Tore in der Wüste
füllen Sie bitte die Formulare aus. Ich werde die Einheit warmlaufen lassen und Sie dann vorsichtshalber betäuben.“
Und so geschah es auch.
Später, als sie wieder gingen – ich hatte alle Formulare unterzeichnet, Nadler hatte seine Brille wieder aufgesetzt, und Ragma war in sein Kostüm geschlüpft –, wandte Ragma sich noch einmal um und sagte zu mir: „Ganz nebenbei, nun, da wir so etwas wie eine Einigung erzielen konnten – wollen Sie mir nicht sagen, warum Sie sich umkehren ließen?“
Ich wollte es ihm sagen. Es schien zwecklos, ihm etwas zu verheimlichen, nun, da wir im selben Boot saßen, um es einmal so auszudrücken. Ich konnte ihm durchaus behilflich sein.
Ich öffnete den Mund. Aber die Worte kamen mir nicht korrekt über die Lippen. Ich verspürte eine Trockenheit in der Kehle, meine Zunge wurde dick und pelzig, ich spürte, wie sich meine Gesichtsmuskeln zu einem Lächeln zusammenzogen, und ich sagte: „Darauf würde ich gerne etwas später zu sprechen kommen, ja? Sagen wir morgen oder übermorgen?“
„Einverstanden“, sagte er. „Ist auch nicht so wichtig. Wir können ja zu gegebenem Zeitpunkt die Umwandlung wieder rückgängig machen. Ruhen Sie sich jetzt aus, essen Sie tüchtig, und sehen Sie zu, daß Sie wieder gesund werden. Mister Nadler wird im Laufe dieser Woche noch einmal zu Ihnen kommen. Guten Tag.“
„Auf bald.“
„Ich lasse von mir hören“, sagte Nadler.
Sie schlossen die Tür hinter sich. Ich war mir sicher, daß ich noch nicht die ganze Geschichte kannte. Aber sie auch nicht. Ich war zwar bereit gewesen, mich ihnen rückhaltlos anzuvertrauen, aber mein Körper hatte mir einen Streich gespielt. Das erschreckte mich auch ein wenig, da es mich an mein Erlebnis im Bus erinnerte. Ich sah noch immer das sorgenvolle Gesicht des alten Mannes vor mir, der mich gefragte hatte, ob es mir gutgehe. War mir eben ein vergleichbares Ereignis widerfahren, eine bizarre Posse meines Nervensystems? Ein Effekt der Umkehr? Dieser Gedanke gefiel mir überhaupt nicht. Auch meine sämtlichen Erfahrungen und Studien über das Wesen der Menschen waren mir nun keine Hilfe mehr.
President Eliot, wir haben Probleme.
10
Während die reben- oder kabelähnlichen Tentakel, die mich an Hüfte und Schulter umklammert hielten, mich hoch in die Luft hoben, wo mir, wenn ich den Kopf drehte, ein Blick auf den massiven Unterbau des Dinges gewährt wurde, bis hinunter, wo es aus einem Schleimtümpel im Zentrum des Raumes auftauchte, dachte ich nach, gleichzeitig klappten die enormen Kiefer der Venusfliegenfalle auseinander, ihr rötliches Inneres enthüllend, ich überlegte, daß man mir, obwohl die meisten Unfälle auf Achtlosigkeit beruhen, dieses Mal ganz bestimmt keinen Vorwurf machen konnte. Seit meiner Entlassung aus dem Krankenhaus war ich ein redlicher Angestellter des Innenministeriums gewesen, ich war ganz in meiner Arbeit aufgegangen.
Als das Ding einen Moment zögerte, wahrscheinlich, um über die beste Disposition der Alkaloide nachzudenken, die die Verdauung meines Körpers freisetzen würde, schossen mir die Erinnerungen an die letzten paar Tage durch den Kopf. Viele waren es nicht, denn es war noch nicht lange her, seit ich dem Tod zum letzten Mal ins Antlitz hatte schauen müssen.
Ich weiß nicht mehr genau, ob ich von diesem dummen Lächeln oder einfach nur von morbider Neugier geleitet wurde, als ich meine nächsten Handlungen plante. Dr. Drade wollte mich zur weiteren Beobachtung im Hospital behalten, obwohl er sich doch mit eigenen Augen von der Heilung meiner Brustwunde überzeugen konnte. Trotzdem konnte ich mich seiner Obhut entziehen; ungefähr fünf Stunden nachdem Nadler und Ragma gegangen waren, verabschiedete ich mich. Hal holte mich ab und fuhr mich nach Hause.
Ich lehnte eine Einladung von Hal und Mary zum Essen ab und ging an diesem Abend früh zu Bett, aber erst, nachdem ich Ginny angerufen hatte, die nun ängstlich bemüht schien, genau dort wieder an unser Zusammenleben anzuknüpfen, wo wir in meinen Tagen als Student stehengeblieben waren. Wir verabredeten uns für den kommenden Nachmittag, und nach einer kurzen Tour über die Dächer der Nachbarhäuser legte ich mich schlafen.
Ob mein Schlaf ungestört verlief? Nein, keinesfalls. Ich lag lange wach, döste hin und wieder einmal ein, während mich düstere Gedanken heimsuchten. Ich wog meine Situation ab und machte mir Sorgen über meine Zukunft, entschlummerte wieder kurz, von Alpträumen geplagt,
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