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Tore der Zeit: Roman (German Edition)

Tore der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Tore der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Nicolai
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genoss es sichtlich, sie darin zappeln zu sehen.
    »Und du bist eine Hexe.«
    »Ich bin …« Auf der Leinwand konnte Ravenna sehen, wie ihr die Röte den Hals hinaufkroch. Vadym grinste sie an. Er atmete vollkommen gleichmäßig und starrte ihr dauernd in den Ausschnitt. Irgendeine Art von magischer Gabe besaß er ganz bestimmt, sonst säße er wohl kaum in diesem Studio.
    »Ja, ich bin eine Hexe«, erklärte Ravenna. »Ich wurde im Konvent der Sieben ausgebildet und bin ein anerkanntes Mitglied des Zirkels. Ich weiß alles über weiße Magie.«
    »Schön für dich«, sagte Beliar, und Ravenna hätte sich am liebsten geohrfeigt. Wie konnte sie so dumm sein und zugeben, dass sie sich nur mit der Hälfte der Hexenkunst auskannte? Von schwarzer Magie hatte sie keine Ahnung. Andererseits – Beliar wusste ganz genau, wie weit ihre Fähigkeiten reichten. Er hatte ihre Gabe am eigenen Leib zu spüren bekommen.
    Seine Schuhspitze wippte unter dem Umhang, eine Angewohnheit, mit der er sie schon früher in den Wahnsinn getrieben hatte. »Du wirst heute noch genügend Gelegenheit bekommen, dein Können unter Beweis zu stellen. Lasst uns zunächst über die Regeln des WizzQuizz sprechen.«
    Jeder Zuschauer kannte diese Regeln. Dennoch trug sie der Showmaster zu Beginn jeder Sendung noch einmal vor.
    »Den beiden Kandidaten werden in drei Blöcken jeweils drei Fragen gestellt, die sich auf Magie und Zauberei beziehen. Falls Ravenna schon in den ersten beiden Blöcken versagt, fliegt sie sofort aus der Show. Ansonsten entscheidet der letzte Block über den Sieg der ersten Runde. Vadym dagegen kann nicht vorzeitig rausfliegen – er ist der Herausforderer und spielt so lange weiter, bis er auch den dritten Teil des Quiz für sich entschieden hat.«
    Fröhliches Grölen. Die Zuschauer trampelten mit den Füßen. Offensichtlich wollte man sie gegen Vadym verlieren sehen. Wer war sie denn schon? Ein Niemand, ein unbekanntes Gesicht aus der Provinz. Dass sie eine Hexe war, beeindruckte hier keinen, denn auf den Rängen saßen sicher Dutzende Personen mit einer Gabe.
    Beliar senkte den Kopf. Sein ausgestreckter Arm zitterte über dem Bildschirm. Ravenna musterte ihn verstohlen und versuchte abzuschätzen, wie gefährlich er ihr werden konnte. Er wirkte verändert. Kälter. Unberechenbarer. Offenbar musste er sich nicht mehr verstellen, wie es früher der Fall gewesen war. Auf seiner Stirn war eine dünne Linie zu sehen, die sie zunächst für eine Hautfalte gehalten hatte. Schweiß glänzte darin, und sie erkannte, dass es eine umgedrehte Vier war. Eine Narbe, die sie ihm zugefügt hatte. Sie schluckte.
    Beliar warf den Kopf in den Nacken. Die Kameras fingen seine Züge ein. Nur die Augen hinter den violett getönten Brillengläsern blieben unergründlich. Unter seiner Handfläche glühte ein grelles Licht auf. »Und da sind sie schon, die ersten drei Fragen!«, verkündete er, als hätte ihm das Medium die Aufgaben soeben telepathisch übermittelt.
    Die Kameras schwenkten durch den Saal. Der Ausschnitt, den sie zeigten, wirkte ziemlich realistisch. Eine mittelalterliche Spielhölle. Ein Hexenkessel. Wenn man sie geschickt ausleuchtete, sahen die Styropor-Mauern tatsächlich wuchtig und modrig aus. Die künstlichen Spinnweben in den Ecken wirkten, als hingen sie schon eine Ewigkeit dort.
    Eine Kamera glitt auch über Lucian, sodass Ravenna ihn in Großaufnahme sehen konnte. Er saß nach vorne gebeugt, beide Ellenbogen auf die Knie gestützt. Er umklammerte die rechte Faust, ließ Beliar nicht aus den Augen und kochte offensichtlich vor Wut.
    Hoffentlich kommt er nicht auf dumme Gedanken, durchzuckte es sie. Schließlich sollte Lucian gar nicht hier sein. Er sollte überhaupt nirgends sein – nicht in dieser Zeit.
    Wieder ertönten die Fanfaren. Hastig setzte sie sich auf dem Hocker zurecht und schaute auf den Touchscreen. Das Licht wurde gedimmt. Ein Trommelwirbel ertönte, und dann las Beliar die erste Frage vor.
    »Ein Pentagramm ist a) ein Apothekermaß, b) ein Fünfsternehotel, c) eine Geisteskrankheit oder d) ein Fünfzackstern.«
    Okay, total einfach. Ravenna drückte auf den Knopf des Buzzers. Die Lichtblitze galten wieder ihr. »Ein Pentagramm nennt man auch Fünfzackstern«, sagte sie, ohne Beliars Frage abzuwarten. »Es ist ein Stern mit fünf Spitzen. Ein Hexensymbol, das, je nachdem ob die fünfte Zacke nach oben oder nach unten zeigt, für weiße oder schwarze Magie steht.«
    Beliar lachte wie ein Kind. Vadym schlug die

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