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Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders

Titel: Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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den Stoff …
    Ob gestreckt oder nicht, zumindest wirkte das Zeug. Es unterdrückte die Stimme. Die Stimme in ihrem Kopf – die wesentlich vornehmer und attraktiver war als die, die aus ihrem Mund kam – war mit jeder Line leiser geworden. Die Stimme, die ihr sagte, sie sei bescheuert, ihr Plan sei krank, sie riskiere ihr Leben. Mit jedem Hit wurde sie ein paar Dezibel runtergedreht.
    Da waren noch andere Stimmen, die sie hörte, die sie brauchte . Hollands Stimme, die ihr erklärte, sie könne ihren Job nicht mehr erledigen. Die Stimme ihrer Mutter. Die Stimme, die sie nie gehört hatte, die sie sich aber vorstellte, wenn sie die E-Mails las. Das waren die Stimmen, die sie im Moment nicht wegdrehen wollte. Die sie bald ein für allemal zum Verstummen bringen würde.
    Eine Woge der Wut schwappte über sie hinweg bei der Vorstellung, wie alle anderen die Anerkennung für das einheimsten, was sie zu tun vorhatte. Wie sie ihre Initiative lobten und sich im Ruhm sonnten. Scheiß drauf. Sie stellte sich vor, wie Holland zu ihr zurückkam, seine langweilige Freundin sitzen ließ und mit ihr von vorne begann …
    Sie ging zum Tisch. Die leere Wodkaflasche. Das leere Heftchen.
    Scheiße, Scheiße, Scheiße …
    Sie riss das Lotterielos auseinander, presste es auf den Tisch und leckte es ab. Sie kniete sich auf den Boden und begann, mit dem Finger die Flecken auf dem Teppich abzutupfen, sich gleichermaßen Koks, Dreck und Hautflusen ins Zahnfleisch zu reiben.
    Verdammt noch mal, wie viel von dem Zeug war echt? Der Mistkerl musste es zur Hälfte gestreckt haben …
    Sie zündete sich eine Zigarette an und schlüpfte in ihre Jacke.
    Ihr blieb nicht viel Zeit. Da war noch eine wesentliche Information, die sie brauchte. Mit der er in seinen kryptischen kurzen Mails nicht rausgerückt war. Die ganze Woche über war er sich so verdammt clever vorgekommen, doch er hatte keine Ahnung, wie gut sie war. Keiner von ihnen ahnte es. Sie war ihnen allen einen Schritt voraus, ständig. Und sie war ihm einen Schritt voraus.
    Sie schickte eine E-Mail, und als nicht sofort eine Antwort kam, schickte sie noch eine, teilte ihm mit, sie müsse weg. Teilte ihm mit, wie er Kontakt mit ihr aufnehmen konnte. Das war das Einzige, was sie tun konnte, außer hier zu sitzen und bis mittags zu warten, wenn er normalerweise online war. Sie hielt es keine Sekunde mehr aus.
    Sie packte ihre Tasche und schloss, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass sie nicht überwacht wurde, die Tür hinter sich. Sie zitterte, als sie in die Kälte hinaustrat.
    McEvoy lief hastig den schmutzigen Bürgersteig entlang und bemühte sich sehr, auf keine Ritzen zu steigen.
     
    »Wie lief’s?«
    Holland hatte am Empfang auf Thorne gewartet und mit einem alten Kumpel, der dort arbeitete, alte Geschichten durchgekaut. Er winkte ihm zum Abschied, als er mit Thorne auf die Straße hinaustrat, um die zehn Minuten zum Becke House zu laufen.
    Das bisschen Sonne hatte nicht die Kraft, die dicke Wolkendecke zu durchbrechen. Der Himmel war bleiern. Ein, zwei Autos hatten bereits das Licht an.
    Es war kurz nach drei Uhr.
    »Wie war’s wirklich?«
    »Ich hatte anscheinend Glück«, erklärte Thorne. »Zwei Interne mit einem Sinn für Humor.«
    Holland schmunzelte. Interne. Man bekam nichts mit von der Arbeit dieser Schweine. »Was fanden sie denn komisch …?«
    Es hatte nicht gut angefangen.
    Detective Chief Inspector Collins (klein und übergewichtig) und Detective Inspector Manning (groß und übergewichtig) sahen nicht aus, als ob sie gerne lachten. Beide hatten diesen seltsamen Gesichtsausdruck aufgesetzt – eine Mischung aus Langeweile und tiefster Abneigung –, den Thorne nur von den Gesichtern der Männer kannte, die auf der Oxford Street vor Schildern wie GOLF SALE standen.
    Manning hatte in seinen Akten geblättert, während Collins sich über den Schreibtisch beugte und die Rechtsbelehrung ablieferte. Sie begann und endete mit mehr oder weniger der gleichen Formulierung, die Thorne gegenüber Martin Palmer verwendet hatte. In der Mitte hatten sie detailliert die grobe Vernachlässigung seiner Pflichten vorgetragen – die es Palmer ermöglicht hatte zu fliehen. In langsamem und ernstem Tonfall. Diese Beamten machten ihren Job weitaus besser als Thorne …
    »Könnten Sie bitte noch einige schwerwiegende Vorfälle in die Akte aufnehmen«, hatte Thorne gesagt. »Vorfälle, bei denen ich gegen meine Pflichten verstieß.«
    Manning hatte Collins einen Blick aus dem

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