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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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Kapitän hatte, wie ein Mann von Lebensart, vor der Heirat allemal seine Meinung der Dame unterworfen, und zwar nicht auf die plumpe und grobe Art eines eigenwilligen Dummkopfs, welcher, indem er den Gründen eines Vornehmern nachgibt, sich gern merken läßt, daß er bei alledem doch recht habe; vielmehr überließ der Kapitän, ob er gleich einer der stolzesten Gesellen von der Welt war, seiner Gegnerin den Sieg so völlig, daß sie, die nicht den geringsten Zweifel an seiner Aufrichtigkeit hatte, sich allemal mit Bewunderung ihres eigenen Verstandes und mit Verliebtheit in den seinigen aus dem Dispute zog.
    Jedoch, obgleich diese Gefälligkeit gegen eine Person, welche der Kapitän durchaus verachtete, ihm nicht so schwer ankam, als wenn Hoffnung auf Beförderung eine gleiche Unterwerfung gegen einen examinierenden Generalsuperintendenten oder irgend sonst einen berühmten Gottesgelehrten nötig gemacht hätte, so kostete ihn doch diese schon so viel, um solche ohne einen Bewegungsgrund auszuhalten. Nachdem also die Heirat alle diese Bewegungsgründe gehoben hatte, ward er dieses Nachgebens müde, und fing an, die Meinungen seiner Frau mit einem solchen beleidigenden Stolze abzufertigen, den niemand, als der, welcher selbst einige Verachtung verdient, bezeigen, und nur der, welcher keine Verachtung verdient, ertragen kann.
    Als der erste Strom von Zärtlichkeit abgeflossen war, und in den ruhigen und langen Zwischenzeiten ihrer Anwandlungen, die Vernunft die Augen der Dame zu öffnen begann, und sie dann diese Aenderung im Betragen des Kapitäns gewahr ward, welcher auf alle ihre Gründe endlich nichts anders antwortete, als: Poh! pah! so war sie nichts weniger als gewillt, solche Ungezogenheiten mit zahmer Unterwürfigkeit zu ertragen. Es brachte sie wirklich im Anfang in einen solchen Zorn, daß daraus eine tragische Begebenheit hätte entstehen können, hätte ihr Verdruß nicht dadurch eine unschädlichere Wendung genommen, daß sie die völligste Verachtung für den Verstand ihres Ehemanns faßte, welches denn ihren Haß gegen ihn etwas minderte, ob sie gleich davon noch einen so ziemlichen Vorrat behielt.
    Der Haß des Kapitäns gegen sie war von reinerer Art. Denn [79] wegen eines Mangels an Wissenschaften oder an Verstand verachtete er sie ebensowenig, als deswegen, daß sie keine sechs Fuß hoch war. In seiner Meinung vom weiblichen Geschlecht trieb er die Scheelsucht noch weiter als selbst Aristoteles. Er betrachtete ein Weib als ein Tier vom häuslichen Gebrauch, von etwas mehr Vorzug als eine Katze, weil ihre Dienste von etwas größerer Wichtigkeit wären. Den Unterschied zwischen beiden aber hielt er für so gering, daß es ihm bei seiner Verheiratung mit Herrn Alwerths Gütern und Ländern so ziemlich einerlei gewesen wäre, welche von beiden er mit in den Kauf bekommen hätte. Und doch war sein Stolz so zart, daß er die Verachtung fühlte, welche jetzt seine Frau gegen ihn zu zeigen anfing, und dieses, vereint mit der Sättigung, die er schon längst vor ihrer Liebe gespürt hatte, erzeugte bei ihm einen Grad von Ekel und Abscheu, die wohl schwerlich ihresgleichen haben möchten.
    Nur eine Situation des heiligen Ehestandes ist keiner Freude fähig, und das ist die Situation der Gleichgültigkeit. Wie aber viele von meinen Lesern, wie ich hoffe, wissen, welch ein inniges Vergnügen es sei, dem geliebten Gegenstande Freude zu machen; so fürchte ich, mögen auch einige die Freude aus Erfahrung kennen, die es macht, wenn man jemand peinigen kann, den man haßt. Es geschieht in der Absicht, besorge ich, um sich diese letzte Freude zu verschaffen (wie oft geschieht), daß beide Geschlechter der Behaglichkeit im Ehestande entsagen, welcher sie außerdem genießen könnten, so angenehm ihr Gatte ihnen übrigens sein möchte. Aus dieser Ursache nimmt oft das Weib ihre Anwandelungen von Liebe, vor Eifersucht zur Hand, ja versagt sich selbst jedes Vergnügen, um die Vergnügungen ihres Mannes zu vereiteln und zu stören, und er hingegen zur Wiedervergeltung, thut sich oft selbst Gewalt an, und bleibt zu Hause in einer Gesellschaft, die ihm mißfällt, um seiner Frau den vollen Genuß dessen, was sie verabscheuet, zu gewähren. Aus dieser Ursache müssen wohl auch jene Thränen fließen, welche zuweilen eine Witwe in solchem Ueberflusse über der Asche eines Mannes vergießt, mit dem sie ihr Leben in ununterbrochenem Zank und Streit hingebracht hat, und den ferner zu quälen, sie nunmehr alle Hoffnung hat

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