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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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so 'n Volk, wissen's ja ein- vor allemal, mag ich mein Lebstag nichts zu thun hab'n. Hab' 'ch nicht ein'n von ihnen ein'n Fetzen Land abschlagen, das 'r mir vierfach bezahlen wollt' und 's gern zum Park gemacht hätt'? Und warum that ich's? Pur drum that ich's, weil ich mit 'n Hofvolke nichts zu teilen hab'n mag! Und nu sollt' 'ch ein'n davon meine Tochter geb'n, gar? Und steh' 'ch darzu nicht mit Ihn'n im Handel, Nachbar? und hab' ich wohl schon 'n mal wieder zurückgezogen, wenn 'ch einmal eing'schlag'n hab' und topp gesagt, he?«
    »Was das nun anbetrifft, lieber Herr Nachbar,« sagte Herr Alwerth, »so entbinde ich Sie völlig von Ihrer Zusage. Kein Kontrakt kann bindend sein unter zwei Parteien, die keine Vollmacht hatten als sie ihn eingingen und auch nachher niemals die Macht erhalten können, ihn zu erfüllen.«
    »Aber, 's Wetter!« antwortete Western, »'ch sage ja aber, daß 'ch d' Macht habe und 'n erfüllen will! Komm'n S'e gleich mit nach's Konsistorium, da will 'ch 'n Traubefehl holen, und so will 'ch nach Schwester gehn und 's Mädchen mit Gut'n oder mit G'walt wegnehmen, und sie soll 'n nehm'n oder 'ch will sie einsperr'n und Brot und Wasser soll s' essen solang sie lebt.«
    »Herr Nachbar,« sagte Alwerth, »darf ich Sie bitten, meine Herzensmeinung über diese Sache anzuhören?« – »Anhören! Jawohl, w'rum nicht?« antwortete er. – »Wohlan denn, mein lieber Freund,« sagte Herr Alwerth, »ich kann es mit Wahrheit sagen, ohne Ihnen oder dem Fräulein ein Kompliment zu machen, daß ich diese Verbindung, als sie in Vorschlag kam, mit freudiger Begierde aus Achtung für Sie alle beide ergriff. Eine Verwandtschaft zwischen zwei Familien, deren Güter so nahe aneinanderliegen und unter welchen von jeher eine so gute nachbarliche Einigkeit und Freundschaft obgewaltet hat, schien mir eine sehr wünschenswerte Sache zu sein, und was das Fräulein betrifft, so versicherte mich nicht nur die einstimmige Meinung aller derer, die sie kannten, sondern auch meine eignen Bemerkungen, daß sie ein unschätzbares Kleinod für einen braven Ehemann sein würde. Ich will hier nichts von ihren persönlichen Eigenschaften sagen, welche ohne Widerrede vortrefflich sind. Ihre edle Empfindsamkeit, ihre Neigung zum Wohlthun, ihre Bescheidenheit, sind zu allgemein bekannt, um einer Lobrede zu bedürfen. Aber eine Eigenschaft besitzt sie, die das beste Weib, die jetzt eine der ersten unter den seligen Engeln ist, gleichfalls in einem [219] hohen Grade besaß und die, weil sie nicht von der schimmernden Art ist, der Beobachtung gewöhnlicher Menschen entgeht, wirklich wird sie so wenig bemerkt, daß mir das eigentliche Wort fehlt, womit ich sie bezeichnen könnte. Ich muß mich mit verneinenden Ausdrücken behelfen. Ich habe aus ihrem Munde niemals etwas Vorlautes oder dergleichen, was man beißende Einfälle nennt, gehört. Kein Jagen nach Witz, viel weniger nach derjenigen Art und Weisheit, welche bloß das Resultat von großer Belesenheit und Erfahrung ist und die ein junges Frauenzimmer, das damit Aufmerksamkeit erregen will, ebenso lächerlich kleidet als Hut, Stock und Degen einen Affen; keine Machtsprüche, keine entscheidende Meinungen, keine Kunstrichterei. So oft ich sie in Gesellschaft mit Männern gesehen habe, ist sie die Aufmersamkeit selbst gewesen mit der Bescheidenheit einer Lernenden und nicht mit dem Dünkel einer Lehrerin. Sie werden mir's verzeihen, daß ich sie einst, bloß um sie auf die Probe zu stellen, um ihre Meinung über einen Punkt bat, über welchen die Herren Schwöger und Quadrat streitig waren, worauf sie mit der liebenswürdigsten Bescheidenheit antwortete, Sie werden mir verzeihen, lieber Herr Alwerth, gewiß, Sie können mich im Ernste nicht für fähig halten, über eine Frage zu entscheiden, worüber zwei solche Gelehrte uneinig sind. – Schwöger und Quadrat, welche beide sich einer günstigen Entscheidung, jeder für seine Meinung, versichert hielten, unterstützten meine Bitte. Sie antwortete mit eben der gefälligen Heiterkeit: Sie werden mich ein- für allemal entschuldigen, denn ich mag keinen von Ihnen so hart kränken, daß ich mit meinem Urteil auf seine Seite träte. – In der That zeigte sie immer die willfährigste Achtung vor dem Verstand des männlichen Geschlechts, eine Eigenschaft, die an einer guten Ehegattin durchaus wesentlich ist. Ich will nur noch hinzusetzen, daß diese willfährige Achtung ihr wahrer Ernst sein muß, weil sie so sichtbarlich von aller

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