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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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Betracht gezogen: aber die Bitten eines Verbrechers oder die Fürsprachen von andern, erschütterten ihn nicht im geringsten. Kurz, er verzieh niemals deswegen, weil der Verbrecher oder seine Freunde es ungerne sahen, daß er bestraft würde.
    Rebhuhn und seine Frau waren also beide genötigt, ihr Schicksal zu ertragen, welches wirklich schwer genug war: denn so weit war er davon entfernt, seinen Fleiß wegen verringerter Einnahme zu verdoppeln, daß er sich gewissermaßen der Verzweiflung überließ. Und weil er von Natur schon faul und träge war, so gewann dieser Fehler immer mehr Wachstum, und er verlor dadurch die kleine Schule, die er hatte. Solchergestalt würden weder seine Frau noch er einen Bissen Brod gehabt haben, wäre nicht die Barmherzigkeit irgend eines guten Christen ins Mittel getreten und hätte sie mit dem versorgt, was zur bloßen Unterhaltung ihres Lebens hinreichte.
    Da ihm dieser Unterhalt von unbekannter Hand gereicht wurde, so bildeten sie sich ein, und das wird, wie ich nicht zweifle, der Leser gleichfalls thun, daß Herr Alwerth ihr heimlicher Wohlthäter sei; welcher zwar öffentlich kein Laster aufmuntern mochte, jedoch heimlich das Elend, selbst lasterhafter Personen, zu lindern trachtete, wenn es zu bitter, oder, verhältnismäßig gegen ihr Verschulden, zu groß ward. In welchem Lichte die Not dieser Leute dem Glücke selbst erschien; denn dieses erbarmte sich endlich des Elendes dieses Ehepaars und erleichterte den jammervollen Zustand Rebhuhns dadurch nicht wenig, daß sie das Lebensende seiner Ehefrau verkürzte, welche bald darauf die Kinderpocken bekam und starb.
    Die Gerechtigkeit, mit welcher Herr Alwerth den Rebhuhn gerichtet hatte, fand anfangs allgemeinen Beifall: sobald aber hatte er nicht davon die Folgen empfunden, als seine Nachbarn begannen, weichherzig zu werden und seinen Zufall zu bedauern und [77] bald darauf dasjenige als Härte und Strenge zu tadeln, was sie vorher als Gerechtigkeit gepriesen hatten. Nunmehr schalten sie auf das Strafen bei kaltem Blute und sangen Loblieder auf Barmherzigkeit und Gnade.
    Dieses Geschrei ward um ein merkliches durch den Tod von Rebhuhns Frau verstärkt, welchen einige, ob sie gleich an der vorgenannten Seuche starb, welche keineswegs eine Folge von Armut oder Kummer ist, sich nicht schämten, auf die Rechnung der Strenge oder wie sie es jetzt nannten, Grausamkeit des Herrn Alwerth zu setzen.
    Rebhuhn, der nunmehr seine Frau, seine Schule und sein Jahrgeld verlor, entschloß sich, nachdem die unbekannte Person die vorhin erwähnten milden Gaben nicht weiter fortsetzte, den Schauplatz zu verändern, und verließ, zum allgemeinen Bedauern seiner Nachbarn, das Land, in welchem er Gefahr lief, zu verhungern.

Siebentes Kapitel.
    Eine kleine Skizze von derjenigen Glückseligkeit, welche kluge Eheleute aus dem Hasse erzielen können; nebst einer kleinen Schutzrede für solche Leute, welche die Fehler ihrer Freunde übersehen.
     
    Obgleich der Kapitän den armen Rebhuhn wirklich zu Grunde gerichtet hatte, so erntete er doch nicht die Früchte, welche er von seiner Mühe hoffte, nämlich den Findling aus Herrn Alwerths Hause zu bringen.
    Dieser edle Mann ward vielmehr von Tag zu Tag verliebter in seinen kleinen Tom, gerade als ob er seiner Strenge gegen den Vater durch außerordentliche Liebe und Güte zu dem Sohne, das Gegengewicht halten wollte.
    Dies verpfefferte die Gemütsart des Kapitäns nicht wenig; so wie alle die täglichen Beweise von Herrn Alwerths Freigebigkeit: denn er betrachtete alle solche milde Gaben als eine Verminderung seines eigenen Reichtums.
    Hierin war er, wie wir gesagt haben, nicht einerlei Sinnes mit seiner Gattin, so wie freilich überhaupt in keinen Dingen. Denn obgleich eine Liebe, die auf den Verstand gefallen ist, von vielen weisen Personen für viel dauerhafter geachtet wird, als eine auf Schönheit gegründete Zärtlichkeit, so zeigte sich doch hier in diesem Falle gerade das Widerspiel. Ja sogar war der Verstand für dieses Ehepaar der eigentliche Zankapfel und eine große Ursache [78] manchen Zwistes, der sich von Zeit zu Zeit unter ihnen hervorthat, und welcher zuletzt abseiten der Dame in eine herzliche Verachtung ihres Eheherrn, und abseiten des Herrn Gemahls, in völlige Verabscheuung seiner Gattin ausschlug.
    Als diese beiden ihre Talente vorzüglich aufs Forschen in der Schrift verwendet hatten, so war diese, von ihrer ersten Bekanntschaft an, der gewöhnlichste Stoff ihrer Gespräche. Der

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