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Tortenschlacht

Tortenschlacht

Titel: Tortenschlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G Wachlin
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tiefblauen Augen an. »Und was soll ich damit?«
    »Nichts«, lächelte Hünerbein nervös, »einfach irgendwo gut versteckt und trocken aufbewahren. Damit es nicht in falsche Hände kommt, gewissermaßen.«
    »Kollege Hünerbein«, fragte Friedrichs streng, »in was für eine verfluchte Sache verwickeln Sie mich auf meine alten Tage?«
    »Sie kennen den juristischen Grundsatz, dass man seine eigenen Angehörigen in einer Strafsache nicht belasten muss?«
    »Ja, das ist mir bekannt«, nickte Friedrichs, »man nennt das Zeugnisverweigerungsrecht.«
    »Richtig.« Hünerbein hob die Hände. »Mein Kollege ist in einem solchen Dilemma. Eine enge Angehörige war im Besitz des Rauschgiftes und hat sich somit straffällig gemacht. Wenn mein Kollege nun das Rauschgift ordnungsgemäß hätte sicherstellen lassen, hätte er seine Angehörige damit belastet.«
    »Und das wollte er nicht.«
    »Das wollte er selbstverständlich nicht«, bekräftigte Hünerbein, »es handelt sich bei der Angehörigen immerhin um seine eigene Tochter.«
    »Ah«, machte Friedrichs. »Darf ich raten?«
    »Lassen Sie’s«, winkte Hünerbein ab, »ich weiß, dass Sie längst drauf gekommen sind.«
    »Warum verbrennen Sie das Rauschgift nicht einfach irgendwo?«
    »Kollege Friedrichs!« Hünerbein sah ihn vorwurfsvoll an. »Das Zeug hat einen Schwarzmarktwert von mindestens dreihunderttausend Mark!«
    »Da haben Sie recht, das ist entschieden zu viel«, gab Friedrichs zu, »dreihunderttausend zu verbrennen, wäre ausgesprochen dekadent.«
    »Eben.« Hünerbein lächelte dankbar. »Und bei Ihnen ist es doch sicher.«
    »Niemand kann sein Unwesen damit treiben«, nickte Friedrichs.
    »Also? Bewahren Sie es auf?«
    »Ich werde es im Garten vergraben«, versprach Friedrichs.
    »Gott behüte«, mahnte Hünerbein, »trocken lagern, sagte ich.«
    »Dann kommt es auf den Dachboden«, schlug Friedrichs vor, »ist Ihnen das recht?«
    »Sehr.« Hünerbein war zufrieden und gab Friedrichs die Hand. »Auf Sie ist wirklich Verlass. Wir sollten Ihre Pension gebührend feiern.«
    »Das werden wir.« Friedrichs schlug ein. »Wiedersehen.«
    »Wiedersehen«, wiederholte Hünerbein und machte sich auf den Weg nach Hause.
    In Siggis Penthouse an der Nürnberger Straße wurde währenddessen gefeiert. Die Witwe von Lahn hatte die Verträge unterschrieben und ihre Restitutionsansprüche an sämtlichen Ostberliner Immobilien für eins Komma acht Millionen Mark auf die DOMIZIL Immobiliengesellschaft mbH übertragen.
    Monika hatte den Schmöckwitzer Umsiedler zum Kauf seines Wassergrundstückes bewegen können und sich per Zusatzvereinbarung die Übertragung der Immobilie auf die DOMIZIL sichern lassen. Im Gegenzug gab’s das Geld zum Kauf des Grundstücks und die Finanzierung des Umzugs nach Karlsruhe, und alle waren zufrieden.
    Zu guter Letzt hatte Bentzsch die Räumung der Häuser am Helmholtzplatz binnen vierundzwanzig Stunden per Eilantrag durchgefochten, was den Wert der Immobilie schlagartig in die Höhe trieb – kurz: Für Siggi lief alles wie geschmiert, da konnte man sich schon mal ein Gläschen Champagner gönnen. Er hob sein Glas und prostete Monika zu. »Auf dich, Schönste aller Weiber!«
    »Auf dich, mein Siggi im Glück«, lächelte Monika zurück, bevor die Gläser aneinanderklangen.
    42    FRÜHER WAR STRALAU, auf einer Halbinsel zwischen dem Rummelsburger See und der Spree gelegen, wie Berlin und Cölln ein slawisches Fischerdorf gewesen. Dann wurde es Rittergut, und mit Beginn der Industrialisierung siedelten sich immer mehr Manufakturen und Fabriken an, die die verkehrsgünstige Lage am Wasser nahe der Innenstadt schätzten.
    Nur an der Landspitze im Südosten der Insel hatte sich bis heute der alte dörfliche Charakter erhalten. Hier, unweit der alten Dorfkirche an der Tunnelstraße, befand sich der Taxibetrieb Heinrich Erwin Boelter mit einer großen, an den Coca-Cola-Schriftzug erinnernden Leuchtreklame über der Hofeinfahrt: »The Checker-Service«.
    Hünerbein stoppte seinen Mercedes, stieg aus und besah sich nachdenklich das Gehöft. Es schien niemand da zu sein. Sämtliche Rollläden waren heruntergelassen, die Einfahrt mit einem massiven Stahltor verschlossen, dessen Rost von einem fetten Graffito verdeckt wurde, das die mächtige Motorhaube eines New Yorker Taxis zeigte. Irgendwo krähte ein Hahn. Eine getigerte Katze strich schnurrend um Hünerbeins Hosenbeine.
    Kaum zu glauben, dass man hier noch mitten in Berlin ist, dachte Hünerbein,

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