschicklichkeit. Allein das Wenige, was ich vermögend gewesen bin Ihnen nachzulassen, wird Sie aus den Verlegenheiten reißen, gegen welche Sie bisher haben ringen müssen; und dann, zweifle ich nicht, werden Sie Unterstützung genug finden, um des übrigen nicht zu ermangeln, dessen ein Mann von Ihrer philosophischen Denkart benötigt sein kann.
    Ich fühle, daß ich schwächer werde; also beziehe ich mich auf mein Testament, in Ansehung des übrigen. Meine Bedienten werden darin einiges finden, wobei sie sich meiner erinnern mögen, und dann sind noch einige Vermächtnisse darin für Arme, welche, wie ich das Vertrauen habe, meine Exekutoren treulich besorgen werden. Gott segne euch alle! Ich gehe um ein kleines vor euch voraus.«
    Hier trat ein Bedienter hastig in die Stube und sagte, es wäre ein Advokat da aus Salisbury, mit einem besondern Auftrage, den er, wie er sage, an Herrn Alwerth selbst ausrichten müsse; er scheine

Weitere Kostenlose Bücher