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Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt

Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt

Titel: Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dario Castagno
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ein neues Leben für mich begann. Jetzt, nach fünfundzwanzig Jahren in dieser schönen Gegend, glaube ich behaupten zu dürfen, ein chiantigiano zu sein, ohne Widerspruch fürchten zu müssen. Die zwiespältigen Gefühle der Auswanderer sind mir unbekannt. London, woran ich mich gerne erinnere, rückt immer mehr in die Ferne. Was in meinem Herzen als Heimat gilt, ist das Chianti-Gebiet.
    Als ich ein kleiner Knirps war, sagten meine italienischen Verwandten, ich gleiche Winston Churchill; die englischen Nachbarn tippten auf Benito Mussolini. Als Kind besuchte ich in London eine echte englische Privatschule, wo man auf strikten Drill und Disziplin Wert legte und einen kleinen Snob aus mir machte – perfekt integriert in die verknöcherte englische Gesellschaftsordnung. Als meine Eltern mir eröffneten, wir würden England verlassen und nach Italien zurückkehren, reagierte ich verstört und unternahm unzählige Versuche, sie von ihrem Plan abzubringen. Wie die meisten Briten dachte ich, dass alles fern der geliebten Insel primitiv und unterentwickelt sei und dass ich in Italien all den zurückgelassenen Herrlichkeiten nachweinen würde: den in den Tee gestippten Ingwerkeksen, dem stundenlangen Warten auf den Ball auf dem Kricketfeld, dem verbrannten Geschmack der in der Küche gerösteten Marshmallows. Sogar meine schlecht sitzende und kratzende Schuluniform wurde zu einem absolut unverzichtbaren Bestandteil meiner Identität.
    Aber ich war jung, und die neue Welt, die man mir zu entdecken gab, faszinierte mich derart, dass ich meine London-Allüren rasch vergaß. Der größte Kulturschock war übrigens nicht der Wechsel von einem Land in ein anderes, sondern das Übersiedeln von einer Zwölf-Millionen-Stadt in ein Zweitausend-Seelen-Dorf. Ich hatte nie zuvor auf dem Land gelebt, und obwohl ich mit meinen zehn Jahren natürlich noch nicht in der Lage war, die Schönheiten der Landschaft zu würdigen, die mich umgab, genoss ich es, täglich stundenlang unter dem weiten Himmel völlig frei zu sein.
    Die toskanische Landschaft der Siebzigerjahre war der perfekte Kinderspielplatz: riesige Gebiete zum Auskundschaften und praktisch keine Gefahren. Auf den Straßen herrschte fast kein Verkehr. Die Nachmittage nach der Schule waren frei. Was für ein riesiger Unterschied zu meinen streng geregelten Schultagen in England! Meine Klassenkameraden nahmen mich bereitwillig in ihren Kreis auf, und ich wurde rasch ein echter toscano.
    Ja, ich kostete diese Freiheit vielleicht zu intensiv aus, denn mit fünfzehn wurde ich wegen meiner schlechten Noten und meines undisziplinierten Benehmens von der Schule verwiesen. Es dauerte nicht lange, bis ich in einem großen Weingut in der Gegend Arbeit fand. Öffentliche Verkehrsmittel, die mich zu meinem Arbeitsplatz gebracht hätten, gab es keine, und so kauften meine Eltern mir eine kleine, hellblaue Vespa. Mit diesem Vehikel begann ich die Gegend zu erkunden. Von den begrenzten Möglichkeiten meines klapprigen alten Fahrrades erlöst, konnte ich jetzt die Hauptstraßen hinter mir lassen und meine gesamte Freizeit entlang den nicht asphaltierten, gewundenen Naturstraßen verbringen, die kreuz und quer durch das Chianti-Gebiet führen. Dabei staunte ich immer wieder, wie viele verlassene Bauernhäuser ich auf meinen Streifzügen entdeckte. Einige waren leicht erreichbar und in recht gutem Zustand, andere dem Zerfall nah und wieder andere fast unzugänglich und von Pflanzen überwuchert. Ohne auf die »Zutritt verboten«-Schilder zu achten, begann ich diese alten Häuser auszukundschaften. Ich entdeckte ihre Schönheit. Mein Zeitvertreib wurde rasch zu einer Passion und ist es bis heute geblieben. Damals galten diese alten Häuser als wertlos. Meine Freunde spotteten oft über meine Angewohnheit, ganze Wochenenden allein auf Fahrten von einer Ruine zur anderen zu verbringen. »Wozu Zeit zum Erkunden dieser alten Schutthaufen verschwenden?«, fragten sie mich. »Hast du noch nicht gemerkt, dass sie alle gleich sind?« Im Grunde mochten sie Recht haben. Zumindest auf den ersten Blick waren sich die Häuser in der Tat verblüffend ähnlich. Alle waren aus Stein, mit Dächern aus gebrannten Tonziegeln und auf Kastanienbalken ruhenden Zimmerdecken. Alle hatten außen einen Hühnerstall, im Erdgeschoss waren die Viehställe, im zweiten Stockwerk die Schlafzimmer, im Hof ein Ziehbrunnen und auf der gegenüberliegenden Seite eine Scheune. Aber für das geübte Auge waren sie alle irgendwie

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