Tony Mendez 01 - Schwärzer als der Tod
werden soll«, gestand Jane. »Sie hat schon so viel durchmachen müssen, bevor sie ins Center kam.«
»Sie will leben«, sagte Vince. »Sonst wäre sie nicht aufgewacht. Sie wird einen Weg finden, damit fertig zu werden, und Sie werden einen Weg finden, ihr dabei zu helfen.«
Sie sah mit einem Blick zu ihm hoch, als hätte er tatsächlich eine Antwort für sie, und in ihren grünen Augen glitzerten Tränen. »Warum muss es so schwer sein?«
»Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass es meine Aufgabe ist, dabei zu helfen, das Schwein zu finden, das ihr das angetan hat. Würden Sie mir dabei helfen?«
Jane Thomas half ihm, die Schnittwunden zu skizzieren, die Karly Vickers’ Entführer ihr zugefügt hatte, und Vince verließ sie mit dem Versprechen, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um einen Irren seiner gerechten Strafe zuzuführen.
Als er das Zimmer verließ und von der Intensivstation wegging, stellte er sich dieselbe Frage, die sie ihm gestellt hatte: Warum muss es so schwer sein?
73
Anne musste sich ein Lächeln verkneifen, als sie Tommy sah, der vor der Pizzeria auf sie wartete. Er hatte sich offensichtlich für sie in Schale geworfen: eine hübsche graue Hose, dazu ein weißes Hemd und ein dunkelblauer Pullover unter der offenen Dodgers-Jacke. Es fehlte nur noch die Krawatte, dann hätte er ausgesehen wie die Miniaturausgabe eines Collegestudenten. Das Einzige, was den Gesamteindruck ein wenig beeinträchtigte, war das blaue Auge, das er Dennis Farman zu verdanken hatte.
»Du siehst sehr schick aus, Tommy.«
»Danke. Sie auch, Miss Navarre«, sagte er ungeheuer ernst.
»Danke.«
»Bitte.«
Dann wusste er nicht mehr, was er sagen sollte. Er seufzte und versuchte, nicht herumzuzappeln.
Anne sah seinen Vater an, gut aussehend und selbstsicher, den Mund zu einem freundlichen Lächeln verzogen. »Dr. Crane, vielen Dank, dass Sie dieses Treffen ermöglicht haben.«
»Keine Ursache«, sagte er. »Ich weiß Ihre Bemühungen, die Sache richtigzustellen, zu schätzen. Wollen wir nicht hineingehen? Dem Pizzageruch ist nur schwer zu widerstehen.«
Sie betraten die Pizzeria und suchten sich einen Ecktisch. Heute, am Samstagabend, war es rappelvoll - Collegestudenten, Familien, Cliquen von Jugendlichen. In einem abgetrennten Bereich im hinteren Teil des Restaurants blinkten Videospiele. Tommy sah sich mit großen Augen um.
»Oft waren wir noch nicht hier, was, Tommy?«, sagte Peter Crane.
Tommy schüttelte den Kopf.
»Tommys Mutter achtet sehr auf eine vernünftige Ernährung«, erklärte Crane. »Immer nur gesundes Essen.«
»Als Zahnarzt teilen Sie diese Einstellung doch sicher«, sagte Anne.
»Ach, ich glaube, eine Pizza hin und wieder kann nicht schaden. Tommy und ich gönnen uns von Zeit zu Zeit heimlich unvernünftiges Essen, nicht wahr, Sportsfreund?«
Tommy nickte stumm.
»Was magst du auf deiner Pizza, Tommy?«
»Käse.«
»Ich auch. Was ist mit Peperoni?«
Ein schüchternes Lächeln erschien um seinen Mund, als er erneut nickte.
»Und was ist mit Rosenkohl?«
»Nein!«, rief er und schüttelte so heftig den Kopf, dass sein ganzer Körper wackelte.
Anne lachte. »Gut. Also kein Rosenkohl.«
Eine Kellnerin nahm ihre Bestellung für Pizza ohne Rosenkohl auf. Als sie weg war, sah Anne Tommy über den Tisch hinweg an und wurde wieder ernst.
»Tommy, nach der Begegnung mit deiner Mom gestern
Abend wollte ich sichergehen, dass du nichts falsch verstanden hast«, begann sie. »Du solltest nicht denken, dein Vater könnte mit dem, was passiert ist, irgendetwas zu tun haben, und auch nicht, dass ich das denke, weil ich dir diese Fragen gestellt habe. Verstehst du das?«
»Ich glaube schon«, sagte er in einem Ton, der nicht besonders überzeugend klang.
»Du weißt, dass die Detectives jede Mengen Fragen stellen müssen, wenn sie ein Verbrechen untersuchen«, fuhr Anne fort. »Sie stellen vielen Leuten Fragen. Das heißt nicht unbedingt, dass sie glauben, jeder, mit dem sie sprechen, könnte der Schuldige sein. Die Fragen stellen sie, um herausfinden, wo die Leute waren, als das Verbrechen begangen wurde. Sie wollen auch wissen, wer das Verbrechen nicht begangen haben kann, nicht nur, wer es begangen haben könnte.
Detective Leone hat mich gebeten herauszufinden, ob dein Dad an diesem Abend zu Hause war. Und du hast mir gesagt, dass er das war. Das war alles, was sie wissen wollten.«
Tommy runzelte die Stirn. »Aber warum haben sie nicht einfach meinen Dad gefragt?«
»Sie haben
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