Total verhext
daß sie ihr Wort hält?« fragte Magrat.
»Ja«, antwortete Oma Wetterwachs.
»Sie ist sehr ehrenhaft, auf ihre eigene Art und Weise«, kommentierte Nanny Ogg.
»Das stimmt«, räumte Oma ein. »Darüber hinaus habe ich durchblikken lassen, irgendwann einmal zurückzukehren.«
Magrat sah zu Omas Besen. Ein großer Behälter war neben der Tasche an den Borsten festgebunden.
»Du hast den Hut, den dir Frau Gogol geschenkt hat, nie aufgesetzt«, sagte sie.
»Ich habe ihn mir angesehen«, entgegnete Oma. »Er paßt nicht.«
Nanny wirkte skeptisch. »Frau Gogol hat dir bestimmt keinen Hut überlassen, der überhaupt nicht paßt. Zeig ihn uns.«
Oma schniefte und hob den Deckel des Behälters. Kleine Fransen aus Seidenpapier rieselten wie exotischer Schnee den Nebelschwaden entgegen, als sie den Hut aus der großen Schachtel nahm.
Magrat und Nanny Ogg staunten sprachlos.
Natürlich kannten sie mit Früchten geschmückte Hüte. Nanny besaß einen schwarzen Strohhut mit Wachskirschen drauf, und sie trug ihn bei besonderen Anlässen, zum Beispiel bei offiziellen Friedensverhandlungen nach langen Familienfehden. Doch bei diesem Exemplar beschränkte sich die Zierde nicht nur auf Kirschen. Bis auf Melonen waren praktisch alle Obstarten präsent.
»Eindeutig sehr … ausländisch«, fand Magrat.
»Na los, setz ihn auf, Esme«, sagte Nanny.
Oma kam der Aufforderung ein wenig verlegen nach und erhöhte ihre Größe dadurch um mindestens sechzig Zentimeter – eine Ananas leistete den wichtigsten Beitrag dazu.
»Sehr bunt und … elegant«, meinte Nanny. »Einen solchen Hut könnte nicht jeder tragen.«
»Die Granatäpfel stehen dir gut«, behauptete Magrat.
»Ebenso die Zitronen«, fügte Nanny Ogg hinzu.
»Ach, tatsächlich?« fragte Oma Wetterwachs mißtrauisch. »Ihr macht euch doch nicht über mich lustig, oder?«
»Wenn du selbst einen Eindruck von deinem Erscheinungsbild bekommen möchtest …«, begann Magrat. »Ich glaube, ich habe irgendwo einen Spiegel.«
Die Stille fiel wie eine Axt herab. Magrat lief rot an, und Nanny Ogg warf ihr einen finsteren Blick zu.
Sie beobachteten Oma aufmerksam.
»J-ja«, sagte sie schließlich. »Vielleicht sollte ich tatsächlich in einen Spiegel sehen.«
Magrat bewegte sich wieder, suchte in ihren Taschen und holte schließlich einen kleinen Spiegel hervor, der in einem hölzernen Rahmen steckte. Sie reichte ihn Oma.
Esme Wetterwachs betrachtete ihr Spiegelbild. Nanny Ogg steuerte ihren Besen heimlich näher.
»Hm«, sagte Oma nach einer Weile.
»Die Weintrauben an den Ohren geben dir das gewisse Etwas.« Nanny sprach in aufmunterndem und ermutigendem Tonfall. »Fest steht, daß ein solcher Hut dem Träger jede Menge Autorität verleiht.«
»Hmm.«
»Nanny hat recht«, bestätigte Magrat.
»Nuuun …« Oma holte tief Luft. »Im Ausland mag so ein Hut durchaus in Ordnung sein. Damit meine ich Regionen, wo mich niemand sieht, der mich kennt. Zumindest keine wichtigen Leute.«
»Und zu Hause kannst du ihn jederzeit essen, wenn er dir nicht mehr gefällt«, sagte Nanny Ogg.
Die Hexen entspannten sich. Sie hatten das Gefühl, einen steilen Berg erklommen und ein gefährliches Tal durchquert zu haben.
Magrat blickte in die Tiefe, zum braunen Fluß und den verdächtig wirkenden Baumstämmen, die am Ufer lagen.
»Eins würde ich gern wissen«, ließ sie sich vernehmen. »Ist Frau Gogol gut oder böse? Ich meine, Untote und Alligatoren und so …«
Omas Blick glitt zur aufgehenden Sonne.
»Manchmal ist es sehr schwer, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden«, erwiderte sie. »Ich weiß häufig nicht, welcher Kategorie ich die Leute zuordnen soll. Vielleicht kommt es in erster Linie darauf an, in welche Richtung man sieht.
Oh … Ich glaube, ich kann von hier aus den Rand erkennen.«
»Komisch«, murmelte Nanny. »Es heißt, daß es in einigen Teilen des Auslands Elefanten gibt. Wißt ihr, ich habe mir immer gewünscht, mal einen Elefanten zu sehen. Da fällt mir ein, irgendwo in Klatsch oder so klettern die Leute an Seilen hoch und verschwinden.«
»Warum?« fragte Magrat.
»Keine Ahnung. Wahrscheinlich gibt es irgendeinen geheimnisvollen ausländischen Grund dafür.«
»Desiderata erwähnt auch Elefanten in ihren Büchern«, sagte Magrat. »An einer Stelle ist von der Sto-Ebene die Rede. Wenn die Leute dort davon sprechen, daß sie einen Elefanten sehen, so meinen sie, daß sie auf Reisen gehen wollen, weil sie es satt haben, sich dauernd am gleichen Ort
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