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Tony Mendez 01 - Schwärzer als der Tod

Tony Mendez 01 - Schwärzer als der Tod

Titel: Tony Mendez 01 - Schwärzer als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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nichts angestellt hatte.
    Aber Miss Navarre kannte Dennis nicht. Sie wusste nicht,
worüber Dennis die ganze Zeit redete, zum Beispiel, was er Schlimmes mit den Mädchen anstellen würde. Und sie wusste auch nicht, dass Dennis manchmal ohne jeden Grund wütend wurde und auf ihn einschlug. Wenn Miss Navarre solche Sachen von Dennis wüsste, dann würde sie sich auch fürchten, glaubte Cody. Und schlafen könnte sie dann wahrscheinlich auch nicht mehr.
     
    Dennis wollte nicht schlafen. Er wollte wütend sein. Er wollte jemanden schlagen und treten. Miss Navarre fiel ihm ein. Blöde Kuh. Es war allein ihre Schuld, dass sein Vater ihn mit dem Gürtel verdroschen hatte. Wenn sie sich nur um ihren eigenen Kram gekümmert hätte, aber nein, sie musste ja zu ihnen nach Hause kommen und seinen Eltern erzählen, dass er nicht in der Schule gewesen war.
    Sein Rücken und sein Hintern brannten immer noch an den Stellen, wo sein Vater ihn geschlagen hatte. Deswegen lag er auch auf dem Bauch. Jetzt richtete er sich auf den Knien auf, die Wut raste wie ein wildes Tier in ihm. Er wusste nicht, was er damit anstellen sollte, und fing an, sein Kopfkissen mit den Fäusten zu bearbeiten.
    Er stellte sich vor, das Kopfkissen wäre Miss Navarres Gesicht und er würde so lange darauf einschlagen, bis es nur noch ein blutiger Klumpen war.
    Blöde Kuh. Dumme Fotze.
    Die Wut kochte immer weiter in ihm hoch, und er schlug so lange auf das Kissen ein, bis seine Arme wehtaten und ihm die Tränen übers Gesicht liefen.
    Er würde es ihnen allen noch zeigen. Niemand würde ihn herumschubsen und ihn ärgern oder ihm sagen, dass er zu nichts nutze sei. Er würde derjenige sein, vor dem die anderen kuschten. Sie würden alle Angst vor ihm haben.
    Dennis schlüpfte aus dem Bett, legte sich auf den Boden
und streckte die Arme so weit wie möglich unter das Bettgestell, bis er zu fassen bekam, was er suchte. Die Taschenlampe, die er im Baumarkt geklaut hatte. Im Schein der Taschenlampe ging er zu seinem Schrank und wühlte in dem Haufen schmutziger Wäsche, bis er die Zigarrenschachtel fand, die er dort versteckte.
    Er war stolz darauf, dass er damit durchgekommen war. Niemand hatte gesehen, wie er das Ding genommen hatte. Niemand hatte Verdacht geschöpft, dass er es in seine Tasche gesteckt haben könnte. Überall Cops, und keiner hatte ihn erwischt.
    Er nahm die Kiste mit zum Fenster und legte sie auf den Stuhl. Die Taschenlampe in der einen Hand, öffnete er den Deckel und sah hinein.
    In der Zigarrenkiste bewahrte er seine wertvollsten Schätze auf: sein Taschenmesser, die Zigaretten, die er seiner Mutter geklaut hatte, ein Feuerzeug, den eingetrockneten Kopf einer Klapperschlange, die ein Gärtner erschlagen hatte, und sein neuestes, wertvollstes Stück.
    Das Ding war irgendwie glibberig und hatte angefangen zu riechen, aber das machte es nur noch krasser, toll. Genauso würde die Leiche jetzt riechen, wenn sie sie nicht ausgebuddelt hätten. Allein der Gedanke daran versetzte ihn in Erregung.
    Mit einem Lächeln nahm er den Schatz behutsam aus seiner Schachtel und hielt ihn ins Licht.
    Es war der abgetrennte Finger einer toten Frau.

22
    Donnerstag, 10. Oktober 1985
1 Uhr 37 nachts
     
    Um Karly Vickers herum war völlige Dunkelheit und völlige Stille, nichts als Schmerz und Schrecken.
    Die meisten Menschen würden nie erfahren, was Schrecken tatsächlich bedeutete. Kein Adjektiv konnte ihn beschreiben. Es war wie das gleißendste, grellste Licht und der durchdringendste, höchste Ton, die beide vereint das Gehirn und das Nervensystem überfielen. Und selbst diese Beschreibung war nur unvollständig.
    Sie hatte fast keine Erinnerung an die Entführung. Da war ein kurzer Moment der Erkenntnis, aber keine Erinnerung an ein Gesicht - die Panik war wie eine Bombe in ihr explodiert, dann nichts mehr. Was danach kam, war zugleich surreal und allzu real. Das Einzige, was sie begriff, war der Schmerz.
    Nichts verriet ihr, wann der Schmerz kommen würde oder woher. Sie hatte jedes Zeitgefühl verloren, keine Vorstellung mehr von Tag und Nacht. Sie wusste oft nicht einmal mehr, wo oben und wo unten war. Manchmal hatte sie das Gefühl, sie würde fallen, bis sie erschreckt feststellte, dass sie flach auf dem Rücken lag. Sie sah nichts. Sie hörte nichts. Sie konnte ihren Mund nicht aufmachen, um zu sprechen.
    Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie schon hier war oder wo sie sich befand. Es war kalt. Sie lag auf etwas Hartem. Sie hatte keinen Hunger, dazu

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