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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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war, um sein Mütlein an mir zu kühlen.
    Aber ich habe Ihnen schon mit zu vielen kleinen Umständen Langeweile gemacht! Ich will jetzt meine Geschichte zu einem baldigen Ende bringen. Mit kurzem also, nach verschiedenen Auftritten, welche des Erzählens nicht wert sind, in welchen meine Kousine so tapfer auf meiner Seite stand, daß ihr Herr Fitz Patrick zuletzt die Thüre wies, und als er endlich fand, daß ich weder durch Güte noch Trotz zur Einwilligung zu bewegen sei, schlug er einen wirklich sehr grausamen Weg ein. Vielleicht vermuten Sie, daß er mich geschlagen habe? Bis dahin trieb er's gleichwohl wirklich niemals, obwohl er zuweilen nahe dran war. Er sperrte mich ein in mein Zimmer, ohne mir weder Feder, Tinte, Papier noch Bücher zu gestatten. Eine Magd machte mir jeden Tag mein Bett und brachte mir mein Essen.
    Als ich eine Woche in dieser Gefangenschaft zugebracht hatte, machte er mir einen Besuch und fragte mich mit der Stimme eines Schulmeisters, oder, was die meiste Zeit auf eins hinausläuft, eines Tyrannen, ob ich noch nicht nachgeben wolle. Ich antwortete mit festem Mute, daß ich eher sterben wollte. ›Nu so thu das und fahr' zum Satan dazu!‹ schrie er, ›denn aus dieser Kammer sollst du nicht lebendig wiederkommen.‹
    Hier blieb ich also noch vierzehn Tage länger, und die Wahrheit zu sagen, war meine Standhaftigkeit beinahe überwunden, und [259] ich begann schon auf Unterwerfung zu denken, als eines Tages in Abwesenheit meines Mannes, der auf eine kurze Zeit ausgegangen war, durch das größte Glück in der Welt sich ein Zufall ergab, und ich – zu einer Zeit, da ich anfing, mich der äußersten Verzweiflung zu ergeben – alles in der Welt würde zu einer solchen Zeit zu entschuldigen sein – zu eben der Zeit erhielt ich – aber ich würde eine Stunde brauchen, Ihnen alle kleinen Umstände zu erzählen – mit einem Worte also (denn ich will Ihnen mit Umständlichkeiten die Zeit nicht lang machen) Gold, der Hauptdietrich zu allen Schlössern, öffnete mir die Thüre und setzte mich in Freiheit. Ich floh in aller Eile nach Dublin, von wo ich mich unverweilt nach England übersetzen ließ, und ich war auf dem Wege nach Bath, um mich in den Schutz meiner Tante oder Ihres Vaters, oder sonst eines Verwandten zu begeben, der mir solchen angedeihen lassen wollte. Mein Mann holte mich vorige Nacht in dem Gasthofe ein, wo ich eingekehrt war, und den Sie ein paar Minuten früher verließen als ich, ich war aber glücklich genug, ihm zu entwischen und Ihnen nachzufolgen.
    Und solchergestalt, meine Beste, endigt sich meine Geschichte. Für mich ist sie gewiß tragisch genug, aber vielleicht sollte ich Ihnen vielmehr über ihre langweilige Trockenheit Entschuldigungen machen.«
    Sophie holte einen tiefen Seufzer und antwortete: »In Wahrheit, Henriette, ich bedaure Sie vom Grunde meiner Seele. – Aber was konnten Sie andres erwarten? Warum, warum mußten Sie einen Irländer heiraten?«
    »Auf mein Wort,« versetzte ihre Kousine, »Ihr Tadel ist ungerecht! Es gibt unter den Irländern ebenso würdige und ehrliebende Männer, als es unter den Engländern geben kann, sogar ist, wenn man die Wahrheit sagen will, Geistesgroßmut unter ihnen gemeiner als unter jenen. Ich habe aber noch überdem dort einige Beispiele von guten Ehemännern gesehen, und daran ist, wie ich glaube, in England eben kein Ueberfluß. Fragen Sie mich lieber, was ich bessres erwarten konnte, da ich einen einfältigen Narren heiratete, und dann will ich Ihnen eine feierliche Wahrheit sagen: ich wußte nicht, daß er einer war.« – »Kann also kein Mann,« sagte Sophie mit einer sehr gedämpften und beklommenen Stimme, »nach Ihrer Meinung ein schlechter Ehemann sein, der nicht ein einfältiger Narr ist?« – »Das,« antwortete die andre, »wäre nun wohl eine zu allgemeine Verneinung, aber ich glaube, von keinem ist es so wahrscheinlich, als von einem Narren. Unter meinen Bekannten sind die seichtesten Köpfe die schlechtesten Ehemänner, und ich will es wagen, als eine Thatsache zu behaupten, daß ein Mann [260] von Verstande sehr selten schlecht mit einer Frau umgeht, die es besser verdient.«

Achtes Kapitel.
    Ein fürchterlicher Lärm im Gasthofe, nebst der Ankunft eines unerwarteten Freundes der Madame Fitz Patrick.
     
    Sophie erzählte jetzt auf Verlangen ihrer Kousine, – nicht was folgt, sondern was in dieser Geschichte vorhergegangen ist. Deshalb wird mich der Leser, wie ich voraussetze, entschuldigen, daß ich's

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