Tortenschlacht
Auf der Landstraße hat ein blaulichternder Lada der Volkspolizei gestoppt. Zwei Vopos in grünen Regenmänteln gehen prüfend um meinen, noch immer mit laufendem Motor und eingeschalteten Scheinwerfern mitten auf der Straße stehenden VW Passat herum.
»Entschuldigen Sie«, rufe ich und laufe auf die Polizisten zu, »ich fahre gleich zur Seite!«
»Vati!« Melanie rennt mir nach. »Nicht!«
»Gehört Ihnen der Wagen?« Einer der Vopos leuchtet mir mit einer Taschenlampe misstrauisch ins Gesicht.
»Ja.« Ich hebe die Hand vor die Augen: »Und wenn Sie aufhören, mich zu blenden, zeige ich Ihnen auch die Zulassung.«
»Zunächst zeigen Sie uns mal Ihre Personaldokumente.« Der Volkspolizist lässt die Lampe sinken und starrt mich skeptisch an. Ich muss schrecklich aussehen, vollkommen durchnässt, und Melanie macht einen noch schlimmeren Eindruck.
»Tut mir leid«, entschuldige ich mich und reiche ihm den Ausweis, »aber meine Tochter hatte einen …«
»Nicht«, zischt Melanie eindringlich und zieht mich hektisch von den Polizisten weg.
»Was ist denn?«
»Erzähl denen bloß nichts von unserem Unfall«, flüstert sie angespannt, »die dürfen das Auto nicht finden.«
»Wieso?«, flüstere ich zurück und beobachte die Polizisten, die sich eingehend mit meinem Ausweis beschäftigen, »was ist damit?«
Melanie atmet tief durch. »Die Karre ist voller Dope«, gesteht sie schließlich leise.
»Was?« Ich glaube, ich höre nicht recht. »Dope?«
»Shit, Haschisch, Marihuana, ganz wie du willst.« Melanie hebt unschuldig die Schultern und sieht mich flehend an. »Drogen halt! Das ganze Auto voll.«
Das darf nicht wahr sein, denke ich und lächle die Polizisten freundlich an.
»Herr Knoop, Hans Dieter«, der Polizist liest laut aus meinem Ausweis vor und spricht es so gleichzeitig in sein seitlich über der Schulter baumelndes Funkgerät, »tausend Berlin dreißig, Belziger Straße fünfundsiebzig.« Er sieht mich an. »Was tun Sie hier, Herr Knoop?«
»In der Scheune dahinten ist eine Leiche«, erkläre ich, um die Polizisten von der Straße wegzubekommen. »Meine Tochter hat sie gefunden. Offenbar Selbstmord.«
»Wir wissen nur von einem Feuer.« Der Polizist guckt mich groß an. »Ein Toter, sagen Sie?«
»Knoop, Westberlin, Belziger sieben fünf«, knarzt es aus seinem Funkgerät, »bei uns liegt nüscht vor gegen den.«
»Selbstmord«, wiederhole ich und deute hinter mich. »Der hat sein Haus angesteckt und sich dann erhängt. Vielleicht schauen Sie sich das mal an.«
Die Polizisten wechseln verblüffte Blicke.
»Sie warten hier«, entscheiden sie schließlich und machen sich auf den Weg zum Gehöft. »Und fahren Sie Ihren Wagen an den Straßenrand, da kommt sonst keiner durch.«
»Aber sicher.« Ich sehe Melanie an. »Das ist die Gelegenheit«, flüstere ich, »komm, schnell!«
Wir rennen zu meinem Auto und manövrieren es so an den Straßenrand, dass der Weg zum verunglückten Ford Transit über das Feld am kürzesten ist.
»Was hast du vor?« Melanie sieht mich fragend an.
»Wir räumen auf«, erkläre ich knapp, »los, los, wir haben wenig Zeit!«
Wir rennen zum Graben zurück, ich steige die Böschung hinunter und öffne die Heckklappe des Transit. Dann ziehe ich mein Feuerzeug hervor und leuchte vorsichtig in den Innenraum. Er steht bis zur Hälfte im Wasser. Trommeln liegen herum, die verbeulten Reste eines Schlagzeugs, Verstärkerboxen, Kabel, Gitarrenkoffer. Tell me why-hy-hy-hy … Das durcheinandergewirbelte Equipment der ANORAK ZONE IST KAUM MEHR ZU GEBRAUCHEN.
»Shit«, murmelt Melanie.
Ich bücke mich, fische ein kleines eingeschweißtes Päckchen aus dem Wasser. Es gibt noch mehr davon. Überall liegen sie herum, Dutzende Pieces zu einhundert Gramm – ich fasse es nicht!
»Woher, um Himmels willen, habt ihr das Zeug?«
»Vati«, Melanie schüttelt den Kopf, »ich glaube nicht, dass du das wissen musst.«
»Und ob ich das wissen muss, Melanie«, rege ich mich auf, »bist du denn vollkommen übergeschnappt? Das ist Rauschgift! Dafür wandert man locker ins Gefängnis!« Ich bin außer mir. »Mit dem Zeug kann man ein ganzes Stadtviertel versorgen, Herrgott, das ist kein kleines Vergehen mehr! Mit so ‘ner Nummer versaust du dir deine Zukunft!«
»Mann, ich wusste doch nicht, dass das so viel ist«, flüstert Melanie. »Dark hat gesagt, wir besorgen was zu rauchen, mehr nicht. Und dann packt er den ganzen Wagen voll.«
Na, wenn ich den in die Finger kriege, kann er sich
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