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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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Unwürdigkeit, seine tiefste Dankbarkeit ausschüttete; und als er demnächst erklärt hatte, daß er unmittelbar nach einem andern Hause ziehen wollte, ging Jones wieder zu seinem Oheim.
    Unter andern Dingen erzählte nun Alwerth auch seinem Jones die Entdeckung, die er in Ansehung der fünfhundert Pfund in Banknoten gemacht hätte. »Ich habe bereits,« sagte er, »einen Rechtsgelehrten um Rat gefragt, der mir zu meinem großen Erstaunen sagt, daß auf einem diebischen Betruge dieser Art keine Strafe steht. In der That, wenn ich die schwarze Undankbarkeit dieses Kerls gegen dich erwäge, so denke ich, ein Räuber auf öffentlichen Heerstraßen sei, mit ihm verglichen, ein unschuldiger Mensch.«
    »Gütiger Himmel!« sagte Jones, »ist das möglich? – Bei dieser Nachricht stehn mir die Haare zu Berge! Ich dachte, es gäbe keinen ehrlichern Kerl in der Welt. – Die Versuchung einer solchen Summe war zu groß für ihn, um ihr zu widerstehn; denn geringere Sachen sind mir durch seine Hände richtig zugekommen. In der That, mein teuerster Onkel, Sie müssen mir's nicht ungütig nehmen, wenn ich es lieber Schwachheit als Undankbarkeit nenne; denn ich bin überzeugt, der arme Kerl hat mich lieb, und hat mir Gefälligkeiten erzeigt, die ich ihm niemals vergessen kann. Ja, ich glaube, er hat eben diese Handlung schon bereut: denn es ist noch nicht länger her als ein paar Tage, da sich meine Umstände in der verzweifeltsten Lage zu befinden schienen, als er mich in meiner Gefangenschaft besuchte und mir Geld anbot, dessen ich benötigt sein möchte. Bedenken Sie, liebster Onkel, was es für eine Versuchung sein muß, für einen Mann, der solche bittre Not geschmeckt hat, zum Besitz einer Summe zu gelangen, die ihn und seine Familie auf die Zukunft vor allen solchen Leiden sichern kann.«
    »Kind!« rief Alwerth, »du treibst deine Liebe zum Verzeihen [299] zu weit. Dergleichen übelverstandene Güte ist nicht nur Schwachheit, sondern grenzt nahe an Ungerechtigkeit, und wird der menschlichen Gesellschaft dadurch gefährlich, daß sie das Laster kühn macht. Die Untreue dieses Kerls hätte ich vielleicht noch verziehn, seine Undankbarkeit aber niemals. Und erlaube mir's dir zu sagen, wenn wir zugeben, daß irgend eine Versuchung einen Diebstahl selbst entschuldigen könne, so sind wir so gerecht und barmherzig, als wir sein sollen; und so weit, ich bekenne es, bin ich gegangen. Denn ich habe oft das Schicksal eines Straßenräubers bedauert, wenn ich als Geschworner habe über ihn urteilen müssen, und mehr als einmal habe ich bei dem Oberrichter eine Fürbitte für solche Delinquenten eingelegt, in deren Sache sich ein mildernder Umstand zeigte. Wenn aber Diebstahl noch von schwärzren Verbrechen begleitet wird, als Grausamkeit, Mord, Undankbarkeit oder dergleichen, so werden Mitleiden und Verzeihung wirkliche Fehler. Ich bin überzeugt, der Kerl ist ein gottloser Bösewicht, und er soll bestraft werden, wenigstens insoweit, als ich ihn bestrafen kann.«
    Dies ward mit einer so ernsthaft strengen Stimme gesprochen, daß es Jones nicht ratsam dünkte, etwas weiter einzuwenden; überdem rückte die von Herrn Western bestimmte Stunde so nahe heran, daß er nur noch kaum soviel Zeit hatte, sich anzukleiden. Hier endigte sich also das gegenwärtige Gespräch, und Jones begab sich in ein anders Zimmer, wo ihm Rebhuhn, der Anweisung gemäß, die Kleider in Bereitschaft hielt.
    Rebhuhn hatte seinen Herrn, nach der glücklichen Entdeckung, noch kaum gesehn. Der arme Mensch war gleich unfähig, sein Entzücken zu mäßigen oder auszudrücken. Er betrug sich wie ein Wahnwitziger, und machte beim Ankleiden des Herrn Jones ebenso manches Versehen, als ich wohl ehedem vom Harlekin gesehen habe, wenn er sich selbst auf dem Theater ankleiden wollte.
    Sein Gedächtnis war indessen nicht im geringsten mangelhaft. Er erinnerte sich jetzt mancher Ahnungen und Vorbedeutungen von dieser glücklichen Begebenheit, deren er einige schon damals angemerkt hatte, vieler andern aber sich jetzt erst erinnerte. Er vergaß auch der Träume nicht, die er die Nacht vorher geträumt hatte, ehe er mit Jones zusammenkam, und schloß damit, daß er sagte: »Ich hab's Ew. Gnaden wohl immer gesagt, was mir mein Sinn zutrüge, daß es noch einstmals in Ihrer Gewalt stehen würde, mein Glück zu machen.« Jones versicherte ihm, seine Ahnungen sollten in Ansehung seiner selbst ebenso richtig zutreffen, wie alle übrigen Vorbedeutungen bis hieher schon eingetroffen

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