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Torso

Torso

Titel: Torso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Fleischhauer
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erzählen. Ich konnte unmöglich für die Straftaten meines Bruders geradestehen. Außerdem wurde er mir wirklich unheimlich. Er hatte eine absurde Idee, die ich unter dem Eindruck von Lorenzettis Wandgemälde auf der Rückfahrt von Siena leichtfertig geäußert hatte, tatsächlich realisiert. Was man eben manchmal so dahersagt …«
    »Ihr Bruder hat Sie beim Wort genommen.«
    Zollanger nickte. »Nicht nur mich. Das war ja das Verrückte an ihm. Georg nahm die ganze Welt beim Wort.«
    Eine Weile sprach keiner der beiden. Der Heizofen rauschte.
    »Als ich Staatsanwalt Frieser am Tatort aufsuchte«, fuhr Zollanger schließlich fort, »musste ich aber feststellen, dass ich offenbar nicht der Einzige war, der ein Geheimnis mit sich herumtrug. Frieser verhielt sich sonderbar. Auf Torso Nummer drei waren Haare von einer anderen Person gefunden worden. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt wie gesagt noch nichts von Inga Zietens Entführung. Aber Frieser muss darüber informiert gewesen sein, denn er verlangte plötzlich eine Haarprobe und verschwand sofort damit. Warum tat er das? Die einzig plausible Erklärung war, dass er einen Verdacht hatte, von wem die Haare stammten. Aber warum hielt er diese Information vor uns zurück? Ich blieb bei meinem Vorsatz, ihn aufzuklären. Aber sein Verhalten irritierte mich. Ich wollte erst verstehen, was Frieser umtrieb, bevor ich ihm reinen Wein einschenkte. Und je länger ich nachdachte, desto klarer wurde mir nur eines: Georgs Aktion hatte wirklich einen Nerv getroffen. Der Apparat reagierte. Tastend. Unsicher. Irgendjemand war offenbar sehr nervös geworden. Anders war Friesers Verhalten nicht zu erklären. Er sammelte Spuren. Aber für wen?«
    »Und bevor Sie zu einem Schluss kamen, stand der Killer in Ihrer Wohnung.«
    »Ja. Und dafür gibt es eben nur eine Erklärung: Zieten muss Zugriff auf die Ermittlungen gehabt haben. Was dann geschah, wissen Sie ja. Unsere Flucht. Mein Versuch, Sie zu bewegen, Berlin zu verlassen. Ich musste Georg finden, ihn stoppen. Schon deshalb konnte ich mich nicht lange mit Ihnen aufhalten. Ich hatte nicht viel Zeit. Frieser würde mich innerhalb der nächsten Stunden zur Fahndung ausschreiben. Ich musste Georg erreichen und irgendeine Lösung für diese verfahrene Situation finden. Und wie bedroht Sie selbst waren, haben Sie ja gesehen.«
    Elin nickte. »Ja. Ich habe diese Leute völlig unterschätzt.«
    »Nicht nur Sie. Wenn Sie nicht zufällig in meiner Wohnung gewesen wären …« Er stockte. Dann zuckte er mit den Schultern. »Na ja, die Sache wäre dann wohl sehr schnell zu Ende gewesen. Und wie ernst es denen war, haben Sie selbst erlebt. Die blieben an Ihnen dran, um mich zu finden. Und diese Rechnung ist ja auch fast aufgegangen.«
    Seine Augen bekamen plötzlich einen furchtsamen Ausdruck.
    »Sind Sie eigentlich sicher, dass Ihnen niemand gefolgt ist, Elin?«
    »Hierher?«, fragte sie. »Wer hätte mir da schon folgen können?«
    Zollanger griff erneut nach dem Glas Wasser und trank es leer. Wieder beruhigt fuhr er fort: »Georg und ich waren am Ostbahnhof, als Ihre Nachricht kam. Wir saßen im Wagen und redeten, stritten eigentlich. Wir hatten keinen klaren Plan. Wie sollten wir zu Ihnen durchkommen? Georg kam auf die Idee, sein Motorrad zu nehmen, mit dem er zwischen Müllrose und Berlin gependelt war, und in der Nähe der Sozialstation einen Polizeiwagen zu rammen. Das taten wir auch. Der Streifenwagen verfolgte uns, konnte uns aber natürlich nicht einholen. Ich sprang vor dem Wohnblock ab, Georg fuhr ein Stück weiter, stellte das Motorrad irgendwohin und kam von der anderen Seite. Fast wäre er dem Killer da schon in die Arme gelaufen. Aber er schlich an ihm vorbei. Wir trafen uns im Heizungskeller und machten uns auf die Suche nach Ihnen. Den Rest der Geschichte kennen Sie. Ich fand Sie, nahm Ihnen die Schleuder ab und versteckte mich in einer der Mauernischen. Georg lauerte weiter hinten. Der Plan war gewesen, den Mann zu überwältigen, sobald er an mir vorbei war. Aber er …«
    Zollanger stockte. Seine Stimme war plötzlich belegt. Er räusperte sich und fuhr fort: »Als der erste Schuss fiel, bin ich aus der Nische herausgestürzt. Es war ja stockdunkel. Und dann ging alles so schnell. Beim nächsten Aufleuchten des Mündungsfeuers sah ich Georg mit ausgebreiteten Armen über Ihnen stehen. Ich spannte so schnell ich konnte die Schleuder, aber der Killer feuerte wie ein Verrückter auf Georg. Bei jedem Lichtblitz sah ich, wie die

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