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Tortenschlacht

Tortenschlacht

Titel: Tortenschlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G Wachlin
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sprang auf wie ein Dirigent – um allen Beteiligten mit Nachdruck die Bedeutung dieses Augenblicks klarzumachen. Denn das war er zweifellos: ein Wendepunkt! Von historischem Format! Hier wechselte nicht nur ein zehn Hektar großer Acker seinen Besitzer, nein, hier wurde Land verkauft, das vierzig Jahre lang von seinen Eigentümern unter Aufbietung aller zur Verfügung stehenden sowohl physischen als auch psychischen Kräfte vor dem kommunistischen Zugriff verteidigt worden war. Das, und nur das, machte die Sache besonders. Ein erhabener Moment!
    Arndt stutzte. Achthunderttausend? »Wieso nur achthunderttausend? Waren nicht …?«
    »Es ist wegen der Steuer«, beeilten sich die Italiener zu erklären, »Sie wollen doch etwas haben von Ihrem Geld, nicht wahr?« Giuseppe oder Francesco lächelte zuvorkommend. »Hätten wir die vereinbarte Kaufsumme aufgenommen in den Vertrag, würde das ostdeutsche Finanzamt davon fast fünfzig Prozent bekommen, und das …«
    Der Notar nickte beifällig. »… ist eindeutig zu viel für einen Staat, den es morgen nicht mehr gibt.« Er seufzte. »Ganz abgesehen davon und nur unter uns gesprochen: Auch wenn die Bundesrepublik schon die Hand aufhalten würde, wäre zu viel des Geldes sofort weg. Und weil die Finanzämter dieser Welt den Leuten das Geld aus der Tasche ziehen, wann immer sich Gelegenheit dazu bietet, ist es allgemein Usus, zwischen eingetragenem und tatsächlich verhandeltem Kaufpreis zu unterscheiden. Achthunderttausend ist die offizielle Summe. Sie entspricht in etwa dem Grundstückswert, damit der Herr Waigel nicht leer ausgeht. Der Rest bleibt Ihre Privatsache.«
    »Und«, Arndt sah zweifelnd in die Runde, »wo ist der Rest?«
    »Kein Rest«, lächelten die Italiener, »die Hauptsache.« Und holten einen handlichen schwarzen Hartschalenkoffer hervor, den sie geübt aufschnappen ließen. »Neun Millionen und zweihunderttausend Deutsche Mark.«
    »Was mich ankotzt«, ließ sich der Notar vernehmen, »ist, dass ich, genau wie unser Finanzminister mit den buschigen Augenbrauen, von der Kohle auch nichts habe.«
    Arndt starrte mit großen Augen auf das viele Geld. Fünfhunderterscheine, in Bündeln gepackt. Ein ganzer Koffer voll.
    »Alles echt«, setzte der Notar melancholisch hinzu, »ich kenne meine Stammkunden. Sie sollten es trotzdem nachzählen.«
    »Ich denke, das können wir uns sparen«, erwiderte Arndt und bemühte sich, wie Humphrey Bogarts abgeklärte Synchronstimme zu klingen. Er nahm ein Geldbündel aus dem Koffer, wahrscheinlich fünfzigtausend Mark, und warf es lässig dem Notar hin. »Für Sie!« Dann griff er nach einem Kugelschreiber und sah fragend auf. »Wo muss ich unterschreiben?«
    »Hier!« Der Notar zeigte es ihm. »Und einmal hier und hier!«
    Fünfundsechzig Jahre, dachte Arndt, und ich fühle mich wie fünfundzwanzig. Geld macht glücklich? – Nein. Aber jung und zufrieden. Sogar die Krawatte fühlte sich plötzlich tragbar an. Er unterschrieb, nahm den Koffer an sich und lächelte:
    »Meine Herren: Jetzt können wir essen!«
    5    KRIMINALRAT BYLICH hat ein grünes Mannschaftszelt der Volkspolizei auf dem Helmholtzplatz aufbauen lassen, damit der Rapport im Trockenen stattfinden kann. Draußen brummelt ein Stromgenerator. Im Zelt ist es stickig, auf die Planen pladdert der Regen. In feuchten Jacken und Mänteln haben sich Ermittler, Spurensicherer und Feuerwehrleute um einen langen, schmalen Klapptisch versammelt.
    »Ausgebrochen ist das Feuer in einer Wohnung im ersten Stock.« An einer aufklappbaren Tafel vor der Stirnseite des Zeltes pappt ein Papier. Es zeigt die in groben Strichen aufgezeichnete Vorderseite des abgebrannten Hauses. »Ungefähr hier«, erklärt ein Brandermittler der Feuerwehr, »direkt über der im Souterrain gelegenen Gewerbefläche.«
    »Das Massengrab«, präzisiere ich.
    Der Feuerwehrmann nickt. »Das Feuer hat sich dann durch die Zimmerdecke in den zweiten Stock durchgefressen und von da aus explosionsartig ausgebreitet. Wer sich zu dem Zeitpunkt in den oberen Etagen des Hauses aufhielt, hatte keine Chance.«
    Mir gefriert das Herz. Ich sehe Melanie durch die Flammen irren, schreiend, mit brennendem Haar. Mir ist schlecht, ich würde mich gern setzen, aber es gibt keine Stühle. Mit verkrampften Händen halte ich mich an der Tischkante fest.
    »Sind irgendwelche Brandbeschleuniger gefunden worden?«, erkundigt sich Beylich.
    »Ja«, bestätigt Matuschka und stellt eine verrußte, aber unbeschädigte Flasche auf

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