Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
Vom Netzwerk:
wären. Diese Zusage vermehrte das Entzücken des armen Menschen nicht wenig, das er schon in Ansehung seines Herrn empfand.

[300] Zwölftes Kapitel.
    Nähert sich immer mehr dem Ende.
     
    Nachdem Jones völlig angezogen war, begleitete er seinen Onkel nach der Wohnung des Herrn Western. Er war wirklich eine von den schönsten Figuren, welche jemals gesehen worden, und seine Person allein würde schon den größten Teil des weiblichen Geschlechts in ihn verliebt gemacht haben; jedoch wir hoffen, es habe schon sattsam aus dieser Geschichte erhellt, daß die Natur, als sie ihn bildete, nicht, wie sie wohl zuweilen thut, sich bloßerdings auf dieses Verdienst verließ, um ihr Kunstwerk zu empfehlen.
    Sophie, welche bei all ihrem Zorne sich gleichfalls auf's vorteilhafteste angekleidet hatte (aus was für Ursachen, das lasse ich meine Leserinnen ausmachen), trat in so außerordentlicher Schönheit daher, daß selbst Alwerth, als er sie sah, sich nicht enthalten konnte, dem Junker Western leise ins Ohr zu sagen, er glaube, sie sei das schönste Geschöpf auf der Welt. Worauf Western mit einem Geflüster, das alle Gegenwärtige verstehen konnten, antwortete: »Dest' besser für Thom's; denn 'n Schelm will 'ch sein, wenn s' Thom's nicht in d' Lappen kriegen soll!« Sophie ward bei diesen Worten so rot wie Scharlach, unterdessen daß Jones im Gesicht fast ebenso blaß wurde und fast von seinem Stuhl gesunken wäre.
    Kaum war der Theetisch weggenommen, als Western den Herrn Alwerth aus dem Zimmer zerrte und ihm sagte, er habe ihm was Wichtiges zu sagen, er müsse also den Augenblick allein mit ihm sprechen, ehe er es wieder vergäße.
    Die Verliebten waren nun bei einander allein; und es wird, wie ich nicht zweifle, vielen von meinen Lesern wunderbar scheinen, daß zwei Personen, die einander soviel zu sagen hatten, als noch ihre Unterredung mit Gefahr und Schwierigkeiten verknüpft war, die so begierig schienen, einander in die Arme zu laufen, als sich noch so viele Gräben und Schlagbäume auf ihrem Wege befanden, jetzt, da sie ganz gemächliche Freiheit hatten, einander zu sagen, was sie wollten, eine ziemliche Zeit stumm und unbeweglich da saßen; dergestalt, daß ein Fremder von mäßiger Scharfsichtigkeit gar wohl hätte schließen können, sie wären einander ganz gleichgültig. Aber so war's nun einmal, so wunderbar es auch scheinen mag! Beide saßen da mit auf die Erde gewandtem Blick und beobachteten einige Minuten durch ein totes Stillschweigen.
    Während dieser Zwischenzeit strebte Jones ein-oder ein paarmal zu sprechen; aber es war ihm durchaus unmöglich. Er murmelte oder vielmehr seufzte bloß ein paar abgebrochene Worte; als Sophie endlich teils aus Mitleid mit ihm, teils um das Gespräch von dem Gegenstande abzulenken, welchen er, wie sie wohl wußte, aufzuwerfen bemüht war, sagte:
    »Gewiß, Herr Jones, Sie sind der glücklichste Mann von der Welt bei dieser Entdeckung.« – »Können Sie mich wirklich für so glücklich halten, gnädiges Fräulein,« sagte Jones mit Seufzen, »derweil ich mir Ihr Mißfallen zugezogen habe?« – »Was das [301] betrifft, Herr Jones,« sagte sie, »so wissen Sie am besten, ob Sie es verdient haben!« – »In der That, gnädiges Fräulein,« antwortete er, »Sie selbst sind ebenso gut von allen meinen Verschuldungen unterrichtet. Madame Miller hat Sie mit der ganzen Wahrheit bekannt gemacht. O, meine Sophie, soll ich niemals auf Verzeihung hoffen dürfen?« – »Ich sollte denken, Herr Jones,« sagte sie, »ich dürfte mich auf Ihre eigne Gerechtigkeit berufen und es Ihnen selbst überlassen, ein Urteil über Ihre eigene Aufführung zu sprechen!« – »Ach, gnädiges Fräulein,« antwortete er, »ich flehe Ihre Gnade an, und nicht Ihre Gerechtigkeit. Die Gerechtigkeit, ich weiß es, muß mich verurteilen – aber nicht des Briefs wegen, den ich an Frau von Bellaston gesendet habe. Von diesem haben Sie, ich beteur' es auf's feierlichste, eine getreue Nachricht erhalten.« Er legte alsdann ein großes Gewicht auf die Versicherungen, die ihm Nachtigall gegeben, daß er ihm einen gerechten Vorwand an die Hand geben wolle, abzubrechen, wenn die Dame, wider alles ihr Erwarten, seinen Antrag hätte annehmen wollen; dabei bekannte er aber, daß er sich einer großen Unvorsichtigkeit schuldig gemacht, indem er ihr einen solchen Brief in die Gewalt gegeben; »wofür ich,« sagte er, »durch die Wirkungen, die er auf Sie gethan hat, sehr teuer habe bezahlen müssen.«
    »Ich will

Weitere Kostenlose Bücher