Tony Mendez 01 - Schwärzer als der Tod
ihre Kommode durchwühlten, ihre Kleider, ihre Unterwäsche, ihre Erinnerungstücke.
Daran dachte er stets, wenn er die Wohnungen von Opfern oder Tätern durchsuchte. Ein bisschen Respekt zu zeigen war das Mindeste, was er tun konnte.
Hicks schlug die Bettdecke zurück und zog die Jalousien herunter. Mendez schaltete das Licht aus und suchte die Bettwäsche mit einer Schwarzlichtlampe nach Körperflüssigkeiten ab - insbesondere Sperma. Nichts.
»Sie trifft sich nicht mit jemandem«, sagte Jane Thomas. »Sie war in den letzten Monaten vollauf damit beschäftigt, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen.«
»Ist sie immer so ordentlich?«, fragte Hicks.
»Sie war es jedenfalls, solange sie im Frauenhaus war. Sie weiß die Chance, die man ihr gegeben hat, zu schätzen.«
»Wissen Sie, ob sie irgendwelche engen Freundinnen hat?«, erkundigte sich Mendez. »Eine der anderen Frauen im Thomas Center? Jemand, dem sie es anvertraut hätte, wenn sie sich für jemanden interessiert hätte oder von jemandem belästigt worden wäre?«
»Vielleicht Brandy Henson. Ich habe sie häufig zusammen gesehen.«
Deshalb war er einverstanden gewesen, dass Jane Thomas hierherkam. Sie kannte Karly Vickers, wusste Bescheid über ihr Leben, über ihre Freunde. Wenn hier irgendetwas nicht stimmte, würde es ihr mit ziemlicher Sicherheit auffallen.
Leider fiel ihr nichts auf, während sie das Haus durchsuchten. Mendez öffnete die Eingangstür und winkte die Leute von der Spurensicherung herein.
»Sie suchen nach Fingerabdrücken«, erklärte er Jane Thomas, während er ihr die Hintertür aufhielt. »Danach wird hier alles mit einer feinen Staubschicht bedeckt sein. Aber auf diese Weise erfahren wir, ob noch jemand im Haus war. Und falls die Abdrücke mit denen eines bekannten Straftäters übereinstimmen, wissen wir, in welcher Richtung wir weitermachen müssen.«
Es würde natürlich Monate dauern, bevor feststand, ob eine Übereinstimmung vorlag, aber das sagte er lieber nicht. Der Abgleich von Fingerabdrücken glich der Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen und hing ganz und gar von dem geschulten Auge eines Experten ab. Eines Tages würde man diese Suche automatisieren und sämtliche
Fingerabdrücke in einer leicht zugänglichen Datenbank erfassen. Aber die Fingerabdrücke, die sie heute fanden, würden von keinem großen Nutzen sein, solange es keinen Verdächtigen gab, mit dessen Abdrücken man sie vergleichen konnte. Nicht gerade eine vielversprechende Situation für Karly Vickers, falls sie tatsächlich entführt worden war.
»Tun Sie alles, was erforderlich ist.«
»Wir hätten gern eine Auflistung ihrer Telefonate. Läuft der Anschluss auf ihren Namen?«
»Nein. Der Anschluss läuft auf das Thomas Center mit einer Nebenstellennummer. Das ist bei allen unseren Einrichtungen so. Die Telefonnummern sind nirgendwo verzeichnet.« Angesichts der Ironie seufzte sie und blickte in die Ferne, als könnte Karly Vickers plötzlich am Ende der Straße auftauchen. »Wir treffen alle Vorkehrungen, um den Frauen größtmögliche Sicherheit zu bieten. Die Rechnungen sind an das Thomas Center adressiert und werden dort abgelegt. Aber Karly ist gerade erst hier eingezogen. Wir haben noch keine Rechnung bekommen.«
»Wir werden uns die Auflistung von der Telefongesellschaft geben lassen.«
»Was ist mit Suchtrupps?«, fragte sie. »Warum sind keine Suchtrupps unterwegs, um sie zu finden?«
»Das müssen Sie Sheriff Dixon fragen, Ma’am«, sagte Mendez.
Er war froh, dass er dieser Frage ausweichen konnte, obwohl er die Antwort kannte. Dixon hatte keine Suche in die Wege geleitet, weil sie nicht wussten, wo sie anfangen sollten. Sie hatten keine Ahnung, wo Karly Vickers zuletzt gewesen war, wohin sie gegangen oder verschleppt worden war. Da es immer noch keine Spur von ihrem Auto gab, mussten sie nach wie vor in Betracht ziehen, dass Karly Vickers aus freien Stücken verschwunden war, mochte Jane Thomas
denken, was sie wollte. Möglicherweise war sie von ihrem Exfreund bedroht worden, in Panik geraten und geflüchtet.
»Wenn sie die zwölfjährige Tochter von irgendeinem Professor wäre, wäre inzwischen die Nationalgarde aufmarschiert«, sagte Jane Thomas aufgebracht.
»Ich weiß, dass heute Vormittag ein Hubschrauber losgeschickt wird«, sagte Mendez. »Sie suchen nach ihrem Auto und nach dem von Lisa Warwick.«
Sie würden auch nach einer Leiche suchen, aber das erwähnte er nicht.
»Bis heute Abend wird in jeder Zeitung
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