0023 . Geheimschaltung X
Geheimschaltung X
1.
„Und wenn Sie sich auf den Kopf stellen, meine Herren!" erklärte Reginald Bull nach einer ermüdenden Diskussion. „Wir kehren nicht zur Erde zurück. Wir bleiben vielmehr auf dieser Satellitenbahn um die Venus. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?"
Die wenigen Männer im Kommandoraum nickten. Keiner von ihnen zeigte allerdings die geringste Spur von Begeisterung über den offenbar hirnverbrannten Entschluß ihres Captains. Sie fügten sich, weil Bull zu bestimmen hatte. Und jeder im Mutantenkorps wußte, daß auch scheinbar sinnlose Befehle auszuführen waren.
Bully, wie sich Reginald Bull selbst gern nennen hörte, war als vorläufiger Kommandeur von Perry Rhodans geheimem Mutantenkorps eine derart exponierte Persönlichkeit, daß er sich Fehlschläge einfach nicht leisten durfte. Und hier deutete sich ein Fehlschlag an!
„Hier stimmt etwas nicht", fuhr Bull mit gereizter Stimme fort. Dabei stieß sein gestreckter Zeigefinger mehrere Male drohend nach unten. „Wer dem Herrn der Dritten Macht dient, wer Perry Rhodan seinen Eid geschworen hat, der kann ihn nicht verlassen, wenn es ihm am schlechtesten geht! - Sie wollen zur Erde zurück. Und wie soll es danach weitergehen? Sie wissen genau, daß unser Chef so ziemlich allein dort unten im Venusdschungel steckt..."
„Okura wird bei ihm sein. Und auch Marshall und Thora", wagte der kleine, aber breit und wuchtig gebaute Mutant Wuriu Sengu einzuwerfen.
„Thora ist mit einem Schiff allein ausgerückt", schnitt ihm Bully das Wort ab. „Wenn sie überhaupt in Begleitung war, dann höchstens in der eines Roboters. Rhodan, Marshall und Okura aber folgten in einem zweiten Schiff. Seit wir wissen, daß das verrückte Positronengehirn in der Venusfestung auf Grund der von Rhodan programmierten Geheimschaltung X seine Herren und Meister plötzlich nicht mehr anerkennt und mit allen technischen Mitteln abwehrt, bin ich nicht mehr davon überzeugt, daß Perry und Thora zusammen sind. Alle Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß beide abstürzten und hilflos dem Dschungel der Venus preisgegeben sind."
„Der Chef sagte etwas davon, daß die Arkonidin Thora gut aufgehoben sei", versuchte Sengu erneut Bullys Pessimismus zu zerstreuen.
„Wenn wir es genau nehmen, sagte der Chef sehr wenig", blieb Bully hartnäckig. „Er hatte nämlich kaum Zeit, sich genauer zu erklären. Die Funkverbindung nach bereits nach zwei Minuten wieder ab, und bis zur Stunde haben wir uns vergeblich bemüht, neuen Kontakt zu erhalten. Das Gehirn in der Venusfestung hat eben nicht nur seine Fünfhundert-Kilometer-Sperre errichtet, sondern es verhindert einmal unsere Landung und zum anderen jeglichen Funkverkehr zwischen uns und den Bodenstationen. Rhodans kleine Armbandgeräte sind da von vornherein zum Scheitern verurteilt. Und ich glaube, daß auch unser schwerer Schiffssender nicht mehr nach unten durchkommt. Wenn das Positronengehirn erst einmal auf Abwehr eingestellt ist, dann führt es diese Aufgabe auch konsequent durch. Das ist Arkonidentechnik, meine Herren! Vergessen Sie das nicht!"
Der. Mutant Tanaka Seiko machte eine respektvolle Kopfbewegung nach vorn. „Wir hatten das alle schon einmal festgestellt, Sir. Jetzt geben Sie selbst zu, daß wir machtlos sind. Warum also bleiben wir auf der Satellitenbahn, wenn wir Perry Rhodan doch nicht helfen können?"
Bully machte eine Pause. Sein starrer Blick, der wegen seiner wasserblauen Augen nie so stechend wirken konnte, wie er es sich aus Autoritätsgründen oft gewünscht hatte, wanderte umher. Da standen die Besten seiner Elite. Alles ausgesuchte, positive Mutanten aus Rhodans Geheimtruppe. Männer, die ausnahmslos im ersten Friedensjahr nach dem zweiten Weltkrieg geboren waren. Männer aus der Nachbarschaft von Hiroshima und Nagasaki, wo die ersten Atombomben der menschlichen Geschichte viel Unheil angerichtet hatten. Aber die Tücke des großen geschichtlichen Ablaufs hatte auch hier für die Ausnahme gesorgt, die die Regel erst bestätigen muß. Die Hölle des ersten Atombombeneinsatzes auf Japan hatte, wie man nach Jahrzehnten feststellte, nicht nur Verderben, Tod und Siechtum gebracht. In wenigen Fällen - man muß es wohl mit der Abstammungslehre erklären - war nach den kausalen Grundlagen der Evolution zum geringen Teil eine positive Änderung der Erbanlagen erfolgt. Und aus den Kindern dieser Eltern waren parapsychisch begabte Menschen geworden. Zum Beispiel „Peiler" wie Tanaka Seiko, der
Weitere Kostenlose Bücher