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Tortenschlacht

Tortenschlacht

Titel: Tortenschlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G Wachlin
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den Tisch, »sogenannte Molotowcocktails.«
    Hünerbein schmatzt. Er hat seine Brotdose ausgepackt und schiebt sich eine fette Wurststulle nach der anderen in den Mund.
    »Molotowcocktails, soso.« Beylich läuft federnd auf und ab. »Wie viele?«
    »Mehrere Bierkästen voll«, antwortet einer der Spurensicherer, »wir fanden sie in verschiedenen Wohnungen. Durch die sich ausbreitende Hitze sind viele der Flaschen geplatzt, und das auslaufende Benzin hatte in jedem Fall verheerende Auswirkungen auf den Verlauf des Brandes.«
    »Aber«, Beylich bleibt dicht vor dem Spurensicherer stehen, »ob diese von Ihnen als Molotowcocktails bezeichneten Brandbeschleuniger auch ursächlich für das Feuer sind, können Sie nicht bestätigen?«
    »Nicht mit Sicherheit.« Statt des Spurensicherers antwortet der Brandermittler: »Das Haus ist alt. Genauso gut könnte sowohl ein Kurzschluss als auch die Unachtsamkeit eines Bewohners …«
    »Können Sie Brandstiftung ausschließen?«, unterbricht ihn Beylich und nimmt seine Wanderung durch das Zelt wieder auf.
    »Nein«, erwidert der Brandermittler. »Alles ist möglich. Wir werden das weiter untersuchen.«
    »Gut«, nickt Beylich und sieht zu uns herüber. »Haben unsere Westberliner Kollegen Fragen hierzu?«
    Da ich kein Wort hervorbringen kann, spricht Hünerbein mit vollem Mund: »Besteht die Möglichkeit weiterer Leichenfunde?«
    »Nein.« Der Brandermittler schüttelt den Kopf.
    »Von der Vermisstenliste konnten sechs weitere Personen gestrichen werden«, erklärt Matuschka mit erleichtertem Blick. »Die sind wieder aufgetaucht.«
    Also fehlen noch drei, konstatiere ich für mich. Und eine davon ist meine Tochter. Melanie. Sie schreit, sucht verzweifelt einen Ausweg aus der Flammenhölle. Und ich kann sie nicht retten! ICH KANN SIE NICHT RETTEN!!!
    Mir wird schwindlig. Eine Entschuldigung murmelnd, stolpere ich hinaus. Ich drehe gleich durch, möchte nur noch schreien, sterben …
    »Sei nicht hysterisch, Sardsch!« Hünerbein ist mir vors Zelt gefolgt und reicht mir eine Zigarette. »Melanie taucht schon wieder auf.«
    Wir rauchen schweigend, meine Hände zittern. Hünerbein spannt seinen Schirm auf und zieht mich darunter.
    »Alles wird gut«, sagt er zuversichtlich. »Wirst sehen.«
    Ich nicke stumm und spüre so etwas wie Dankbarkeit. Mein lieber, großartiger Hünerbein: Wie oft hast du mich die letzten Nerven gekostet. Und doch gehörst du zu den Guten. Nicht nur als Polizist. Im Inventar meines Lebens hast du einen festen Platz, und am liebsten würde ich mich dir in dieser Stunde der Seelennot heulend in die Arme werfen und trösten lassen. Aber ich wage es nicht. Das wäre ein Eingeständnis von Schwäche, die du für den Rest unserer gemeinsamen Zeit gnadenlos ausnutzen würdest.
    Im Zelt geht die Besprechung weiter, der Generator dieselt vor sich hin, und über den Helmholtzplatz rollt langsam ein uns wohlbekannter schwarzer Saab 900 mit Westberliner Kennzeichen.
    »Der Totengräber«, stellt Hünerbein fest. So wird im Polizeijargon Professor Dr. Hubertus Graber genannt, Leiter der Rechtsmedizin im Leichenschauhaus in der Invalidenstraße. »Was macht der denn hier?«
    Eilfertig hilft Graber einem kleinen Dicken aus dem Wagen, bevor er sich einen englischen Wachsmantel überzieht und einen breitkrempigen Fischerhut aufs graumelierte Haupthaar drückt.
    »Nach uns die Sintflut, mein lieber Herr Doktor«, ruft er aufgeräumt und spannt dem Dicken einen Knirps auf. »Bei dem Wetter brauchen wir ein Kapitänspatent, wenn wir Noahs Arche noch erreichen wollen.«
    »Glauben Sie, der nimmt uns mit?« Der kleine Dicke schnappt sich ein altertümliches Arztköfferchen aus dem Wagen. »Ich denke nicht, dass die Menschheit zur schützenswerten Schöpfung zählt.«
    »Sie sind halt ein unverbesserlicher Pessimist, mein lieber Doktor – aber sehen Sie nur!« Graber hat uns erblickt und lüftet erstaunt den Fischerhut. »Sind das nicht die Kollegen aus der Keithstraße? Was treibt Sie denn in den feuchten Osten?«
    »Die Tatsache, dass es im Westen nicht trockener ist«, erwidert Hünerbein und schüttelt Hände.
    »Darf ich vorstellen?« Graber deutet auf den kleinen Dicken neben ihm, »mein Kollege Doktor Armin Kurzweil vom Institut für Rechtsmedizin an der Charité – Herr Doktor: die Herren Hauptkommissare Hünerbein und Knoop.«
    »Sehr erfreut«, näselt Kurzweil in weichem Dresdner Sächsisch, »außerordentlich angenehm.« Er sieht sich unruhig um. »Wo ist denn unser

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