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Tom Sawyers Abenteuer und Streiche

Titel: Tom Sawyers Abenteuer und Streiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Twain
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hüt dich!«
    Damit endete die eingebildete Züchtigung sehr zur Zufriedenheit Toms.
    In der Mittagspause flüchtete sich Tom nach Hause, Er konnte Annys Glückseligkeit nicht mehr mit ansehen und die Qualen der Eifersucht nicht länger ertragen, Becky hatte sich von neuem an das Bilderbesehen mit Alfred gemacht, als aber Minute auf Minute verrann und kein Tom sich zeigte, um sich ärgern zu lassen, da verringerte sich ihr Triumph und es lag ihr nichts mehr an der Sache. Erst wurde sie ernst und zerstreut, dann tief niedergeschlagen. Zwei- oder dreimal spitzte sie die Ohren, als sich ein Schritt näherte, jedesmal aber war's vergebliches Hoffen. Zuletzt wurde ihr ganz erbärmlich zumute und sie wünschte innigst, es nicht so weit getrieben zu haben. Der arme Alfred, welcher sah, daß sie sich ihm unmerklich entzog, munterte sie fort und fort auf: »Sieh mal, hier ist was Schönes, sich doch nur her«, bis ihr zuletzt die Geduld ausging und sie mit dem unwilligen Rufe: »Was liegt mir dran, laß mich in Ruhe«, in Tränen ausbrach und davonrannte.
    Alfred hielt sich ritterlich an ihrer Seite und versuchte sie zu trösten. Sie aber schleuderte ihm entgegen:
    »Laß mich in Frieden; ich kann dich nicht ausstehen!«
    So blieb denn der Junge zurück und sann hin und her, was er ihr wohl getan haben könne, denn vorher hatte sie ihm doch versprochen, während der ganzen Mittagspause Bilder mit ihm anzusehen. Sie aber rannte weiter, immerzu weinend. Alfred schlich sich nachdenklich in das einsame Schulzimmer zurück; er war sehr gedemütigt und ärgerlich, denn jetzt ging ihm ein Licht auf, daß das Mädel ihn nur benutzt habe, um ihren Ärger an Tom Sawyer auszulassen. Diese Überzeugung trug nicht dazu bei, ihm Tom lieber zu machen. Er sehnte sich nach einer Gelegenheit, diesem etwas einzubrocken, natürlich ohne sich selber bloßzustellen. Da fiel ihm Toms Lesebuch ins Auge und ein Gedanke schoß ihm plötzlich durch den Kopf. Er schlug das Buch an der Stelle auf, die sie am Nachmittag brauchen würden, und goß Tinte drüber. Becky, die im selben Moment hinter ihm zum Fenster hereinlugte, sah alles mit an, verriet sich aber nicht. Sie wandte sich heimwärts in der Absicht, Tom aufzusuchen und ihm alles zu erzählen, dann würden sie schnell wieder gut Freund sein. Ehe sie aber halbwegs zu Hause war, hatte sie sich anders besonnen. Der Gedanke daran, wie Tom sie behandelt, als sie von ihrem Picknick gesprochen, überfiel sie plötzlich wieder mit glühender Beschämung. Sie beschloß, ihm seine Prügel für das verschmierte Buch zu gönnen und ihn obendrein von Herzen zu hassen und zu verabscheuen für immer und ewig.
     

     

18. Tante verzeiht.
    Tom kam sehr verdrießlich zu Hause an, und die ersten Worte, mit denen ihn seine Tante begrüßte, zeigten ihm, daß hier nicht viel Trost für seinen Kummer zu holen sein werde.
    »Tom, ich möchte dir wahrhaftig das Fell über die Ohren ziehen.«
    »Ei, Tante, was hab ich denn getan?«
    »Meiner Treu! Fragt der Bursch auch noch! Geh ich da hin zu der Harpern, der alten Einfaltspinselin, will ihr von deinem Traum erzählen und ihr beweisen, daß Träume gar kein Unsinn sind, und seh mir einer, lacht sie mir grad ins Gesicht und sagt, sie hab's aus dem Joe herausgekriegt, daß du hier gewesen seist und alles selber gesehen und gehört habest an dem Abend. Ich denk, mich rührt der Schlag! Tom, was soll denn aus 'nem Jungen werden, der so was tun kann? Ich könnt mir meine letzten paar grauen Haare ausreißen, wenn ich dran denk, daß du mich hast hingehen lassen zu der Harpern, um mich lächerlich zu machen, ohne auch nur ein Wort zu verlieren.«
    Das zeigte Tom die Sache allerdings in einem anderen Lichte. Seine Pfiffigkeit vom Morgen war ihm wie ein guter Scherz erschienen, wie ein Geniestreich sogar. Jetzt kam ihm sein Verhalten erbärmlich und gemein vor. Er hing den Kopf, kein Wort der Entschuldigung wollte ihm einfallen. Endlich stammelte er:
    »Tantchen, ich wollt, ich hätt's nicht getan – ich hab aber wirklich nicht so dran gedacht.«
    »Ach, Kind, du denkst ja nie. Denkst nie an die anderen, immer nur an dich und dein Vergnügen. Daran hast du wohl gedacht, den ganzen Weg von der Jacksoninsel hierher zu machen, nur um über uns und unseren Jammer zu lachen. Und daran hast du auch gedacht, deine alte Tante mit dem verlogenen Traum zum Narren zu machen, daran aber denkst du nicht, wie du uns Spott und Schande und Kummer ersparen kannst.«
    »Tantchen, jetzt weiß

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