Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders
eine Loyalität gegenüber Dave Holland hinausging – und ein leichtes Unwohlsein, was Sarah McEvoy betraf. Nichts, worauf er den Finger legen könnte, nur ein vager Verdacht, den er nicht laut auszusprechen gedachte.
»Wie dem auch sei«, erklärte Brigstocke, »wenn Holland Nein sagt …«
»Genau.«
»Hallo … Ihr bester Freund kommt.«
Thorne sah zu, wie Steve Norman in die Einsatzzentrale kam, eine schmale Ledertasche über die Schulter geschlungen. Er begrüßte das Team wie alte Freunde und hob die Hand, um höflich einen angebotenen Drink abzulehnen.
»Was macht der hier? Hat er kein eigenes Büro?«
»Ich denke, er gehört zu den Leuten, die sich gern einem Team zugehörig fühlen, verstehen Sie?«
»Oh, Scheiße …«
Norman kam auf ihr Büro zu. Es gab keine Möglichkeit, sich zu verstecken.
»Hi, Jungs. Komme nur vorbei, um wegen gestern Abend zu gratulieren. Mehr Arbeit für mich … aber so ist das Leben, nehm ich an. Okay … ich seh euch sicher mittags auf ein schnelles Bier, aber jetzt muss ich weg. Gibt viel zu tun heute …«
Er patschte auf die Schultertasche, während er sich umdrehte. Thorne sah, dass ein Laptop darin steckte. Norman gehörte offensichtlich zu den Typen, die anderen gern unter die Nase reiben, wie wichtig sie sind. Wie un glaublich beschäftigt.
»Wichser«, murmelte Thorne, als Norman die Tür hinter sich zuzog.
»Ich glaube, Detective Chief Inspector Lickwood sagte, er wolle später vorbeischauen, nur um Hallo zu sagen und sich einen auf Kosten unseres Teams zu genehmigen.« Brigstocke grinste, als er Thornes Gesicht sah. »Dachte mir, dass Sie sich darüber freuen.«
»Also keine Chance, heute einen Mörder zu fangen?«
»Kommen Sie schon, Tom. Hier gibt’s heute den ganzen Tag ein Kommen und Gehen, und gestern Abend hatten wir schließlich einen Volltreffer. Den ersten seit langem.«
Woran Thorne nicht erinnert werden musste.
»Business as usual, natürlich«, fuhr Brigstocke fort. »Aber zur Abwechslung mal mit ’ner guten Stimmung. Einer positiven Atmosphäre. Können Sie sich nicht mehr daran erinnern, wie das war, am letzten Tag vor den großen Ferien?«
Thorne wusste, was Brigstocke meinte. Dennoch fand er es irgendwie nicht richtig. Muffig ging er zur Tür hinaus .
»Ich hol mal die Partyhütchen …«
Dann erwischte ihn der Schreibtisch.
Thorne fluchte laut und trat gegen die Ecke des Grauens – der zusammengeknüllte Papierschutz, mit dem er sie entschärft hatte, war längst verschwunden. Als er sich den Oberschenkel rieb, beschloss er, sich, während alle anderen den letzten Tag vor den großen Ferien feierten, mit etwas Nützlichem zu beschäftigen. Über sämtliche Köpfe hinweg brüllte er:
»So, bringt mir eine Säge …«
Ein paar Stammkunden saßen am Tresen und kümmerten sich um ihre Bierchen und ihre Wehwehchen, jammerten dem Wirt was vor und warfen böse Blicke um sich, doch der Rest des Lokals war fest in der Hand von Serious Crime. Hundert oder mehr Polizisten und andere Mitarbeiter drängelten sich in dem Pub. Obwohl es offiziell nur eine kurze Mittagsfeier war, war Thorne sich – so, wie der Vormittag gelaufen war – ziemlich sicher, dass am Nachmittag nicht mehr allzu viel gearbeitet würde.
»Lust auf was zu trinken, Großer?«
Thorne zuckte tatsächlich leicht zusammen. Trotz des Lärms und des Gewühls war er einen Augenblick lang weggedriftet und hatte über die verschiedenen Generationen links und rechts von sich nachgedacht. Grüne Jungs und alte Kämpen …
»Nur du stehst mit deinem Glas seit zwanzig Minuten hier«, sagte Hendricks. »Und wärst lieber woanders.«
»Sieht man mir das so an?«
»Ich wollte gerade sagen, du hast ein Gesicht wie ein zusammengekniffener Arsch, aber wenn ich’s mir genau betrachte, trifft es zusammengetretener Arsch besser.«
Thorne hob sein Glas, nippte daran und deutete dann damit über den Raum, ohne jemand Bestimmten zu meinen. »Ist doch ein begnadeter Schwachsinn, oder?«
Hendricks schüttelte den Kopf und lehnte sich an den Tresen. »Find ich nicht, Kumpel. Wir müssen uns alle mal etwas entspannen, und der Haufen hier hat das noch nötiger als der Rest. Und du bist da keine Ausnahme …«
»Ein Bulle mit einem Bier in der Hand entspricht nicht meiner Vorstellung von gelungener Freizeitgestaltung. Mann, es ist schon schwer genug, mit den Typen zu arbeiten.“
»Lässt dich wohl nicht zu einem netten Klatsch unter Kollegen breitschlagen?«
Das entlockte Thorne
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