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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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wenn einmal die Leidenschaft der Liebe bei einem rege ist – Himmel, ich habe mich so verflochten! – aber bei solchen abstrakten Betrachtungen begegnet es einem leicht, daß man die Konkatenation der Ideen verliert, wie Herr Locke es nennt. – Kurz, die Wahrheit ist – kurz, ich weiß kaum was sie ist. Aber, wie ich eben sagen wollte, mein Herr Gemahl kam wieder nach Hause, und sein Benehmen setzte mich [257] anfangs in große Verwunderung; er machte mich aber sehr bald mit seinen Beweggründen bekannt und lehrte mich, wie ich es mir erklären könnte. Mit einem Worte also, er hatte alles bare Geld, das ich ihm zugebracht, verschleudert und verspielt, und da er auf sein eignes Landgut nichts weiter geliehen bekommen konnte, so hatte er den Einfall, sich zu seinen Ausschweifungen dadurch Geld zu verschaffen, daß er ein kleines Gütchen, welches mir zugehörte, versaufte, was er aber ohne meinen ausdrücklichen Konsens nicht konnte; und diese Gefälligkeit von mir zu erhalten, war der ganze und einzige Grund von aller der Zärtlichkeit, die er mir vorspiegelte.
    Ich verweigerte ihm aber rundweg meine Einwilligung. Ich sagte ihm (und ich sagte ihm die Wahrheit): Wäre ich zur Zeit unsrer Verheiratung im Besitz von beiden Indien gewesen, so hätte ihm alles zu Befehl gestanden; denn es wäre beständig mein fester Grundsatz gewesen, daß ein Frauenzimmer demjenigen, dem sie ihr Herz übergibt, auch ihr ganzes Vermögen anvertrauen müsse; da er aber schon längst die Gewogenheit gehabt hätte, das erste mir wieder in meine Verwahrung zurückzugeben, so sei ich auch entschlossen, das wenige, was mir von dem letzten noch übrig sei, ebenfalls für mich zu behalten.
    Ich will Ihnen den Zorn nicht beschreiben, in welchen ihn diese Worte und der entschlossene Ton, mit welchem sie gesagt wurden, versetzte: ich will Sie auch nicht mit dem ganzen Auftritt behelligen, welcher drauf zwischen uns vorfiel. Sie kam heraus, wie Sie sich's gewiß einbilden können, sie kam heraus, die Geschichte mit der Mätresse; und heraus kam sie mit allen Verschönerungen von Licht und Schatten, womit nur immer Aerger und Verachtung sie ausmalen konnte.
    Herr Fitz Patrick schien hiervon ein wenig niedergedonnert zu werden und verwirrter zu sein, als ich ihn noch jemals gesehn hatte, obgleich seine Ideen verworren genug waren, das weiß der Himmel! Unterdessen gab er sich doch keine Mühe, den Vorwurf von sich abzulehnen, sondern ergriff ein Mittel, welches mich fast ebensosehr verwirrte. Und was sollte das anders sein, als die Beschuldigung umzukehren! Er stellte sich an, als ob er eifersüchtig wäre. Er mag freilich wohl, so viel ich weiß, von Natur Hang genug zur Eifersucht haben! Ja, er muß von Hause aus eifersüchtig sein, oder ich wüßte nicht, welcher Beelzebub sie ihm hätte in den Kopf setzen können: denn ich biete aller Welt Trotz, nur den geringsten Schein von Verdacht auf meinen Charakter zu werfen! Ja, die verleumderischen Zungen haben es niemals gewagt, meinen guten Namen anzutasten. Mein guter Ruf ist, dem Himmel sei Dank! beständig ebenso unbefleckt gewesen als mein Leben; und [258] das laß die Falschheit in eigner Person anklagen, wenn sie das Herz hat. Nein, meine liebste Feierlich, so sehr ich gereizt, so sehr ich mißhandelt, so sehr ich in meiner Liebe beleidigt worden bin, so hab ich doch den festen Entschluß gefaßt, in diesem Punkte niemals den geringsten Anlaß zum Tadel zu geben. – Und doch, meine Beste, gibt es Leute, die so hämisch, Zungen, die so giftig sind, daß ihnen die reinste Unschuld nicht entgehen kann. Das absichtsloseste Wort, den zufälligsten Blick, die geringste Vertraulichkeit, oder die unschuldigste Freiheit legt man falsch aus, und diese Dinge werden von gewissen Leuten, ich weiß nicht in was für einer Vergrößerung dargestellt. Aber ich verachte, meine teuerste Feierlich, ich verachte alle solche Verleumdung! Alle dergleichen Bosheit, ich versichre Sie, hat mir noch nie einen Augenblick Unruhe gemacht. Nein, nein, verlassen Sie sich darauf, über so was bin ich erhaben. – Aber wo war ich? Wart' doch, laß mich sehen! Ja, ich sagte Ihnen, mein Herr Ehegemahl war eifersüchtig; und auf wen? ich bitte Sie! – Nun, auf wen sonst, als auf den Leutnant, dessen ich vorhin erwähnt habe? Er sah sich genötigt, mehr als ein Jahr zurückzugehen, um einen Gegenstand für diese unerklärbare Leidenschaft aufzusuchen, wenn es bei ihm wirklich Leidenschaft und nicht vielmehr ein Spiegelgefecht

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