Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)
Plutarchs folgen, eines der besten von unsern Brüder-Geschichtschreibern, und andere, welchen sie geringfügig vorkommen mögen, werden uns solche, wie wir hoffen, zum wenigsten verzeihen, da wir bei solchen Gelegenheiten niemals sehr redselig sind.
Drittes Kapitel.
Die Ankunft des Herrn Western, nebst anderen die väterliche Autorität betreffenden Dingen.
Madame Miller hatte das Zimmer kaum verlassen, als Herr Western hereintrat, obgleich erst nach einer kleinen Katzbalgerei zwischen ihm und seinen Sänftenträgern; denn die Kerle, welche ihre Ladung vor den Herkulessäulen aufgenommen, hatten sich keine Hoffnung [217] gemacht, inskünftige ferner einen guten Kunden an dem Junker zu haben; dabei waren sie durch seine Freigebigkeit noch mehr aufgemuntert. Er hatte ihnen von freien Stücken einige Groschen mehr gegeben, als ihnen nach der ordentlichen Taxe gebührte; sie forderten also ganz dreist noch einmal das Doppelte, welches den Junker so in Hitze brachte, daß er ihnen nicht nur vor der Thüre einige tüchtige Flüche an den Hals warf, sondern auch seinen Aerger noch nicht verdaut hatte, als er ins Zimmer trat; denn er schwur: alles Londoner Pack wäre ebensogut wie der Hof und dächte auf weiter nichts, als die adligen Leute vom Lande zu plündern. »Hol' mich alle Satan,« sagte er, »wenn ich nich lieber 'n d'n dicksten Regen gehn will, eh' sie mich wieder in ihre Handbahre kriegen soll'n! Sie hab'n mich auf'n Lumpenwege ärger zusammengeschüttelt, als mich der braune Blässe auf der längsten Fuchsjagd hätte schütteln können.«
Als sich sein Zorn über diese Angelegenheit ein wenig besänftigt hatte, fing er in einem ebenso heftigen Tone über eine andere wieder an. »Da,« sagte er, »da gehn hüdsche Dinge vor! Da haben die Hunde zuletzt ganz die Nase verlor'n, und da w'r meinen, wir haben's mit d'n Fuchs zu thun, hol's der Teufel! sieh da! so find't sich zuletzt, daß 's 'n Dachs ist.«
»Ich bitte Sie, lieber Herr Nachbar,« sagte Alwerth, »setzen Sie Ihre Metaphern beiseite und sprechen Sie ein wenig verständlicher für uns.« – »Nun denn,« sagte der Junker, »deutlich zu sagen, da sind w'r all diese Weile her in Furcht gewest, vor'n Hurkind von 'n Bankert, von jemand, was weiß ich's von wem? – Und da ist nun ein ander vertracktes Hurkind von Grafen, der auch wohl 'n Bankert sein mag, wenn mir's was anging, oder mich drum bekümmerte! Aber, solang ich lebe soll 'r mein' Tochter nicht kriegen, mit meiner Einwilligung nicht! Die Nation haben s' ausgezogen, aberst mich soll'n s'e nicht ausziehen, mein Land soll'n sie nicht über See und Meer nach ihren Freunden und Vettern schicken.«
»Sie setzen mich wirklich in Erstaunen, mein lieber Freund,« sagte Alwerth. – »Ja nu, der Hagel! Ich erstaune mich selbst,« antwortete Western. »Ich ging gester' abend zu mein'r Schwester, wie s' mich selbst beschieden hatte, und da geriet ich unter'n ganzen Saal voll Weibsen. Da war Ihr' Gnad'n Bellaston, und Ihr' Gnad'n Lis'beth, und Ihr' Gnad'n Kathrine, und der Teufel weiß, was all vor Gnaden mehr! Der Satan soll mich eh'r in d' Krallen kriegen, eh'r 'r mich wieder in so 'n Stall voll Betzen in Fischbeinröcken kriegt. Verdammt! lieber will ich mich von mein'n eign'n Hunden jag'n lassen, als es den alten Kerln Akton ging, wie's im Historienbuch steht, der in 'n Hasen verwandelt ward und den seine eignen Hunde verendeten und pfanalschten. Der Hagel! so arg is noch kein sterblicher Kerl vorm treiben gewesen! Wenn 'ch hier übersetzen wollt', packt' mich d' eine, wollt' 'ch 'n Satz zurückthun, schnapps! hatt' mich d' andre be'm Ohre. O, in der That, es ist die wichtigste Verbindung im ganzen Königreiche, sagt' eine Kousine« (hier bestrebte er sich, die Damen nachzuäffen). – »Ein gar sehr vorteilhaftes Anerbieten in der That, quiekt 'ne andre Kousine – [218] denn 'r müßt wissen, 's sind all's lauter Kousin'n, obschon ich s'e nicht halb in mein'm Leben gesehen habe. Gewißlich, sagte die fettwammige Pallunsche, Ihr' Gnaden von Bellaston, Herr Kousin, Sie müßten Ihren Verstand verliehen haben, wenn Sie nur dran denken könnten, ein solches Anerbieten von der Hand zu weisen.«
»Ha! ich fange an zu begreifen!« antwortete Alwerth. »Es hat jemand wegen Ihres Fräulein Tochter Heiratsvorschläge gethan, welche die Damen von Ihrer Familie genehm finden, die aber nicht nach Ihrem Sinne sind.«
»Mein'm Sinne?« sagte Western, »wie Teufel sollt's? Ich sag' ja, 's ist 'n Graf, und mit
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