Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt
sich ein kindliches Lächeln.
Chianti und »Chianti«
Zieht man zwei Diagonalen durch die italienische Halbinsel – eine von Sizilien nach Österreich und die andere von Brindisi bis Aosta – findet man die Toskana im Schnittpunkt dieses riesigen X, genauer noch, dort liegt das Chianti-Gebiet. So wie man die Toskana den Garten Europas nennt, spricht man vom Chianti-Gebiet als vom Garten der Toskana.
Für die meisten Menschen ist Chianti nur der Name eines populären Weins. Kenner hingegen wissen, dass dieses köstliche Getränk, dieser dionysische Nektar, nach seiner Herkunftsgegend benannt wird und nicht umgekehrt.
Die Sache mit den beiden Chianti ist allerdings etwas komplizierter. Nur die in einem bestimmten, genau begrenzten Gebiet gereiften Trauben dürfen zur Herstellung von Chianti-Classico-Wein verwendet werden. Chianti-Weine aus der Nachbarschaft werden oft zu Unrecht – oder ganz einfach, weil es sich lohnt – mit der Chianti-Gegend in Verbindung gebracht.
Geografisch betrachtet ist der Chianti ein kleines Gebiet – knapp achtzigtausend Hektar groß, im Osten und Westen durch Flüsse begrenzt und im Norden und Süden durch die Städte Florenz und Siena. Die Gegend ist allgemein für ihre Hügel bekannt. In den höheren Lagen, bis zu siebenhundert Meter ü. M., ist der Boden vulkanischen Ursprungs. In den tiefen Tälern, wo einst das tyrrhenische Meer wogte, ist der Boden sandig und reich an Meeresfossilien. Der uneinheitliche geologische Aufbau des Chianti-Gebietes macht eine großflächige landwirtschaftliche Nutzung praktisch unmöglich. Deshalb sind noch heute etwa achtzig Prozente der Fläche von Kastanien- und Eichenwäldern, seltener von Zypressenhainen bedeckt.
Einzig die Weinrebe gedeiht gut auf diesem kargen Steinboden. Funde versteinerter Überreste von Vitis vinifera – der Vorläuferin der modernen Weinrebe – beweisen, dass diese Pflanze schon lange vor den ersten Menschen hier existierte. Dem Menschen jedoch hat die Rebe ihre Verwandlung in den göttlichen Trank zu verdanken!
Schon zur Zeit der Etrusker spielte der Wein hier eine wirtschaftlich bedeutende Rolle. In jüngerer Zeit führten der Olivenanbau und im südlichen Chianti in beschränktem Maß der Ackerbau zu einer gewissen landwirtschaftlichen Vielfalt. Der Weinbau ist und bleibt aber der unbestrittene König.
Jahrhundertelang bestimmte der karge Boden das Leben im Chianti-Gebiet. Oliven und Wein reichten nicht aus zum Überleben. Der Anbau weiterer lebensnotwendiger Produkte war auf dem unfruchtbaren Boden sehr mühsam. Deshalb war das Chianti-Gebiet immer nur dünn besiedelt, und die Bevölkerung blieb arm. Das Leben der Halbpächter im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert war vermutlich nicht sehr viel anders als das ihrer Vorfahren im Mittelalter. Ich kann mir gut vorstellen, wie hier ansässige Familien sich in ihren kalten, feuchten Steinhäusern um die Feuerstelle scharten und die bescheidene, dem Land abgerungene Ernte unter sich verteilten, nachdem eine volle Ertragshälfte für den anspruchsvollen Eigentümer des Pachtlandes auf die Seite gelegt worden war.
Später, im 20. Jahrhundert, als Italien in den Nachkriegsjahren industrialisiert wurde, entvölkerte sich die Gegend fast ganz. Positiv an dieser Landflucht ist bis heute, dass deshalb das Chianti-Gebiet weitgehend verschont geblieben ist von architektonischen Scheußlichkeiten, wie sie damals überall auf der Welt aus dem Boden schossen.
Heute hat die Industrialisierung in Italien ihre vorübergehende Vormachtstellung an den Tourismus zurückgegeben. Dank strenger Vorschriften, welche die Urtümlichkeit der Gegend schützen, erlebt die Chianti-Region eine Art Wiedergeburt, zu einer Zeit, in der schöne Landschaften, intakte Ressourcen und architektonische Reinheit in der hoch entwickelten westlichen Welt immer seltener werden.
Das Chianti-Gebiet ist also tatsächlich ein Landstrich, auf den man gern das Glas erhebt!
Februar und die Hochzeitsreisenden
Zugegeben, das Wetter kann miserabel sein. Aber es gibt auch klare Tage, an denen man lange Ausflüge in die Hügel unternehmen und den Blick auf ferne, normalerweise nicht sichtbare Schneeberge genießen kann. Vielleicht ist der Gesang einer Lerche zu hören, aber einem Menschen zu begegnen ist unwahrscheinlich. Dafür kann man auf ein Wildschwein stoßen, das ganz plötzlich aus einem Gebüsch hervorschießt. Auch bräunliche Hasen kann man sehen und bunte Fasane, so dick und träge, dass man
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