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Tony Mendez 02 - Eine verräterische Spur

Tony Mendez 02 - Eine verräterische Spur

Titel: Tony Mendez 02 - Eine verräterische Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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mit Bruce Bordain? Habt ihr mit ihm auch gesprochen?«
    »Er ist nicht in der Stadt«, sagte Hicks. »Er ist gestern Abend nach Santa Barbara geflogen.«
    »Interessante Familiendynamik«, stellte Vince fest.
    »Dem Sohn zufolge gehen Bruce und die gnädige Frau getrennte Wege. Sie befinden sich kaum jemals zur selben Zeit im selben Haus.«
    Was zumindest zum Teil erklären würde, warum Milo Bordain sich an andere Menschen klammerte, dachte Vince. Sie war einsam. So einfach war das. Wenn sie es schaffte, Haley zu behalten, würde das die Lücke füllen, die Marissa hinterlassen hatte, welche wiederum die durch einen unaufmerksamen Ehemann entstandene Lücke gefüllt hatte.
    »Sie war eine richtige Schönheit, was?«, sagte Vince, den Blick auf das Foto gerichtet.
    Vor Leben sprühend , war der Begriff, der sich einem unwillkürlich aufdrängte. Mit ihrem unbekümmerten Lächeln und den funkelnden, dunklen Augen strahlte sie etwas aus, das sie lebendiger erscheinen ließ als alle anderen auf dem Foto.
    Seltsam, dachte Vince. Eigentlich sollten sie sich um Gina Kemmer kümmern. Sie war diejenige, die vermisst wurde. Ihre Situation war dringlicher. Dennoch waren sie alle wie gebannt von Marissa. Sie war in dieser Freundschaft zweifellos die Dominierende gewesen.
    Gina war hübsch, aber auf eine stillere Art. Blond und hellhäutig, verblasste sie neben ihrer Freundin – auch was ihre Ausstrahlung betraf. Er war der lebenden Marissa nie begegnet, aber selbst jetzt noch, nach ihrem Tod, spürte er ihre starke Persönlichkeit. Etwas, das Gina fehlte. Sie war die Schüchterne gewesen, die im Schatten ihrer Freundin stand.
    Mendez hatte unterdessen einen Blick in den Mülleimer geworfen. Er griff hinein und zog eine Grillzange heraus und das Polaroidfoto von Marissa Fordham, erstochen, mit aufgeschlitzter Kehle, die toten Augen halb geöffnet.
    Er hielt es neben den fröhlichen Schnappschuss.
    »Sie war eine Schönheit«, sagte er.
    Jetzt nicht mehr.
    Sie konnten nur hoffen, dass ihre Freundin nicht das gleiche Schicksal ereilt hatte.

42
    Ich bin tot .
    Aber wenn sie tot wäre, könnte sie das dann noch denken?
    Gina lag eine Weile in der Dunkelheit, ohne eine Antwort darauf zu finden. Sie konnte ihren Körper nicht spüren. Es war, als hätte ihre Seele ihn verlassen, als wäre er nicht länger von Nutzen für sie.
    So definierte man tot doch, oder? Der Körper starb, und die Seele lebte weiter. Wenn man an die Seele glaubte, dann schloss das den Glauben an ein Leben nach dem Tod ein. Himmel und Hölle.
    War sie in der Hölle?
    Sollte sie dort sein?
    Sie war kein schlechter Mensch. Sie hatte nichts Schlechtes getan. Aber sie hatte auch nichts dagegen unternommen, dass jemand anders etwas Schlechtes tat.
    Vielleicht bedeutete das, dass sie im Fegefeuer war.
    Die durchgedrehte Tante Celia hatte den Kindern immer erzählt, im Limbus wimmele es von toten Babys. Sie hatte bisher keine toten Babys gesehen. Sie hatte überhaupt nichts gesehen außer Schwärze.
    Sie ließ sich noch eine Weile treiben. Tot zu sein hatte etwas Friedliches.
    Dann – ganz langsam zuerst – begann etwas durch die friedvolle Stille in ihrem Inneren zu dringen. Ihr Verstand kam nicht gleich darauf, was es war. Ein Geräusch? Ein Gefühl?
    Schmerz?
    SCHMERZ .
    Oh Gott, was für ein Schmerz!
    Gina kam keuchend zu sich, wie ein Schwimmer, der aus den Tiefen des Wassers wieder an die Oberfläche schießt. Ihre Augen öffneten sich. Ihr Mund öffnete sich. Ihr ganzer Körper spannte sich an, als sie sich aus der Schwärze befreite, die sie eingehüllt und geschützt hatte. Sie schnappte nach Luft, einmal, zweimal, ein drittes Mal. Jeder Atemzug schmerzte mehr als der vorherige.
    Sie begriff rasch, dass sie nur ganz flach atmen durfte, aber sie atmete immer noch zu schnell, und sie versank wieder in Dunkelheit. Gut, dachte sie. Tot sein war besser.
    Aber sie war nicht tot, und sie starb auch nicht. Am Rande des Bewusstseins war sie in der Lage, ihre Atmung zu regulieren. Gina lag da und versuchte, den Schmerz in etwas einzubinden, das sie begreifen konnte. Waren ihre Knochen gebrochen? Waren ihre inneren Organe verletzt? Was war mit ihr geschehen? Wo war sie?
    Sie war an einem Ort, an dem sie noch nie zuvor gewesen war.
    Von oben drangen vereinzelte Sonnenstrahlen zu ihr herunter, durchbohrten die Dunkelheit wie Laserstrahlen. Die Mauer vor ihr schien mit mehreren Schichten Schmutz und Ruß bedeckt zu sein. Durch einen Riss wuchs die dicke Wurzel

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