Tortenschlacht
gearbeitet?«
»Ich habe mal Anzeigen betreut«, erklärte Monika, »bei einem Lokalblatt in Görlitz.«
»Mhm, mhm«, machte Quastenkötter, drückte seine Kippe in einem übervollen Ascher aus und steckte sich sofort eine neue an. »Und sonst?«
»Ich kann schreiben, wenn Sie das meinen«, sagte Monika, »es war schon immer mein Wunsch, bei einer tagesaktuellen Zeitung zu arbeiten.«
»Hektischer Job, sage ich Ihnen.« Eines der Telefone hatte erneut zu läuten begonnen. Quastenkötter nahm ab, »jetzt nicht!«, und legte wieder auf.
»Keinerlei Erfahrung?«, fragte er Monika.
»Ich werde mich schneller einarbeiten, als Ihnen lieb ist«, erwiderte Monika lächelnd, »und ich habe eine Story, die Sie interessieren dürfte.«
»Meinen Sie Ihre Biografie in der DDR ?« Quastenkötter nahm ein Blatt Papier zur Hand. »Spannend geschrieben, möchte ich aber nicht erleben, verstehnse, nicht wahr.«
»Ich bin froh, dass es vorbei ist«, pflichtete Monika bei, »obgleich es auch in Görlitz schöne Momente gab …« Sie stockte, da sich wieder ein Telefon meldete. Diesmal war es einer dieser sündhaft teuren mobilen C-Netz-Apparate.
Quastenkötter fummelte ihn aus seiner Aktentasche heraus, »verzeihen Sie, da muss ich rangehen«, und hielt ihn sich ans Ohr wie ein Brikett. »Ja, Quaste hier? – Nein, wir haben unsere Leute vorm Reichstag, wie alle anderen auch. – Wohin? – Gut, kann ich machen. Danke.« Er legte wieder auf, nahm einen anderen Hörer zur Hand, wählte eine interne Nummer. »Quaste hier! Könnt ihr einen aus eurer Abteilung heute Abend nach Kreuzberg schicken? – Mariannenplatz, da soll es eine Gegenkundgebung zur Einheit geben. Siebzehn Uhr soll’s losgehen. Und nehmt einen Fotografen mit. Danke.« Er legte auf und lächelte Monika entschuldigend an. »Wie gesagt, hektischer Job. Wo waren wir stehen geblieben?«
»Bei meiner Story.«
»Richtig«, nickte Quastenkotter, »tolle Bio, wie gesagt. Aber wir sind eine Tageszeitung. Lebensläufe drucken wir eher selten ab, verstehnse, nicht wahr.«
»Ich rede nicht von meiner Biografie«, entgegnete Monika, »sondern von einer Topstory für Ihr Blatt. Wie Sie aus meinem Anschreiben entnehmen können, arbeite ich derzeit für eine Immobilienfirma.«
»Ja, interessant, aber …«
»Vielleicht vergessen Sie Ihr Aber«, unterbrach Monika, »wenn ich Ihnen erzähle, wie das DDR -Vermögen vor dem Zugriff der Bundesregierung verschoben wird?«
»Moment mal!« Quastenkötter flackerte mit den Augen. »Was sagen Sie da?«
»Niemand bestreitet, dass die DDR pleite ist«, sagte Monika, »dennoch gibt es Vermögen. Die Parteien verfügen über Devisenreserven, bestimmte Ministerien über Etats, die nie im Staatshaushalt verbucht worden sind. Die Beträge gehen in die Milliarden.« Monika steckte sich eine Zigarette an. »Milliarden, die mit der Einheit eigentlich der Bundesrepublik zustehen.«
»Und die jetzt«, Quastenkötter war plötzlich hellwach, »noch schnell auf die eine oder andere Seite gebracht werden?«
Monika nickte. »Die Firma, in der ich arbeite, beschäftigt sich genau damit: mit dem Beiseiteschaffen von Stasimillionen. – Interessiert?«
»Wenn an der Geschichte wirklich etwas dran ist«, erwiderte Quastenkötter, »unbedingt!«
»Ich kann es beweisen«, bekräftigte Monika. »Ich sitze praktisch direkt an der Quelle.«
»Wo sind denn die Beweise?« Quastenkötter lief unruhig im Raum herum. »Ich meine, natürlich müssen wir Ihre Story auf Glaubhaftigkeit prüfen, gegenrecherchieren et cetera, wir sind ja schließlich kein Käseblatt, verstehnse, nich wahr.«
Monika öffnete ihre Handtasche und zog eine Computerdiskette heraus. »Ich nehme an, das wird für den Anfang reichen. Das ganze Dossier bekommen Sie, wenn Sie die Story drucken.«
»Wie gesagt, wenn etwas dran ist an der Geschichte, werden wir das …«
»Nicht die Geschichte«, unterbrach ihn Monika ein zweites Mal, »meine Geschichte!« Sie lehnte sich zurück. »Denn das ist die Bedingung. Wenn Sie die Story machen, werde ich sie schreiben. Einverstanden?«
»Das kann ich nicht allein entscheiden«, wiegelte Quastenkötter ab, »ich meine, wir beschäftigen an sich keine Laien, verstehnse, nich wahr. Bei uns sind Profis am Werk.«
»Lassen Sie mich einer werden«, erwiderte Monika und drückte ihm die Diskette in die Hand. »Sie werden es nicht bereuen.«
Sie erhob sich und wollte zur Tür, doch Quastenkötter hielt sie zurück. »Moment, Frau … äh,
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