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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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Hausvater am Ende vor sich ruft, um ihm seinen Lohn zu erteilen.
    Der edle Mann gab augenblicklich Befehl, daß alle seine Hausgenossen sich um ihn her versammeln möchten. Niemand war damals abwesend, als Madame Blifil, die sich seit einiger Zeit in London aufhielt, und Jones, von dem der Leser sich eben in Herrn Westerns Hause getrennt hat und welcher die Botschaft in eben dem Augenblicke erhielt, als ihn Sophie verlassen hatte.
    Die Nachricht von Herrn Alwerths Lebensgefahr (denn der Bote sagte ihm, er läge in den letzten Zügen) vertrieb ihm alle Gedanken an Liebe aus dem Kopfe. Er warf sich über Hals und Kopf in die Chaise, die man für ihn geschickt hatte, ermahnte den Kutscher, er solle zufahren was er könne, und auf dem ganzen Wege, glaube ich, kam ihm Sophiens Bild nicht ein einziges Mal in die Gedanken.
    Und nun, nachdem alles im Hause, nämlich der Neffe Blifil, Tom Jones, Ehrn Schwöger, Herr Quadrat und einige Bediente (denn so hatte es Herr Alwerth verlangt) um sein Bett her versammelt war, richtete sich der gute Mann in demselben auf und wollte anheben zu sprechen, als Blifil in ein Geheul verfiel und sehr laute und bittere Klaglieder anstimmte. Auf dieses faßte ihn [209] Herr Alwerth bei der Hand, schüttelte solche und sagte: »Jammere nicht so, mein lieber Neffe, über die gewöhnlichste aller menschlichen Begebenheiten. Wenn unsern Freunden Unglücksfälle zustoßen, so mögen wir uns mit Recht betrüben; denn das sind solche Zufälle, die man oft hätte vermeiden können, und sie mögen auch das Los des einen Menschen unglücklicher zu machen scheinen als das Los eines andern; der Tod aber ist sicherlich unvermeidlich, und ist das allgemeine Los, worin das Schicksal aller Menschen gleich ist; auch macht die Zeit, wo er eintrifft, den Unterschied nicht wesentlich. Da der weiseste der Menschen das Leben mit einer Spanne verglichen hat: so dürfen wir es auch wohl mit einem Tage vergleichen. Mein Los ist, daß ich es am Abend verlasse; jene aber, die früher hinweggenommen werden, haben bloß ein paar Stunden verloren, welche, wenn's die köstlichsten waren, doch des Bejammerns nicht wert, wohl aber, weit öfter, Stunden der Arbeit und Mühe, der Sorgen und des Kummers sind. Einer unter den römischen Dichtern vergleicht, so viel ich mich erinnere, unsern Hintritt aus dem Leben mit dem Abschiednehmen von einem Gastmahle. Dieser Gedanke ist mir oft eingefallen, wenn ich gesehen habe, daß Menschen darnach strebten, ein Gastmahl zu verlängern und der Gesellschaft ihrer Freunde noch einige Minuten länger zu genießen! Ach, und wie ist dennoch die weiteste Ausdehnung eines solchen Genusses so kurz! Wie unmerklich der Unterschied zwischen dem, der sich am ersten wegbegibt, und dem, der der letzte ist! Dies heißt das Leben von seiner schönen Seite betrachten, und diese Unwilligkeit, unsre Freunde zu verlassen, ist die schönste Ursache, aus welcher wir die Furcht vor dem Tode herleiten können; und doch ist das längste Freudenfest dieser Art, das wir hoffen können, von so geringer Dauer, daß es kaum der Beachtung eines weisen Mannes würdig ist. Wenige Menschen, ich gestehe es, denken also; denn freilich denken wenig Menschen an den Tod eher, als bis sie ihm im Rachen sitzen. So riesenhaft und fürchterlich der Tod ihnen bei seiner Annäherung vorkommen mag: so sind sie gleichwohl nicht vermögend, ihn in einiger Entfernung zu sehen; ja, ob sie gleich große Angst und Furcht erlitten, wenn sie sich in Gefahr zu sterben hielten: so sind sie doch nicht so bald von dieser nahen Besorgnis befreit, als auch das geringste Andenken daran aus ihrem Gemüte verschwindet. Aber, ach! wer einer Todesgefahr entrinnt, dessen Urteil ist nicht aufgehoben, sondern nur auf kurze Frist verschoben.
    Darum also, mein liebes Kind, gräme dich nicht weiter über diesen Fall. Eine Veränderung, die uns jede Stunde, durch jedes Element, fast durch jedes Teilchen der Materie, die uns umgibt, überkommen kann, und welche uns am Ende allzumal ganz unvermeidlicher [210] Weise treffen wird, treffen muß, sollte uns weder bestürzt machen, noch uns in Gram und Betrübnis versenken.
    Mein Arzt hat mir gesagt (und ich nehme es als eine wahre Gefälligkeit auf), daß ich in Gefahr stehe, euch alle in kurzem zu verlassen, deswegen wollte ich euch bei unserm Scheiden noch ein paar Worte sagen, bevor meine Krankheit, die, wie ich fühle, merklich zunimmt, mir es unmöglich macht.
    Aber ich strenge meine Kräfte zu sehr an. – Ich

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