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Tore in der Wüste

Tore in der Wüste

Titel: Tore in der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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bis ich schließlich dankbar zur Kenntnis nahm, daß es bereits sechs Uhr in der Frühe war.
    Danach schlief ich noch einmal längere Zeit relativ ruhig. Ich erwachte und wußte auch sofort, was ich zu tun hatte. Ich machte mich sofort daran, mein Vorhaben in die Tat umzusetzen, damit es nicht wieder wie eine Zwangshandlung wirkte. Nach einer gewissen Zeit kam ich zu der Auffassung, daß man es wirklich nicht als solche bezeichnen konnte. Wahrscheinlich würde jeder gern Näheres über den Ort erfahren wollen, wo er um ein Haar sein Ende gefunden hätte.
    Es war ein kühler, klarer Morgen, der den Geruch nach Frost mit sich brachte. Während ich seewärts fuhr, dachte ich an meinen neuen Job, an Ginny und an das Lächeln. Der Job trug viel dazu bei, meine augenblicklichen Schwierigkeiten aus der Welt zu schaffen. Nadler hatte mir sein Wort gegeben; je mehr ich darüber nachdachte, desto ruhiger wurde ich. Wenn man schon arbeiten muß, dann ist es ganz gut, wenn man eine interessante Aufgabe hat, eine, die einem ein klein wenig Spaß macht. Sämtliche Rassen dort draußen, von denen wir noch so gut wie überhaupt nichts wußten … ich hatte die Gelegenheit bekommen, das Unbekannte auszuloten, das Exotische zu erforschen, und konnte dabei noch etwas zum gegenseitigen Verständnis beitragen.
    Plötzlich merkte ich, wie ich mich auf meine Arbeit freute. Ich wollte sie haben. Ich gab mich keinen Illusionen darüber hin, warum ich eingestellt worden war, aber nun, da ich den Fuß zwischen Tür und Angel hatte, wollte ich auch den letzten Schritt noch tun und wirklich arbeiten. Es kam mir vor, als hätte ich mich die ganze Zeit über nur auf außerirdische Anthropologie (Xenologie, wie man es wohl richtiger nennen müßte) vorbereitet. Ich kicherte. Augenblicklich freute ich mich nur, aber ich hatte das dumpfe Gefühl, daß ich mit dieser Arbeit auch glücklich werden könnte.
    Da ich mich inzwischen etwas mehr an meinen inversen Zustand gewöhnt hatte, fand ich es nicht mehr besonders schwer, ein Steroisoauto zu fahren. Ich kam bei jedem Stop-Schild vorschriftsmäßig zum Halten, und als ich die Stadtgrenze erst einmal hinter mir gelassen hatte, hatte ich überhaupt keine Probleme mehr mit dem Verkehr. Das einzige, was mir seit meiner Inversion wirklich Schwierigkeiten machte, war das Rasieren. Mein traumatisiertes Nervensystem hatte auf das umgekehrte Spiegelbild meines umgekehrten Gesichtes mit zittrigen Fingern reagiert, die wiederum zu diversen blutenden Schnitten geführt hatten. Daher griff ich zum Elektrorasierer. Damit war es zwar immer noch ein ganz spezielles Erlebnis, aber wenigstens war die Verletzungsgefahr geringer, was meinem Gesicht sehr zugute kam.
    Während ich dem Spiegelglas meine Grimassen schnitt und mir selbst zulächelte, hatte ich mich an ein einziges Fragment aus meinen nächtlichen Träumen erinnert. Da war dieses Lächeln. Wessen Lächeln? Ich habe keine Ahnung. Es war einfach ein Lächeln, etwas oberhalb der Linie, wo die Dinge anfangen, einen Sinn zu haben. Es ging mir nicht mehr aus dem Kopf; zwar wurde es manchmal in den Hintergrund gedrängt, aber es kehrte mit regelmäßiger Stetigkeit wieder zurück.
    Während ich der Route folgte, die ich erst vor kurzem mit Hal zusammen gefahren war, versuchte ich, mir meine eigenen Gedanken darüber zu machen, da Doktor Marko gerade nicht zur Verfügung stand.
    Aber etwas anderes als die „Mona Lisa“ fiel mir nicht ein. In psychoanalytischen Begriffen gedacht, gefiel mir das überhaupt nicht. Ich wußte, dieses Bild war im Tausch gegen die Rhenniusmaschine hergegeben worden. Da konnte ein andeutungsweiser Zusammenhang bestehen – zumindest in meinem Unterbewußtsein –, oder ich hatte ganz einfach Halluzinationen, hervorgerufen durch Koinzidenz und Imagination. Bei so etwas konnte ein Dali, ein Ernst oder ein Da Vinci schon einmal ins Spiel kommen.
    Kopfschüttelnd konzentrierte ich mich wieder auf den Weg. Der Morgen war bereits verstrichen, als ich an die Seitenstraße kam und abbog.
    Ich parkte den Wagen dort, wo wir auch beim ersten Mal gestanden hatten, und folgte dem Trampelpfad zur Hütte. Ich beobachtete sie einige Zeit im Verborgenen, konnte aber kein Anzeichen von Leben ausmachen. Ragma hatte mir angeraten, Situationen zu meiden, bei denen es Arger geben konnte, aber das hier schien keine solche zu sein.
    Ich näherte mich der Hütte von hinten, bis ich vor dem rückwärtigen Fenster stand, durch das Paul eingetreten sein mußte. Ja.

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